Klassenzugehörigkeit - ein in der Literatur bisher wenig beachtetes Thema
Mit der Anthologie „Klasse und Kampf“ stellen die Herausgeber Christian Baron und Maria Barankow die Frage der Klassenzugehörigkeit, ein bisher in der deutschen Literatur wenig beachtetes Thema, in den ...
Mit der Anthologie „Klasse und Kampf“ stellen die Herausgeber Christian Baron und Maria Barankow die Frage der Klassenzugehörigkeit, ein bisher in der deutschen Literatur wenig beachtetes Thema, in den Mittelpunkt. Und nicht nur deswegen ist die Lektüre dieses Sammelbandes absolut empfehlenswert.
Die Auswahl der Autoren und Autorinnen ist vielfältig: aus dem Westen, aus der ehemaligen DDR, mit und ohne Migrationshintergrund. Alle haben es in zwischen mehr oder weniger geschafft, das Arbeitermilieu hinter sich gelassen, auch wenn der Weg dorthin nicht immer einfach war.
Und auch die Themen umfassen ein große Bandbreite: Es geht um den Spagat, zwischen zwei Klassen zu stehen und sich keiner so wirklich zugehörig zu fühlen genauso wie um den Kampf einer alleinerziehenden Mutter durch die Schriftstellerei genug Geld einzunehmen und gleichzeitig noch genug Muße zu haben, schriftstellerisch kreativ zu werden. Wir erfahren davon, wie es ist, das Gymnasium kurz vor dem Abschluss abbrechen zu müssen, weil das Geld einfach nicht reicht, und auch davon, wie eine Arbeiterfamilie sich nach der Decke strecken muss, um sich den Traum eines kleinen Eigenheims zu leisten und Monat für Monat geradezu vom Wohlwollen der Herren in der Kreditabteilung der Bank abhängig ist.
14 Kurzgeschichten und Essays verschiedener deutscher Autoren und Autorinnen haben zwangsläufig alle einen unterschiedlichen, mal mehr, mal weniger literarischen Blick auf die Situation und natürlich sprach mich nicht jede davon gleichermaßen an. Einige davon allerdings so sehr, dass ich von den Schriftstellern unbedingt mehr lesen möchte.
Allen voran Christian Baron, Anke Stelling, Lucy Fricke, Bov Bjerg und Arno Frank, der mir in der Kurzgeschichte Bremsklotz mehr als einmal aus der Seele sprach, der so treffend das Unbehagen derer, die im Arbeitermilieu aufgewachsen sind, sich jetzt aber eher in akademischen Kreisen bewegen, zusammenfasst:
„Ein Arbeiter sieht deine Bücher und erkennt, dass du dich für etwas Besseres hältst. Eine Akademikerin sieht deine Bücher und erkennt, dass du es nicht bist.“ (Arno Frank: Bremsklotz)
In einigen anderen Rezensionen habe ich übrigens gelesen, dass man es schön gefunden hätte, wenn auch Menschen, die es nicht geschafft haben, in der Sammlung zu Wort kämen. Ich denke, eine zweite, intensive Auseinandersetzung mit den Texten könnte Aufschluss darüber geben, warum dies nicht so ist.