Die Sonderausgabe zum Projekt „Stuttgart liest ein Buch“
Sonderausgabe für ›Stuttgart liest ein Buch‹
Veit Kolbe, Soldat auf Heimaturlaub, verbringt ein paar Monate am Mondsee, in der Nähe von Salzburg, und trifft hier zwei junge Frauen. Was Margot und Margarete mit ihm teilen, ist seine Hoffnung, dass irgendwann wieder das Leben beginnt. Es ist 1944, der Weltkrieg fast sicher verloren, doch wie lang dauert er noch? Arno Geiger erzählt von Veits Albträumen, vom »Brasilianer«, der so gerne nach Rio de Janeiro zurückkehren würde, von der seltsamen Normalität in diesem Dorf in Österreich – und von der Liebe. Ein herausragender Roman über den Einzelnen und die Macht der Geschichte, über die Toten und die Überlebenden, über das, was den Menschen und den Krieg ausmacht.
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Schon auf den ersten Seiten des Buches hat mich der Erzählstil von Arno Geiger fasziniert. Er bringt einem die Geschehnisse der damaligen Zeit und die Kriegswirren und Kriegsgräuel nahe, ohne dabei sensationshungrig ...
Schon auf den ersten Seiten des Buches hat mich der Erzählstil von Arno Geiger fasziniert. Er bringt einem die Geschehnisse der damaligen Zeit und die Kriegswirren und Kriegsgräuel nahe, ohne dabei sensationshungrig oder übertrieben zu wirken. Die Geschichte des Kriegsversehrten Soldaten, der wie durch ein Wunder der Kriegsmaschinerie entfliehen konnte, und seiner Erfahrungen in dem kleinen Dorf am See wirkt stets glaubwürdig. Der anhaltende Krieg ist dennoch unterschwellig immer zu spüren, auch ohne die ständigen Überflüge der Bombergeschwader. Ein absolut empfehlenswertes Buch.
Der Roman ist extrem vielschichtig und unglaublich viele Blickwinkel auf den Krieg werden vorgestellt: Man erfährt von dem Gefühlschaos des Krieges, den Traumata der Soldaten, den Ängsten der Bevölkerung, ...
Der Roman ist extrem vielschichtig und unglaublich viele Blickwinkel auf den Krieg werden vorgestellt: Man erfährt von dem Gefühlschaos des Krieges, den Traumata der Soldaten, den Ängsten der Bevölkerung, den Gewalttaten der Deutschen gegenüber Juden und dem auseinander gehen von familiären Beziehungen auf Grund von unterschiedlichen Ideologien. Diese Perspektiven sind allesamt eindrücklich dargestellt und auch sehr bewegend. Zudem ist es unglaublich authentisch, dass Geiger nicht die Kriegszeit romantisiert oder vereinfacht, wie es in einigen historischen Romanen der Fall ist. Er zeigt alle Ecken und Kanten der Kriegszeit, und ist schonungslos offen in seiner Darstellung des damaligen Zeitgeistes. Besonders gefiel mir dabei auch, wie genial der Autor historische Fakten in das Werk eingebaut hat, diese waren nämlich gut in den Text eingegliedert, waren immer lehrreich, und halfen der zeitlichen Orientierung.
Was hier eine besondere Anmerkung verdient ist, wie Arno Geiger in seinem Werk das Leid der Juden darstellt. Dies tut er indem er von dem Juden Oskar geschriebene Briefe einblendet, welche allesamt bewegend sind und die deutschen Schandtaten der damaligen Zeit eindrücklich aufzeigen.
Auch ein interessanter Aspekt ist, dass der Protagonist, Veit, kein klassischer Held ist. Vielmehr sogar ist er ein Täter: Er hat im Krieg Menschen getötet. Parallel ist er aber auch ein Opfer, seine Jugend und ein Großteil seiner 20er Jahre wurde ihm genommen, und er ist vom Erlebten schwer traumatisiert. Damit zeigt der AUtor gelungen auf, dass die Linie zwischen Gut und Böse nicht so leicht ist, und hebt hervor, dass nicht alle am Krieg aktiv teilnehmenden Menschen schlimm waren. Dies ist besonders im Bezug auf die deutsche Erinnerungskultur wichtig. Denn man wird durch das Buch dazu angeregt sich ein wenig mehr mit der eigenen Familienhistorie zu beschäftigen und dabei auch die Schattenseiten dieser „anzuerkennen“.
Die zuvor erwähnten Briefe Oskars sind nicht die Einzigen, welche im Roman vorkommen. Insgesamt gibt es vier Briefschreibende Personen. Diese Art der Darstellung finde ich an sich sehr kreativ und auch geschickt gelöst, da man dadurch keine zu abrupten Wechsel in der Erzählweise hat. Was ich allerdings kritisieren muss ist, dass nie vorher ankündigt (oder irgendwie illustratorisch) aufgezeigt wird, wenn einer der Briefe vorkommt, und von wem dieser geschrieben ist. Man muss dies als Leser:in immer selbst bemerken, was umständlich ist und zudem dazu führt, dass man die ersten zwei Seiten des Briefes eher darauf fokussiert ist herauszufinden, wer diesen geschrieben hat, als auf den wirklichen Inhalt dieser. Dies ist insgesamt mein Einziger Kritikpunkt, für den ich insgesamt 0.5 Sterne in der Wertung abgezogen habe.
Alles in Einem ist das Buch mehrdimensional, bewegend, bereichernd und ein wichtiges Werk für uns Deutsche, um sich literarisch mit der damaligen Zeit auseinander zusetzen. Mir ist bewusst, das einige schlechte Bewertungen zu dem Buch vorhanden sind und diese meist daher rühren, dass der Roman eine schulische Pflichtlektüre in einigen Bundesländern ist, und daher aus Prinzip schlecht bewertet wird. Den Leuten kann ich nur ans Herz legen sich wirklich nochmal aktiv - ohne Vorurteile - mit dem Werk und den Botschaften darin zu beschäftigen, denn danach gehend ist es unglaublich gut.
Ich habe das Buch gerade für den Deutsch LK gelesen und ich muss sagen: das Leseerlebnis war definitiv durchwachsen. Mich durchzuringen, anzufangen es zu lesen hat echt lang gedauert und durch die unfassbar ...
Ich habe das Buch gerade für den Deutsch LK gelesen und ich muss sagen: das Leseerlebnis war definitiv durchwachsen. Mich durchzuringen, anzufangen es zu lesen hat echt lang gedauert und durch die unfassbar vielen Details während der Erzählung hat sich dir Handlung einfach nur gezogen. Man hat das Gefühl, die Handlung dreht sich einfach nur im Kreis. Ich kann jegliche Kritik verstehen, aber dabei ist es einfach mal wichtig hinter die Kulissen zu schauen. Dafür muss man sich gerade hier aber für den zweiten Weltkrieg interessieren, um das Buch gut zu finden. Da ich das tue, einfach weil ich es absurd finde, dass soetwas passieren konnte, möchte ich möglichst viele Eindrücke von verschiedenen Perspektiven einfangen und mir ein eigenes Bild machen.
Und im Endeffekt ist dieses Buch genau das: das Einfangen von verschiedenen Perspektiven während des zweiten Weltkrieges. Verschiedene Leute, in verschiedenem Alter und von verschiedenem Geschlecht mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Stellungen, gefolgt von den verschiedensten Emotionen und Gedankengängen. Hoffnungslosigkeit, Zuversicht, Glück, Panikattacken und Angstzustände, positive Zukunftsplanung im Hinblick auf das Ende des Kriegs.
Dadurch, dass verschiedene Personen (bspw. Veit als Soldat, der dem Krieg jedoch letztendlich negativ gegenübersteht; der Brasilianer, der sich nicht davor scheut, Regimekritik öffentlich zu Äußern und sein Leben dafür zu riskieren, frei die eigene Meinung zu äußern; höher angesehenen Personen wie dem Onkel Veits, der den Krieg als einzige Lösung sieht uvm.) und somit Perspektiven beleuchtet werden, erhält das Buch einen ganz eigenen „Charme“, der sich herauskristallisieren lässt.
Auch die detaillierte Beschreibung schreckt ab, ist aber letztendlich dafür nützlich, den Alltag während des Kriegs näher zu beleuchten und den Lesern näher zu bringen. Letztendlich bin ich positiv davon überrascht, wie viel mir im Kopf hängen geblieben ist, einfach dadurch dass alles sehr explizit erklärt wurde.
Auch wenn ich das Buch ohne die Vorschrift des Lehrplans womöglich nie gelesen hätte, ist es sehr interessant, wie real der zweite Weltkrieg doch dargestellt wurde. Ich würde es geschichtsinteressierten Leuten empfehlen, die sich gerne weitere Eindrücke des zweiten Weltkriegs „anlesen“ und einholen wollen.
Die Charaktere hätten jedoch teilweise noch etwas mehr beleuchtet werden können. Das aber als einziger zusätzlicher Kritikpunkt.