Atmosphärischer Skandinavienkrimi der ruhigen Gangart, der mit psychologischem Tiefgang punkten kann
Die kleine Lisbet lebt mit ihren Eltern auf der überschaubaren Schäreninsel Kalvsund, welche vor Göteborg liegt. Das Mittsommerfest steht kurz bevor und die Menschen im Ort sind bereits voller Vorfreude. ...
Die kleine Lisbet lebt mit ihren Eltern auf der überschaubaren Schäreninsel Kalvsund, welche vor Göteborg liegt. Das Mittsommerfest steht kurz bevor und die Menschen im Ort sind bereits voller Vorfreude. Sie ahnen nicht, dass ein verurteilter Sexualstraftäter Ausgang bekommen und diesen zur Flucht genutzt hat. Carl Kroon, der einen alten Kontakt auf Kalvsund nutzen will, taucht beinahe zum selben Zeitpunkt dort auf, an dem Lisbet spurlos verschwindet. Der herbeigerufene Kommissar Frederik Forsberg soll mit seinem neuen Kollegenstab Licht ins Dunkel bringen. Doch nicht nur Forsberg schleppt, seit einem tragischen Einsatz bei dem seine Partnerin erschossen wurde, seelische Altlasten mit sich herum. Auch für seine neuen Kolleginnen und Kollegen gilt der Fall um die verschwundene Lisbet als Bewährungsprobe und letzte Chance.
Während sich die Medien bereits schnell auf Carl Kroon als Entführer festlegen, zieht Forsberg auch andere Möglichkeiten in Betracht und ermittelt in alle Richtungen. Doch die Zeit drängt. Forsberg weiß genau, dass er schnell handeln muss, will er Lisbets Leben retten, denn Kroon gilt nicht unbedingt als zimperlicher Zeitgenosse, sollte er wirklich der Entführer sein. Lisbets Eltern sind außer sich, besonders ihr Vater ist am Boden zerstört. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen sorgen dafür dass es in Lisbets Elternhaus sehr disharmonisch zugeht. Die bettlägerige Großmutter der Kleinen verschärft die ungute Situation noch…
Als dann auch noch ein Bewohner von Kalvsund ermordet aufgefunden wird, bangen die Ermittler bereits um Lisbets Leben…
Der Autor des Krimis, der den ersten Teil einer neuen Krimireihe markiert, dürfte eifrigen Krimilesern bereits ein Begriff sein, denn Ben Kryst Tomasson ist u.a. auch Co-Autor der Sabine Kaufmann Reihe von Daniel Holbe. Mit dem Ermittler Frederick Forsberg, schuf der Autor nun eine äußerst sensible Hauptfigur, die einige seelische Altlasten mit sich herum trägt und eine brisante, geheime Liebesbeziehung unterhält. Frederik Forsberg ist nicht nur ein nüchterner Faktensammler sondern interessiert sich auch für die privaten Hintergründe von Opfern und Tätern. Er macht sich gerne sein eigenes Bild und gibt nichts auf Klatsch. So handhabt er es auch in Bezug auf seine neuen Kollegen, was ihn bei einigen große Verwunderung aber auch Loyalität einbringt. Frederik ist nicht unbedingt ein Mann vieler Worte, doch er wirkt sympathisch und ist denen gegenüber, die er mag, ebenfalls loyal.
Über seine neuen Kollegen erfährt man in diesem Band noch nicht viel Privates. Lediglich die Gründe dafür, wieso sie in ihren bisherigem Wirkungskreis in Ungnade fielen.
Dieser Krimi gehört eher zur ruhig erzählten Sorte, wartet nicht mit blutrünstigen Details auf sondern mit psychologischem Tiefgang. Besagter Punkt gefiel mir sehr, erinnerte mich Ben Tomassons Art zu Schreiben doch sehr an den von Krimiautorin Ann Cleeves, die zu meinen bevorzugten Krimiautorinnen gehört.
Sehr bildhaft wirken die Beschreibungen der Schäreninseln, so dass man reichlich atmosphärisches Kopfkino geboten bekommt und obwohl die Anzahl der Verdächtigen relativ überschaubar bleibt, rätselt man als Leser doch neugierig mit bis zum Ende, das einen, auf emotionaler Ebene gesehen, fassungslos machen wird. Einen Punktabzug habe ich lediglich vorgenommen, weil ich fand, dass die Handlung im Mittelteil ein wenig ins Stocken geriet. Dazu wird die stete melancholische Stimmung sicherlich nicht jedem Leser behagen.
Trotz dieses Kritikpunktes hat mir der Einstiegsband sehr gut gefallen und so hoffe ich natürlich sehr, dass wir Leser nicht allzu lange auf einen neuen Fall warten müssen. Wer Skandinavienkrimis mag die mit psychologischem Tiefgang punkten können und keine blutrünstige Schlachterplatte erwartet, wird sich sicherlich gut unterhalten fühlen von Frederik Forsbergs ersten Einsatz.
Kurz gefasst: Atmosphärischer Skandinavienkrimi der ruhigen Gangart, der mit psychologischem Tiefgang punkten kann.