✎ Arno Geiger - Der alte König in seinem Exil
Als ich dieses Buch sah und die Möglichkeit hatte, es mit jemanden zusammen zu lesen, ergriff ich diese. Ich hatte mich auf viel Gesprächsstoff und einige Emotionen eingestellt, denn für mich war dieses ...
Als ich dieses Buch sah und die Möglichkeit hatte, es mit jemanden zusammen zu lesen, ergriff ich diese. Ich hatte mich auf viel Gesprächsstoff und einige Emotionen eingestellt, denn für mich war dieses Thema in einem Buch neu und auch persönlich habe ich keine Erfahrungen damit.
Schon zu Anfang jedoch merkte ich, dass ich mit dem Erzähler so gar nicht klarkomme. Es ist nicht nur der nüchterne Schreibstil, der alles sehr distanziert wirken lässt, sondern vor allem seine Wortwahl, mit der ich ganz oft auf Kriegsfuß stand.
Ich weiß, dass es Menschen gibt, die Alzheimer, wenn es in der Familie auftritt, erstmal ignorieren. Es ist wahrscheinlich sehr einfach, sich etwas anderes einzureden, als die offensichtlichen Zeichen zu sehen. Dies ist ein Schutzmechanismus, den einige anwenden. Da ich noch nie in solch einer Situation war, kann ich nicht beurteilen, wie es mir ergehen würde. Aber da auch ich bereits mit Krankheit und Tod eines geliebten Menschen zu kämpfen hatte, weiß ich, wie viel Hilfe und vor allem Respekt dieser benötigte. Bei Arno Geiger fehlte beides.
Wenn ich seine Einstellung zu lesen bekam, war ich oft fassungslos und teilweise auch sehr wütend. Ich konnte nicht verstehen, wie man so denken kann.
"Ich helfe ihm beim Anziehen, damit das Prozedere nicht ewig dauert, [...]" (S. 7)
"Unserem damaligen Empfinden nach überstiegen seine endlosen Wiederholungen jedes erträgliche Maß." (S. 37)
"[...] wir alle hatten weiß Gott auch anderes zu tun und hätten uns unser Leben immer wieder etwas einfacher gewünscht." (S. 45)
Für manch einen mögen solche Worte authentisch klingen, für mich waren sie fehl am Platz, ja geradezu anmaßend. Einfach auch, weil ich mich fragte, wie der Vater sich fühlen muss, wenn er diese Worte seines Sohnes lesen würde ...
Warum ich ebenfalls so denke, ist die Tatsache, dass der Autor kein Kind oder Jugendlicher mehr ist. Er ist erwachsen und sollte daher in meinen Augen etwas mehr Verständnis aufbringen. Für mich kommt sein Blickpunkt wenig bis gar nicht reflektiert herüber.
Zwischendurch werden in kursiver Schrift kurze Passagen zwischen 2 Personen eingeblendet. Handelt es sich hierbei um Augenblicke in "lichten" Momenten? Es klang alles ziemlich hingeklatscht.
Mir haben die Zeilen leider gar nicht zugesagt und ich werde mich wohl nach anderen Lektüren umschauen, die diese Krankheit zum Thema haben - vielleicht bringen diese mir die Erkrankung näher.
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