Der historische Roman „Das Erbe der Braumeisterin“ wurde von Eva Völler unter ihrem Pseudonym „Charlotte Thomas“ geschrieben.
Madlen ist leidenschaftliche Bierbrauerin in Köln, doch nach dem Tod ihres Mannes, will die Bruderschaft der Brauer ihr dieses Handwerk verbieten, wenn sie nicht erneut heiratet. Die Zeit wird knapp, als sie den Weg von Johann kreuzt. Der Kreuzritter ist seiner Vergangenheit auf der Spur und hat nichts übrig für Bier, doch er könnte Madlens einzige Chance sein, ihr geliebtes Handwerk zu retten.
Die vier Abschnitte, in die der Roman unterteilt ist, beginnen mit einer ganzseitigen Zeichnung. Zusätzlich ist der Beginn jedes einzelnen Kapitels mit einer kleinen Verzierung geschmückt, welche je nach Abschnitt variiert, beispielsweise eine Hopfen-Rispe oder ein Ritterhelm: Symbole passend zum Thema und ein Stil passend zur Epoche. Eine sehr schöne Abwechslung im Schriftbild.
Erzählt wird der Roman überwiegend aus der Perspektive der beiden Protagonisten. Zwischendurch werden einige Kapitel auch durch die Nebencharaktere erzählt. Dadurch weiß der Leser stets sehr viel, wobei die Autorin an den richtigen Stellen noch Geheimnisse und Platz für Spekulationen lässt. So gab es für mich einige Situationen, in denen ich nicht wusste, was passieren würde, aber gerade genug ahnte, um weiterlesen zu wollen. Hier ist Charlotte Thomas ein gutes Gleichgewicht gelungen.
Die Charaktere des Buches sind jedoch eher durchwachsen. Madlen war mir nicht so sympathisch. Sie hat zwar ihre empfindsame Seite, ist aber meistens wütend auf alles und jeden, schreit viel und ist sehr oft eifersüchtig. Mit dem männlichen Protagonisten bin ich eher warmgeworden. Johann ist nicht perfekt. Er ist optisch gezeichnet aber tut, gerade zu Beginn des Buches, auch Dinge, die nicht rechtens sind. Dies ist allerdings eine erfrischende Abwechslung zu dem Ritter in glänzender Rüstung, der uns sonst häufig in historischen Romanen begegnet.
An den weiteren Charakteren hat mir gefallen, dass sie zum Teil sehr vielschichtig sind. Natürlich gibt es die klassischen Bösewichte, aber viele Charaktere sind nicht nur „gut“ oder „schlecht“. Wie in der Realität bewegen sie sich dazwischen und ihre nachvollziehbaren Motive haben sie authentisch erscheinen lassen.
Die Autorin versteht es geschickt, die Geschichten der beiden Protagonisten zu verweben. Nach der ersten Begegnung war ich wirklich ratlos, wie sie Madlen und Johann zusammenführen wird. Über die Lösung habe ich dann schmunzeln müssen, fand es aber einfach genial. Hier und an anderer Stelle habe ich dann Anmerkungen zur historischen Korrektheit vermisst. Natürlich sind es fiktive Personen, aber interessant bleibt doch die Frage, ob es sich so hätte zutragen können, wie von der Autorin geschildert.
Bei einem historischen Roman ist neben der Geschichte auch die sonstige Ausstattung wichtig. Hier findet sich ein Personenverzeichnis – nicht zu knapp, nicht zu ausschweifend - und ein Glossar mit den Erklärungen der wichtigsten Begriffe. Vielleicht wäre eine Karte des damaligen Kölns noch eine nette Dreingabe gewesen, aber es ist kein schwerwiegender Mangel.
„Das Erbe der Braumeisterin“ war schlicht und einfach ein Buch, das ich gerne gelesen habe. Die Geschichte hat mich konsequent unterhalten. Nicht nur die Hauptgeschichte um Madlen, auch Johanns Geheimnisse waren interessant und ich habe jede Seite genossen – obwohl ich, genau wie Johann, nichts für Bier übrig habe.
Ich bin mir sicher, dass Charlotte Thomas gewissenhaft recherchiert hat. Dass der Leser mehr daran hätte teilhaben können, wie über ein historisches Nachwort oder die Kennzeichnung historischer Persönlichkeiten, wäre allerdings schön gewesen. Dafür, und weil Madlen mir nicht gefallen hat, komme ich zu 4 von 5 Sternen.