Klappentext:
Faisah ist die Tochter einer reichen Kairoer Familie palästinensischer Abstammung. Bei der Feier zu ihrem achtzehnten Geburtstag entgeht sie knapp der Vergewaltigung durch ihren Onkel, einem hohen Offizier des ägyptischen Geheimdienstes. Die junge Frau flüchtet sich in Frömmigkeit und kommt in Kontakt zur oppositionellen Muslimbruderschaft. So gerät sie zwischen die Fronten von Religion und Politik. Um sie dem Einfluss der Glaubensbewegung zu entziehen, schicken die besorgten Eltern Faisah und ihren Bruder zum Studium auf die kleine Karibikinsel Grenada. Das erweist sich als folgenschwerer Fehler: Die Geschwister geraten dort in das mörderische Netzwerk eines Ablegers des Islamischen Staates …
›Das karibische Kalifat‹ verbindet die Spannung eines guten Thrillers mit fundierten Einblicken in den politischen Islam, den Nahen Osten und den religiösen Fundamentalismus.
Fazit:
Ich habe viel von diesem Buch erwartet und kann voller Überzeugung sagen, dass meine Erwartungen übertroffen wurden. Kaum mit dem Lesen begonnen wurde ich regelrecht in die Handlung eingesogen. Der Schreibstil ist locker und flüssig und die Spannung baut sich Stück für Stück auf, um dann auf extrem hohem Niveau zu bleiben. Die Hintergründe wurden meiner Meinung nach sehr gut recherchiert, um in diesen packenden Roman die Leser zu begeistern und nachdenklich zurück zu lassen.
Faisah flieht nach ihrer Vergewaltigung, der sie knapp entkommen konnte, in den Glauben. Aus der lebensfrohen jungen Frau wird eine überzeugte Muslimin, die sich streng an die Regeln hält. Da sie ihren bisherigen Freundeskreis verliert, sucht sie sich in einer Moschee neue Freundinnen und gerät in die Fänge der Muslimbruderschaft. Als ihre Familie davon erfährt, wird sie mit ihrem Bruder auf die Karibikinsel Grenada geschickt um dort im Schutze ihrer Tante und deren Mann studieren zu können und den Fängen der Bruderschaft zu entkommen. Dies soll sich jedoch sehr schnell als Denkfehler ihrer Eltern entpuppen, da Faisahs Glaubensschwestern den Kontakt zur karibischen Bruderschaft aufgebaut haben. Für Faisah und ihren Bruder beginnt ein Alptraum. Ob sie diesen Alptraum heil überstehen, dass müsst ihr selbst lesen, ich habe schon genug verraten.
Der Autor schreibt sehr deutlich, dass sein Buch ein Roman und daher ein Fantasieprodukt ist. Ich habe schon einige Bücher gelesen, die sich mit dem Islam und seinen Fanatikern beschäftigt und stelle fest: Was in diesem Roman beschrieben wird, kann uns jeden Tag irgendwo auf dieser Welt begegnen. Mir wurde sehr eindringlich vor Augen geführt, mit welchen Mittel Menschen von Fanatikern beeinflusst und gelenkt werden können und im Ernstfall für ihren Glauben sogar den Märtyrertod sterben wollen. Bisher konnte ich mir weniger vorstellen, wie junge, aufgeklärte Menschen auf solche Fanatiker hereinfallen. Mir wurde ein ganz anderer Ansatz zum Verständnis geboten. Hut ab.
Die Protagonisten sind sehr lebensnah, tiefgründig und authentisch beschrieben und fast alle sehr sympathisch. Da die Geschichte aus mehreren Perspektiven heraus erzählt wurde, konnte ich die Protagonisten sehr gut kennen lernen und auch ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Besonders faszinierend war für mich die Entwicklung von Faisah, die vom lebenslustigen Teenager nach und nach zur starken Frau heranreift. Natürlich gibt es auch Protagonisten, die von Anfang an für Unbehagen sorgen und immer unsympathischer werden. Bei dieser Thematik sollte dies von vornherein einkalkuliert werden.
Das Thema des Buches ist brandaktuell, es geht um Manipulation von Menschen, religiösen Fanatismus, Selbstmordattentate und auch um Terroranschläge. Eine Mischung, die es in sich hat und die auf der einen Seite abstößt und in ihrer gesamten Grausamkeit zum Nachdenken anregt. Es geht allerdings auch noch tiefer. Was passiert, wenn Muslime und Juden aufeinandertreffen? Was passiert mit Homosexuellen in einer fanatischen muslimischen Gemeinde? Ist es für Frauen wirklich gut, die Scharia einzuführen? An der Themen Vielfalt lässt sich schon ersehen, dass dieses Buch keine leichte Kost darstellt. Ich kann nur empfehlen, sich darauf einzulassen, es lohnt sich.
Bernhard Grdseloff hat es geschafft ein hochaktuelles Thema in eine sehr glaubhafte und realitätsnahe Geschichte zu packen und mich damit zu begeistern. Die Geschichte hat mich nachdenklich zurückgelassen und nach dem offenen Ende warte ich jetzt auf die Fortsetzung.
Ein sehr gelungenes Debüt, dass ich an alle Leser empfehle, die sich für den Islam interessieren.