Fesselnder und brisanter Krimi
„...Wenn er seine Rache nicht vollenden konnte, musste er sterben, ohne dass sein Leben einen Sinn gehabt hatte...Schuld vererbt sich, wenn der Schuldige nicht ausgestoßen wird aus der Familie. Nichtwissen ...
„...Wenn er seine Rache nicht vollenden konnte, musste er sterben, ohne dass sein Leben einen Sinn gehabt hatte...Schuld vererbt sich, wenn der Schuldige nicht ausgestoßen wird aus der Familie. Nichtwissen schützt nicht vor Bestrafung...“
Josef Maria Stachelmann, Dozent für Geschichte an der Universität von Hamburg, liest im Zug einen Artikel über die Ermordung der kleinen Tochter des Maklers Maximilian Hollers. Der Fall gibt den Kriminalisten Rätsel auf, da zuvor die Ehefrau und ein Sohn des Maklers umgebracht wurden. Eigentlich hat Stachelmann eigene Probleme. Sein Vorgesetzter erwartet endlich sein Habilitationsschrift. Daran hängt seine Stelle an der Universität. Stachelmanns Forschungsthema beschäftigt sich mit den Konzentrationslagern im Dritten Reich, ihrer Entstehung und Entwicklung.
Dann erhält er einen Anruf von Ossi Winter, Kriminalkommissar der Hamburger Kripo und einstiger Begleiter in den Studienjahren. Stachelmann glaubt, den Namen Holler schon einmal in anderen Zusammenhang gehört zu haben, kann sich aber nicht daran erinnern.
Der Autor hat einen fesselnden und tiefgründigen Kriminalroman geschrieben, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat.
Stachelmann ist ein Protagonist mit Ecken und Kanten. Nach einer hochgelobten Doktorarbeit kann er sich jetzt kaum zum Schreiben eines wissenschaftlichen Artikels aufraffen. Hinzu kommt, dass er mit heftigen Rheumaschüben leben muss. Seine Vorlesungen sind bei den Studenten beliebt. Allerdings erhofft sich zumindest eine Studentin mehr von ihm. Dazu ist er aber nicht bereit.
Nachdem die Polizei so gut wie keine Spur im Falle Holler hat, versucht man nun, dessen Vergangenheit zu durchleuchten, um herauszufinden, wen er sich zum Feind gemacht haben könnte. Noch lebt ein Sohn. Den gilt es zu schützen. Dabei bittet Ossi Stachelmann um Hilfe. Der findet eine Spur weit in die Vergangenheit und ahnt nicht, dass er damit auch dunkle Punkte in der Lebensgeschichte seines Vaters aufdecken wird und selbst in Lebensgefahr kommt.
Der Schriftstil des Buches unterstützt einerseits den hohen Spannungsbogen, lässt andererseits Platz für Ruhepunkte und Zeit zum Nachdenken.
Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören die gut ausgearbeiteten Dialoge. Das Gespräch mit dem Vater wirkt fast gequält. Er sagt nicht mehr als nötig. Das folgende Zitat gibt die Ansicht des Vaters wieder:
„...Wir konnten uns den Staat nicht aussuchen. Was wir tun mussten, bestimmten die Gesetze. Was sollte ein kleiner Mann daran ändern?...“
Einige Kapitel widmen sich dem Täter. Das Eingangszitat stammt von ihm. Er ist Jude, wurde mit der Kinderverschickung nach England geschickt, hat bei der Rückkehr keinen seinen Verwandten mehr vorgefunden und musste erleben, dass ihm jede Wiedergutmachung verweigert wurde. Sein Vater war Makler. Seine Kindheit in England war hart.
Ossis Sarkasmus sorgt für eine weitere Facette in der Geschichte. Als er sich mit Stachelmann in der Kneipe trifft und der Gedanke aufkommt, dass das Motiv in der Nazizeit liegen könnte, fasst er seine Arbeit folgendermaßen zusammen:
„...Ich arbeite in einem milchverarbeitenden Gewerbe. Was ich denke, ist Quark. Was ich tu, ist Käse. Aber manchmal kommt am Ende sogar Sahne dabei heraus. Zumindest in schwierigen Fällen...“
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. SO spannend kann Aufarbeitung der Vergangenheit sein!