Selina ist unzufrieden: Was sie will, das hat sie nicht, und was sie hat, das will sie nicht. Als junge Restauratorin erhält sie den Auftrag, ein übermaltes spätmittelalterliches Bild freizulegen. Bei dieser Arbeit mischen sich zwei gegensätzliche, aber gleichermaßen skandalöse Bilder. Und auch in Selinas Leben kommt Bewegung. Hat sie sich getäuscht? War das doch Liebe, damals?
Von der Schriftstellerin Christa Ludwig habe ich noch nichts gelesen.
Ihr Roman „Alle Farben weiß“ ist ein kleines Buch, das es in sich hat.
Die Autorin lässt uns an einem kleinen Stück an Selinas ...
Von der Schriftstellerin Christa Ludwig habe ich noch nichts gelesen.
Ihr Roman „Alle Farben weiß“ ist ein kleines Buch, das es in sich hat.
Die Autorin lässt uns an einem kleinen Stück an Selinas Leben und ihren Gedanken teilnehmen. Im Anfang war mir Selina etwas oberflächlich. Sie wollte eine große Künstlerin werden, dann musste sie doch etwas weniger spektakuläres Studium absolvieren.
Nach dem Studium überbrückt sie die Zeit, bis sie ihren richtigen Job anfängt. In einer Klosterkirche, soll sie von einem mittelalterlichen Bild die obere Schicht abtragen, denn darunter gibt es noch ein Bild.
Die Autorin versteht es sehr gut uns an der Arbeit gefallen zu fassen und bei der Freilegen mitzufiebern.
Von dem plötzlichen Ende war ich erst überrascht und wollte gerne weiterlesen, aber beim Nachdenken, bin ich doch zufrieden.
Der Roman fesselt und gefällt.
Tief verunsichert durch eine negative Beurteilung ihres Professors gibt Selina das Kunststudium auf und wendet sich daraufhin einer Ausbildung als Restauratorin zu. Auch privat läuft nicht ...
INHALT:
Tief verunsichert durch eine negative Beurteilung ihres Professors gibt Selina das Kunststudium auf und wendet sich daraufhin einer Ausbildung als Restauratorin zu. Auch privat läuft nicht alles so, wie sie es gerne hätte. Der Mann, in den sie verliebt ist, scheint nichts von ihr wissen zu wollen. Und der Mann, von dem sie ungewollt schwanger wird, scheint ihr nicht der Richtige zu sein und keine Gefühle für sie zu haben. So trennt sich Selina von ihrem alten Freundeskreis und beginnt ein neues Leben, zunächst allein, dann mit Sohn Silas, dessen Vater Stefan aber von seiner Existenz nichts weiss. Als Selina der Klosterschwester Agnes begegnet, bittet diese sie darum, in ihrem Kloster ein spätmittelalterliches neu übermaltes Gemälde freizulegen. Selina willigt ein und beginnt gegen den Widerstand einer anderen Nonne mit der Arbeit. Währenddessen trifft sie zufällig Stefan wieder, der als inzwischen erfolgreich tätiger Maler seine Bilder ausstellt. Auf einem der Bilder erkennt Selina nur für sie verstehbare Details wieder, welche ihr schlagartig bewusst machen, dass Stefan doch nicht der gefühllose Mann war, für den sie ihn gehalten hatte...
MEINE MEINUNG:
Selina, die Protagonistin der Erzählung, wird eingeführt als eine Person, die sich über alles und jeden viele Gedanken macht. Leider verhält es sich dabei aber oftmals so, dass sie nur vermuten kann, wie etwas sein könnte und sich dadurch vieles verbaut. Sowohl in die Bemerkungen ihres Professors als auch in die Gestik und die Äusserungen ihrer Mitbewohner resp. der Männer, die sie liebt, legt sie so viel hinein, was möglicherweise gar nicht da ist. Insofern ist Selina ein Prototyp derjenigen Menschen, die sich in Vermutungen ergehen und dann (vermeintlich) verletzt zurückziehen, anstatt den direkten und vorurteilsfreien Dialog mit dem Gegenüber zu suchen.
Das übermalte Bild, welches Selina als Restauratorin freilegt, ist wie ein Spiegel ihres eigenen Lebens und Denkens. Das Offensichtliche liegt vor Augen, aber man muss genau und vorurteilsfrei hinsehen. Die untere Schicht zeigt, wie es wirklich war – die übermalte Schicht zeigt, wie jemand denkt, dass es war oder sein sollte. Dass es sich dabei um die Kreuzigungsszene Jesu Christi handelt, kann man theologisch ausdeuten, wenn man möchte. Die Gedankengänge der Autorin in Hinblick auf dieses Geschehen waren mir jedoch zu vage, um sie wirklich nachvollziehen und hier in Worte fassen zu können. Auch der Zwiespalt im Innern Selinas zwischen Areligiosität und der Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit in den Klostermauern und bei Gott hätte dann vertieft und nicht nur angerissen werden müssen.
Die Restauration des Bildes und Anwendung der verschiedenen dazu notwendigen Mittel liest sich spannend. Als es jedoch um die Freilegung des letzten entscheidenden Details geht, endet der Roman. Der Höhepunkt, auf den das Buch hinläuft, wird nicht mehr erzählt und offengelassen. Auch wenn dies vermutlich so beabsichtigt ist, wirkt der Roman auf mich dadurch unfertig und lässt mich eher unbefriedigt und etwas ratlos zurück.
Überhaupt gibt es in der gesamten Erzählung sehr viele Andeutungen und viel Symbolik. Das lässt Raum für eigene Gedankenspiele und Interpretationen, ist aber nach meinem Empfinden zu viel.
FAZIT:
«alle Farben weiss» hat mir von der Gesamtidee sehr gut gefallen. Leider konnte das Buch für mich nicht halten, was der Umschlagtext verspricht, weil zu viel nur angedeutet, zu wenig aber für den Leser wirklich freigelegt wird.