Wer Suspenseromane von Autoren wie zum Beispiel Charlotte Link schätzt, dürfte auch mit diesem Roman von Corinna Kastner richtig liegen
Nach einer gescheiterten Liebesbeziehung mit Henrik Gerlach, befindet sich die Schriftstellerin Viktoria auf einer Lesereise ihres aktuellen Buches. Immer wieder sitzt in den Reihen der interessierten ...
Nach einer gescheiterten Liebesbeziehung mit Henrik Gerlach, befindet sich die Schriftstellerin Viktoria auf einer Lesereise ihres aktuellen Buches. Immer wieder sitzt in den Reihen der interessierten Leser ein älterer Mann, der sie eines Tages sogar darum bittet, sein Leseexemplar zu signieren. „Für Johanna“, soll Viktoria als Widmung in das Buch schreiben.
Obwohl sie eine seltsame Verbindung zu dem Mann spürt, lässt sie den Moment ihn anzusprechen ungenutzt verstreichen; im Nachhinein ist sie jedoch so eingenommen von seinem Erscheinungsbild, dass sie insgeheim beschließt, ihn zum fiktiven Protagonisten in einem ihrer nächsten Bücher zu machen. Kurz darauf bricht sie zusammen mit ihrer Freundin Melli, der Schwester ihres Ex-Freundes Henrik auf nach Fischland; ans Meer nach Wustrow, einem kleinen Ort an der Ostsee, um dort ein paar Tage auszuspannen. Dort entdeckt sie beim Stöbern in den vielen kleinen Läden ein altes Gemälde, dass sie anspricht und kurzentschlossen kauft sie es sich auch, ohne überhaupt ahnen zu können, wie wichtig das Bild in naher Zukunft für sie werden wird.
Der gemeinsame Aufenthalt in Wustrow ist leider nur von sehr kurzer Dauer, denn Mellis Chef und guter Freund Martin Niemann stirbt kurz darauf und beide müssen nun umgehend die Heimreise antreten. Viktoria fällt jedoch aus allen Wolken, als sie bei der Beerdigung ein Bild des Verstorbenen entdeckt- es ist ihr „Patriarch“, der Mann aus der Buchhandlung! Und mehr noch, Martin Niemann hat ihr und einem ihr unbekannten Mann zudem eine Villa in Wustrow vermacht.
Schon vom ersten Moment an ist Viktoria fasziniert von der „Kranichburg“; genauso wie auch der andere Erbe der Villa, Roman Marendorff, Sohn einer reichen Familie die ein gutgehendes Hotel besitzt. Da beiden das Haus nur unter der Auflage mindestens zwei Monate gemeinsam darin zu wohnen, zugesprochen werden kann, kommen beide überein, dieser Auflage so schnell wie möglich Folge zu leisten.
Während der Besichtigung des Hauses entdecken Viktoria und Roman einen abgeschlossenen Raum. Die Frage, was sich wohl dahinter verbirgt, lässt ihnen von nun an, keine Ruhe mehr. Es ist letztendlich Viktoria die sich ein Herz fasst und den Raum öffnen lässt. Dort finden sie und Roman unter anderem Gemälde vor, die dem kürzlich erworbenen Bild von Viktoria unglaublich ähneln. Sie recherchieren, dass es sich bei der Malerin um Marie von Kampen gehandelt haben muss, der ehemaligen Besitzerin der „Kranichburg“ und versuchen von nun an, Maries geheimnisvolles Leben zu ergründen, weil sie ahnen, dass sie beide nur so den Grund dafür erfahren können, wieso sie als Erben der „Kranichburg“ eingesetzt wurden.
Diese Recherche fördert Unglaubliches zu Tage und Viktoria und Roman müssen lernen, dass Dinge die in der Vergangenheit geschehen sind, selbst heute noch die Grundfesten ihrer Familienbande erschüttern dürften...
„Die verborgene Kammer“ ist mein erstes Buch der Autorin und hat mich von Beginn an gefesselt. Corinna Kastner hat hier einen atmosphärisch dichten Roman erschaffen, der langsam aber stetig immer mehr Fahrt aufnimmt und den Leser teilhaben lässt an einer spannenden und unterhaltsamen Recherche in die Vergangenheit.
Das Buch spielt auf zwei Ebenen. Zum einen erfährt man als Leser, wie Roman und Viktoria das Rätsel um Marie von Kampen lösen und sich langsam annähern. Zum anderen wird man an Marie von Kampens Lebensgeschichte durch das vom Heldenpaar aufgefundene Tagebuch der Protagonistin Stück für Stück behutsam herangeführt. Die Tagebucheinträge von Marie sind wie eine Nacherzählung der Geschehnisse vergangener Zeiten und so gut und packend erzählt, dass man das Buch einfach nicht zur Seite legen kann. (Ich gebe zu, ich habe es durchaus versucht, bin jedoch kläglich an meiner Neugierde gescheitert )
Geschickt führt Corinna Kastner die Leser zunächst auf einige falsche Fährten, was die vielen Zusammenhänge und Verwicklungen von Maries und Doros Lebensgeschichte angeht und deren Auflösung am Ende ist für mich sehr überraschend gewesen. Obwohl Viktoria und Roman zwei interessante Charaktere sind, waren für mich die eigentlichen Heldinnen des Buches Marie und ihre Zwillingsschwester Doro.
Ihre „Story“ lässt vor dem Auge des Lesers die Welt vor den zwei Weltkriegen auferstehen- sehr bildhaft und realistisch sind auch die Handlungsorte und damalige Verhaltensregeln der Etikette beschrieben. Man leidet und bangt mit Marie und Doro, die beide unglücklich verliebt sind, weil sie sich in einen unstandesgemäßen Mann verliebt haben und hofft obwohl die Situation der beiden Frauen ausweglos ist, auf ein Happy End.
Trotz der „Dicke“ des Romans hat das Buch keinerlei Längen, was sowohl die Recherche in der Gegenwart, als auch die Geschichte von Marie von Kampen angeht. Immer wieder geschieht etwas Unerwartetes; ein Puzzleteil wird gelöst, dafür stellen sich sogleich wieder neue offene Fragen; die Autorin forciert in dieser Weise geschickt die Neugierde ihrer Leserschaft.
Als kleine Romantikerin hätte ich mir vielleicht ein wenig mehr gemeinsame Dialoge zwischen Viktoria und Roman gewünscht; also eine ausführlichere Aussprache zwischen beiden, die plausibler macht, wieso sich beide ineinander verlieben, aber dieser kleine Kritikpunkt fällt nicht wirklich ins Gewicht, da der Roman als Gesamtwerk betrachtet einfach ein unheimlicher Pageturner ist.
Wer Suspenseromane von Autoren wie zum Beispiel Charlotte Link schätzt, dürfte auch mit diesem Roman von Corinna Kastner richtig liegen.