Ein wirklich interessantes Buch außerhalb des Mainstreams.
Eine verrückte Geschichte zweier junger Provinzjournalisten, die nicht so ganz glücklich sind mit ihrem Dasein. Zwei Typen, die von den gesellschaftlichen Veränderungen Ende der 1960iger Jahren verunsichert ...
Eine verrückte Geschichte zweier junger Provinzjournalisten, die nicht so ganz glücklich sind mit ihrem Dasein. Zwei Typen, die von den gesellschaftlichen Veränderungen Ende der 1960iger Jahren verunsichert und mitgerissen werden. Die per Zufall einen verkifften Bastler kennenlernen, der gerade dabei ist, das Stroboskop zu erfinden. Und die das Marktpotential des schnellen Blitzlichts in ihrem psychedelischen Umfeld erkennen. Zwei Freunde, die unter dem Namen „Muse Gesellschaft“ damit beginnen, Stroboscope und andere Lichteffekte völlig unprofessionel, aber mit viel Leidenschaft zu vertreiben. Zufälligerweise treffen sie damit einen Nerv der Zeit und können sich vor potentiellen Kunden nicht mehr retten. Der Eine, der Erzähler, hängt weiter seinen ideellen Vorstellungen von einer durch Freundschaft und Gleichberechtigung geprägten Unternehmung nach. Der Andere riecht den großen Zaster und reißt sich die Firma unter den Nagel. Soweit das Grundgerüst des Buches, in dem es aber um viel mehr geht: Verunsicherte Männer, das Zerbrechen von Freundschaften sowie das kurze Aufglühen einer idealisierten Welt, die sogleich in einem Dogensumpf und viel Geld wieder untergeht.
Zugegeben, zuerst habe ich mich etwas schwer getan mit dem anfangs ziemlich sperrigen Text. Aber als ich dann mal in der Geschichte drin war, musste ich mir eingestehen, das das ein sehr gelungenes Buch ist. Die toxische Männlichkeit der Protagonisten und ihre Unfähigkeit, sich zu spüren wie auch ihre Gedanken einem Gegenüber verständlich auszudrücken, ist auf eine beeindruckende Art dargestellt. Interessant fand ich auch den Einblick in die damalige Zeit der Hippies, die ziemlich erbarmungslos und klischeefrei beschrieben wird. Aus heutiger Sicht stellen wir uns die 68er ja ziemlich idealisiert vor: sexuelle Befreiung, Umwälzung althergebrachter Werte, Experimente mit bewusstseinsverändernden Substanzen, Freiheit und Selbstverwirklichung. Das dies alles zusammen auch zu einer katastrophalen Überforderung der jungen Leute von damals führte, wird in diesem Text sehr deutlich geschildert. Da hat einer ein Buch von etwas geschrieben, das er sehr gut kannte. Und darum wirkt die Geschichte durchwegs authentisch. Man sieht die Figuren direkt vor sich. Dazu trägt auch das elegant gemachte verschieben der Erzählperspektive auf der Zeitachse bei. Dadurch schafft sich der Ich-Erzähler zwischendurch immer wieder einen zeitlich und gedanklich distanzierten Blick auf die damaligen Ereignisse, um sie aus heutiger Sicht zu reflektieren und für sich selbst verständlicher zu machen. Und was nun am Text autobiographisch ist und was nicht, bleibt am Ende völlig irrelevant. Entscheidend ist, das das Buch einen einmaligen Einblick in die damalige Zeit in Westdeutschland ermöglicht und grundlegende Fragen aufwirft, die auch heute - mehr als fünfzig Jahre später- noch brandaktuell sind: Wie hoch ist der Preis, ab dem wir käuflich werden? Was sind uns Freundschaften wert? Und was machen wir, wenn alles den Bach runter zu gehen scheint, und wir komplett überfordert sind? Ein wirklich interessantes Buch außerhalb des Mainstreams.
Fazit: Die ersten sechzig Seiten durchstehen und fertig lesen.