Eine berührende Geschichte vom Sterben und vom Leben
Die Pflegefachfrau Karin Kaufmann ist an einem Tiefpunkt angekommen und will ihrem Leben ein Ende setzen. Auf dem Dach des Krankenhauses trifft sie allerdings auf den todkranken Reto Rösti, der dort immer ...
Die Pflegefachfrau Karin Kaufmann ist an einem Tiefpunkt angekommen und will ihrem Leben ein Ende setzen. Auf dem Dach des Krankenhauses trifft sie allerdings auf den todkranken Reto Rösti, der dort immer noch regelmäßig raucht. Die Beiden kommen ins Gespräch und beschließen, sich gemeinsam davon zu machen, zuerst einmal nach Sankt Moritz. Dort erstellt Reto eine Liste mit Dingen, die er vom geliebten Ort aus noch unternehmen will, bevor er 'den Löffel abgibt'.
Erzählt wird aus Karins Ich-Perspektive, wodurch ich der Protagonistin sehr nah kommen und ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen konnte. Blanca Imboden zeichnet die Protagonisten glaubwürdig und authentisch und vermittelt nicht nur beim Abarbeiten der Löffelliste auch viel Wissenswertes und Überraschendes über St. Moritz, so dass ich der Geschichte ganz gebannt gefolgt bin. Die Autorin hat einen Monat als Writer in Residence in Sankt Moritz verbracht und u.a. der reale Gemeindepräsident Christian Jott Jenny spielt im Roman eine Rolle, was ich ungewöhnlich finde. Der Schreibstil ist eingängig, sehr angenehm zu lesen, die Erzählung um die allmähliche Genesung von Karins Seele einerseits und Retos nahenden Tod andererseits ist mit scheinbarer Leichtigkeit gleichzeitig ernst, humorvoll und berührend. Die bildhaften Beschreibungen Graubündens und des Engadins machen Lust auf eine Reise nach St. Moritz.
Es werden auch gesellschaftliche Themen angesprochen wie der Pflegenotstand oder die schwierige Lage von Einheimischen in einem teuren und beliebten Nobel-Urlaubsort.
'Die Löffelliste' zeigt, wie wichtig Freunde sind, trifft auch an traurigen Stellen immer den richtigen Ton, spendet Trost und macht Mut. Sehr gut passt auch das freundliche gelbe Cover zur Geschichte. Raffaels Putten machen neugierig auf den Zusammenhang mit St. Moritz und der „erledigt“-Haken statt eines i-Punkts beim Titel ist ein schöner, augenzwinkernder Einfall.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und vergebe 4,5 Sterne.