Sehr unterhaltsam, weitaus besser als erwartet und sehr komisch
Zunächst muss ich einmal sagen, dass ich weder ausgewiesener Ärzte- noch Bela-B-Fan bin, sodass ich ziemlich unvereingenommen an die Sache herangegangen bin. Ich habe mir das Hörbuch gegönnt.
Und ich ...
Zunächst muss ich einmal sagen, dass ich weder ausgewiesener Ärzte- noch Bela-B-Fan bin, sodass ich ziemlich unvereingenommen an die Sache herangegangen bin. Ich habe mir das Hörbuch gegönnt.
Und ich wurde nicht enttäuscht: Scharnow ist wirklich ein außergewöhnlich unterhaltsamer Roman, weitaus skurriler und lustiger, als ich gedacht hätte. Und wir reden hier nicht über billigen Schenkelklopferhumor, sondern wahrlich bizarre Charaktere in abgedrehten Situationen, die so gut poinitert beschrieben und verewigt werden, dass sich - zum Glück - kein Klamauk einstellt. Das hätte auch in die Hose gehen können, aber Herr Felsenheimer wahrt gekonnt die Balance.
Das Buch spielt in einem zeimlich eng gesteckten Zeitrahmen in dem fiktiven Ort Scharnow in Brandenburg, nahe Berlin. Hier tummeln sich Menschen wie du und ich - oder etwa nicht? Es gibt einsame Frauen, rebellische Mangamädchen, zerstrittene Brüder, keifende Omis, kuriose Bünde und Männer, die in einer Art Mischung aus Reichsbürgerideologie und Verschwörungswahn die Welt vor telepathischen Tieren retten wollen. Das klingt alles ziemlich abgedreht, und sicher ist es hier und da überspitzt, in Form von bizarrer Satire, aber es steckt so viel Wahres drin. Zum Glück und leider gleichermaßen.
Die Dinge, die in Scharnow passieren, geschehen innerhalb kürzester Zeit - gut die erste Hälfte des Buches spielt an einem einzigen Tag. Der Erzähler fliegt quasi über die Szenerie, beobachtet alles und jeden, mal mit dem Blickwinkel des syrischen Flüchtlings, mal durch die Augen zweier sich hassender Brüder, mal als tierliebende Kassiererin. So wird manche Szene durchaus doppelt beschrieben - und zwar so, dass man meinen könnte, zwei völlig unterschiedliche Handlungen zu erfahren. Verschiedene Wahrnehmungen und Blickwinkel, jeweils durch den ganz eigenen Filter des Betrachtenden, stellt Bela hier wirklich gut gelungen dar. Ich würde sogar soweit gehen, diese Art des Erzählens, die wechselnden POVs und verschiedenen Stimmen der Jetztzeit, bis zu einem gewissen Grad mit meiner heiß geliebten Vernon Subutex-Trilogie zu vergleichen - die Bizarro-Variante sozusagen ;)
Nicht verschwiegen werden sollte, dass in dem Buch einige wenige fantastische Elemente vorkommen. Es hält sich aber im Rahmen, mir wurde es nur zum Schluss hin etwas too much, aber ich bin da auch sehr empfindlich. Die Realität, wenn auch eine absurde, steht schon im Vordergrund.
Tl;dr: Sehr unterhaltsam, weitaus besser als erwartet und sehr komisch - allein der Supermarktüberfall und alles drumherum war ganz großes Kino. Hossa!