Cover-Bild Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Seelenleben
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 333
  • Ersterscheinung: 08.03.2020
  • ISBN: 9783518470732
Benjamin Maack

Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein

»Bin ich jetzt ein Leben müde?«, fragt Benjamin Maack, als er mit seinem großen, schwarzen Rollkoffer vor der Psychiatrie steht. Vier Jahre zuvor hatte er sich schon einmal eingewiesen, nach einem Nervenzusammenbruch – die Diagnose: Depression. Jetzt ist er wieder hier und berichtet von den letzten Nächten, die er nicht mehr im Ehebett, sondern auf dem Sofa verbringt, schlaflos, nervös, in Panik. Und dem Alltag in der Klinik, wie er mit den Mitpatienten »Alarm für Cobra 11« schaut oder im großen Aufenthaltsraum Delfine im Mondlicht puzzelt. Wie ihm statt Frau und Kindern die Pfleger zum 40. Geburtstag gratulieren und wie er in der Kreativwerkstatt lernt, zu sticken. Er erzählt von Medikamenten, ihren Nebenwirkungen, von Selbstmordgedanken und jenem Abend, an dem auch starke Beruhigungsmittel nicht mehr helfen und er auf »die Geschlossene hinter der Geschlossenen« verlegt wird – ständig schwankend zwischen Hoffnung und tiefer Verzweiflung.

Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein ist ein entwaffnend ehrliches Zeugnis vom Leben mit Depressionen. Benjamin Maack ringt der unbarmherzigen Krankheit tragikomische Momente ab und erzählt von ihr in so berührenden wie klaren Bildern. Seine Geschichte ist aber nicht nur Psychiatrie- und Krankenbericht, sondern auch Familiendrama und die Erzählung eines persönlichen Schicksals. Ein schonungsloses, literarisch kraftvolles Buch.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2020

Worte, die nachwirken

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Der Autor beschreibt in dem Buch seine Depression und seine zweite Auszeit in einer Klinik.
Er beschreibt seine Gefühle in der Depression, wie er sich einfach nicht richtig gefühlt hat und eben auch immer ...

Der Autor beschreibt in dem Buch seine Depression und seine zweite Auszeit in einer Klinik.
Er beschreibt seine Gefühle in der Depression, wie er sich einfach nicht richtig gefühlt hat und eben auch immer mit dem Gefühl lebt, dass es wieder losgehen kann, auch wenn es ihm gerade ganz gut geht.
Sein Aufenthalt in der Klinik zieht sich hin und dabei hat er eigentlich das Gefühl, doch gar keinen Grund zu haben, weil er nicht richtig krank ist. Zugleich fragt er sich, ob er mit den ganzen Tabletten, die er nehmen muss, noch der gleiche ist, der er vorher war, oder ob er mit der möglichen Gesundung vielleicht auch seine eigene Persönlichkeit hergibt.
Toll finde ich es, dass der Autor so offen mit seiner Krankheit umgeht. Er schreibt selber, dass es noch schwieriger ist, wenn man heimlich mit der Krankheit umgeht, weil die Menschen, mit denen man sich umgibt, dann natürlich auch nicht verständnisvoll sein können und man selber durch das Verheimlichen auch Selbstvorwürfe und Ängste entwickelt.
Auch wenn ich selber keine Depression habe, hat mich dieses Buch sehr beeindruckt. Es beschreibt sehr gut, wie man sich in der Depression fühlt, dass man nicht glauben kann, dass es jemals wieder besser wird, genau wie man dann, wenn es einem gut geht, nicht mehr wirklich weiß, wie es in der Depression war.
Auch wenn es sicher keine leichte Kost ist, finde ich das Buch sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Die Stimme des Nicht-Sagbarem

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Wie schreibt man über ein Thema, über das oft selbst das Reden oder Erzählen schwerfällt? Wie findet man Worte für etwas, das Benjamin Maack immer wieder als Leere und als Nichts beschreibt?

Bereits zu ...

Wie schreibt man über ein Thema, über das oft selbst das Reden oder Erzählen schwerfällt? Wie findet man Worte für etwas, das Benjamin Maack immer wieder als Leere und als Nichts beschreibt?

Bereits zu Beginn seiner Arbeit an diesem Besuch ist Maack eines wichtig: Abklären, ob ein Text über Depressionen und Selbstmordgedanken Menschen dazu verleiten könnte, sich umzubringen.

»›Im Gegenteil‹, sagte [der Suizidologe], es wäre gut und richtig, dass darüber geschrieben und gesprochen würde. Wichtig sei, dass man dabei nichts beschönige oder heroisiere.«

Bereits nach den ersten Seiten von ›Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein‹ ist klar, dass dieses Buch nicht vorhat, zu heroisieren.

Am leichtesten fällte es vielleicht, sich Benjamin Maacks Buch über das zu nähern, was es ›nicht‹ ist. Es ist weder ein Ratgeber für Betroffene noch einer für Angehörige. Es schaut nicht von außen auf die Depression, versucht nicht sie in geordnete Kategorien zu ordnen.

»Wenn Sie Tipps und Tricks für den Umgang mit Depressionen suchen, legen Sie dieses Buch auch weg. Und melden Sie sich, wenn Sie etwas gefunden haben, das wirkt.«

Maacks Buch lässt nicht sprachlich aufgearbeitet von außen auf die Depression schauen. Er lässt in sie schauen. Dabei bleibt er oft fragmentarisch. In anderen Momenten scheint er mit und um Sprache zu ringen, um die Momente der Depression ausdrücken zu können. Dabei schaffen seine Worte oft keine Ordnung mehr, keine Semantik, sie hinterlassen Weißräume und Satzfetzen.

Durch Maacks Buch zieht sich der Wunsch, funktionieren zu wollen. Das hin- und herschwanken zwischen der Angst, zu krank für das ›normale‹ Leben zu sein und zugleich vielleicht nicht krank genug für das psychiatrische Leben; die Frage, wie es einem geht. Der rührende Versuch, den Alltag zu bewältigen, irgendwie an der Oberfläche zu bleiben, der Ehe und den Kindern gerecht zu werden. Das Auf und Ab durch neue Medikamente, die ihrerseits Befürchtungen mit sich bringen. Pfleger und Ärzte, die den Klinikalltag begleiten. Ebenso wie Freunde und Mitpatienten, der Aufenthalt in einer Psychiatrie, begleitet von ›Cobra 11‹. Die Seiten des Buches brauchen ihre Weißräume, um der Schwere des Geschriebenen Raum zu geben, an wenigen Stellen gewährt Maack auch Momente des Aufatmens.

»Ein paar Monate später geht es mir wieder gut. Ich bin wieder draußen, noch ein paar Monate später arbeite ich wieder, bin wieder für die Familie da, treffe wieder Freunde.«

bookcoverAn das Ende des Buches ist Maacks Rede bei einer Preisverleihung in Karlsruhe angehängt, bei der er für sein Werk ›Monster‹ ausgezeichnet wurde. Bei dieser ging Maack bereits auf seine Depressionen ein, die er damals überwunden glaubte. Weder die Zuhörer noch Maack selbst wussten, dass sie wiederkommen würde. Doch besteht das, was diese Rede auszeichnet, nicht vorrangig daraus, dass die Depression besiegt werden konnte. Es besteht daraus, dass darüber gesprochen wurde.

Maacks Schilderungen lassen keinen Zweifel daran, dass im Verlauf der Depression Gefühle der Wertlosigkeit, des Versagens und der Schuld vorherrschen. Doch Maack entscheidet sich nicht, nachdem die depressive Episode überwunden ist, diese Gefühle zu verschweigen oder wegzudrängen; er teilt sie.

» …, dass mein Leben nach und nach abgestorben ist, weil es nicht mehr von Gefühlen durchblutet wurde. Dass mein Kopf, dem es schwerer- und schwerergefallen ist, zu fühlen, die Emotionen unbemerkt immer härter rationiert hat, bis das Fühlen in großen Teilen meines Lebens vertrocknet und verschwunden ist.«

Depressionen haben viele Gestalten. ›Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein‹ bezeugt den Wunsch, zu funktionieren, und findet zugleich Worte für einen Zustand, in dem man oft nicht mehr funktionieren kann. Es ist eine Stärke dieses Buches, dass es aushält, zugeben zu können, dass es Zeiten gibt, in denen Funktionieren anders geworden ist. Es ist ein Versuch, die Depression greifbarer zu machen. Damit darüber gesprochen werden kann, in der Hoffnung, dass so Betroffene nicht allein damit sein müssen.

»Ich bin krank, denke ich und bin beruhigt, weil jemand mich von dem Leben erlöst, das aus meinem Leben geworden ist. Weil jemand sagt, das ist nicht normal, es gibt da ein Leben, das du nur vergessen hast.«

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