Godspeed – Die Reise beginnt bietet dem Leser eine Atem beraubende Geschichte, die man mit Sicherheit nicht so schnell wieder vergisst und dessen Fortsetzung man nach dem Ende des ersten Bandes kaum noch erwarten kann.
Nachdem sich die Handlung auf den ersten hundert Seiten, auf denen sich Amy in ihrem Kryo-Schlaf befindet und daher noch nicht aktiv am Geschehen teilnimmt, ein wenig zieht, gewinnt sie ab dem Zeitpunkt, zu dem Amy auf der ‚Godspeed’ erwacht, unheimlich an Fahrt und wird von Kapitel zu Kapitel interessanter und fesselnder.
Zusammen mit Amy erkundet der Leser das Schiff sowie die dort lebenden Menschen und stellt sich immer wieder die Frage, warum sie sich alle so anders verhalten und was diese extreme Veränderung bewirkt haben mag. Das Leben auf der ‚Godspeed’ ist nicht unbedingt wünschenswert, denn es ist auf Grund des begrenzten Raums und der dadurch auch begrenzten Möglichkeiten sehr eintönig. Die Bewohner sehen gleich aus und nahezu alle stehen unter der absoluten Kontrolle des Ältesten, der keinen Widerspruch duldet und selbst vor seinem Nachfolger etliche Zusammenhänge verheimlicht. Noch schlimmer ist jedoch das Benehmen der Menschen, denen die Fähigkeit zum selbstständigen Denken sowie Emotionen zum Ausdruck zu bringen bzw. überhaupt erst einmal welche zu haben völlig abhanden gekommen zu sein scheint. Diese stupide Art ist nicht nur unheimlich, sondern wird sogar richtig Angst einflößend als die Bewohner beinahe auf Amy losgehen, nur weil sie sich äußerlich stark von ihnen unterscheidet.
Amy und Junior sind zwei sehr starke und facettenreiche Protagonisten. Die gesamte Handlung wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive beider Figuren geschildert, was einen detaillierten Einblick in das Innenleben beider Charaktere ermöglicht, wodurch man sie sehr gut verstehen kann.
Nachdem Amy den anfänglichen Schock vielleicht für immer auf dem Schiff gefangen zu sein und das starke Gefühl der Einsamkeit überwunden hat, gewinnt sie wieder an Selbstvertrauen und besitzt sogar den Mut dem Ältesten zu widersprechen bzw. seine Taten zu hinterfragen, obwohl sich dadurch ihr eigenes Leben in Gefahr bringt. Aber sie lässt sich nicht unterkriegen, egal was auch geschieht, wofür man sie einfach bewundern muss.
Amy ist es auch, durch die Junior sich weiter entwickelt und wegen der er beginnt sich gegen den Ältesten und seine Tyrannei aufzulehnen, nachdem er ihm anfangs ebenfalls immer gehorcht hat. Erst als sie ihm die Augen für die Dinge öffnet, die auf der ‚Godspeed’ nicht richtig sind, gewinnt er den Mut und die Stärke die Antworten vom Ältesten einzufordern, die ihm als Nachfolger längst zugestanden hätten, und will die vielen Geheimnisse des Ältesten enthüllen.
Im Verlauf der Geschichte kommen sich die beiden näher und entwickeln langsam Gefühle füreinander. Diese sind schön beschrieben und stets nachvollziehbar, weil Beth Revis ihren Figuren nach der schon von Anfang an vorhandenen Anziehung auch die Zeit gibt einander besser kennen und schließlich auch lieben zu lernen.
Im Gegensatz zu Junior, der einen sehr aufgeschlossenen Charakter hat, hat der Älteste eine extrem einseitige Sichtweise. Er verachtet alles, was in irgendeiner Form anders ist und sieht Vollkommenheit nur in der absoluten Gleichheit. Für ihn ist nicht etwa fehlende Toleranz eine Ursache für Unfrieden, sondern die Andersartigkeit selbst. Er ist ein kaltherziger Diktator und duldet nichts, was sich seiner Kontrolle entzieht, weshalb er Amy einzig und allein als Ärgernis betrachtet.
Neben diesen drei zentralen Figuren gibt es noch zahlreiche interessante Nebencharaktere, von denen man aber leider nur einige etwas näher kennen lernt. Dazu gehört z.B. Juniors bester Freund Harley, der sich komplett von den anderen Bewohnern des Schiffes unterscheidet und den man für seine offene Art, seine Toleranz und weil er von Anfang an sehr nett zu Amy ist, einfach lieben muss. Doc, der einzige Arzt auf dem Schiff, sowie Orion, der Archivar, sind ebenfalls zwei interessante Figuren, deren wahre Gesichter man allerdings erst im späteren Verlauf kennen lernt.
Für Spannung sorgt Beth Revis vor allem durch die Erweckung von Personen aus der Kryo-Abteilung, die im Gegensatz zu Amy aber nicht alle das Glück hatten diese auch zu überleben. Um zu verhindern, dass noch weitere Menschen auf diese Weise den Tod finden und insbesondere auch um Amys Eltern vor diesem Schicksal zu bewahren, müssen Amy und Junior schnell herausfinden, wer dahinter steckt und vor allem warum.
Aber nicht nur durch die Jagd nach dem Mörder der Eingefrorenen, sondern auch durch Amys diverse Entdeckungen über die Zustände an Bord sowie die Wahrheiten, die Junior endlich vom Ältesten erfährt, bleibt die Handlung konstant spannend.
Mit dem Ende des ersten Teils kann Beth Revis ebenfalls überzeugen, denn es hat einige schreckliche und schockierende Enthüllungen zu bieten, von denen man ein paar zwar schon erahnen konnte, von anderen jedoch völlig unvorhersehbar getroffen wurde.
Insgesamt ist der Schluss relativ offen gehalten, obgleich es immerhin keinen lästigen Cliffhanger gibt. Trotzdem ist man natürlich überaus gespannt auf den Nachfolger und will am liebsten sofort wissen, wie das Leben für Amy und Junior sowie alle anderen Bewohner der ‚Godspeed’ nach diesem gelungenen Auftakt weiter geht.
FAZIT
Godspeed – Die Reise beginnt ist der fantastische Auftakt zu einem Science-Fiction-Abenteuer der Extraklasse! Die Zustände auf dem Schiff sind schockierend und faszinierend zu gleich, die Handlung ist unheimlich fesselnd und mit den facettenreichen Charakteren muss man einfach mitfiebern.
Die Geschichte von Beth Revis enthält so viel Potenzial, dass man auf keiner Seite das Gefühl hat, die Handlung würde unnötig in die Länge gezogen werden um unbedingt eine Serie daraus zu kreieren. Die Fortsetzung hält so viele Möglichkeiten bereit und es gibt noch so viele ungelöste Probleme, dass man es gar nicht erwarten kann endlich zu erfahren, wie es mit der ‚Godspeed’, insbesondere natürlich Junior und Amy, weiter geht und ob sie es wohl jemals schaffen werden den Planeten zu erreichen um das Schiff verlassen zu können.