Der Opiumesser, Thomas de Quincey, ermittelt wieder- Spannender historischer Krimi und interessantes Sittengemälde in einem.
London 1855:
Ausgerechnet während des Gottesdienstes, geschah ein unbeschreiblich grausamer Mord, den seltsamerweise keiner beobachtet hat.
Einer Dame der obersten Gesellschaftsschicht, wird mit durchtrennter ...
London 1855:
Ausgerechnet während des Gottesdienstes, geschah ein unbeschreiblich grausamer Mord, den seltsamerweise keiner beobachtet hat.
Einer Dame der obersten Gesellschaftsschicht, wird mit durchtrennter Kehle in ihrer privaten Sitzbank aufgefunden. Doch vom Mörder fehlt jede Spur. Der berühmt berüchtigte Autor und Journalist Thomas de Quincey, befindet sich zufällig zusammen mit seiner Tochter Emily, Detective Inspector Ryan und dessen Assistenten Becker vor Ort und beginnt, wie es schließlich de Quinceys Art ist, gleich mit seinen privaten Ermittlungen. Und das, obwohl er sich doch eigentlich schon bald aufmachen sollte gen Edinburgh, da sein Protege Lord Palmerston, der die Vier eine zeitlang in seinem Stadthaus leben ließ, sie nun dezent aber plötzlich vor die Tür setzen will.
Der in der Öffentlichkeit bekannte „Opiumesser“ Thomas de Quincey, ahnt ganz folgerichtig, dass hier ein Serientäter am Werk ist denn die Ermordete hält eine von schwarzem Trauerflor umrankte Nachricht in der Hand. Zwei geschriebene Worte die brisanter nicht sein könnten finden sich darauf. „New England“. Doch kann der Mord tatsächlich etwas mit dem vor Jahren verübten Attentat auf Queen Victoria zu tun haben, das glücklicherweise scheiterte? Damals wurde ein Mann verhaftet, der behauptete, er gehöre einer geheimen Gruppe an, die sich „New England“ nennt und sich für die sträflich vernachlässigten Rechte der Bürgerlichen stark machen und gegen alle höher gestellten Obrigkeiten vorgehen will. Ärzte bescheinigten dem Attentäter jedoch eine Geisteskrankheit, hielten „New England“ für ein Hirngespinst und seit damals schmort besagter Mann sicher in Verwahrungshaft.
Als der Mann der Ermordeten, Lord Cosgrove, mitsamt seiner Hausangestellten, ebenfalls brutal ermordet in seinem Stadthaus aufgefunden wird, ist Detective Inspector Ryan klar, dass es höchste Zeit ist, Licht ins Dunkel zu bringen und den Täter oder womöglich eine ganze Gruppe, zu fassen. Denn es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass auch Jagd auf das Königspaar gemacht wird. Und plötzlich ist ausgerechnet der Rat des scharfsinnigen Opiumessers Thomas de Quincey gefragt, der sogar zusammen mit seiner Tochter, Ryan und Becker, am Königshof vorstellig werden darf.
Es war zunächst das stimmungsvolle Gothic-Cover, das mich auf David Morrells zweiten Teil seiner historischen Krimireihe um den Opiumesser Thomas de Quincey werden ließ, denn ich liebe historischen Lesestoff, der in der viktorianischen Ära angesiedelt wurde, sehr.
Leider verpasste ich seinerzeit den Auftaktband „Der Opiummörder“, will aber mein Versäumnis nun, nach dem Lesen dieses Romans, unbedingt nachholen. Doch man kommt auch ohne Vorwissen gut hinein in die Geschichte.
Der Autor David Morrell, der neben anderen Projekten, beispielsweise auch die Romanvorlage zu „Rambo“ schuf ( „First Blood“- verfilmt mit Sylvester Stallone in der Hauptrolle) widmet sich mit dieser Reihe erstmals dem Genre historischer Krimi. Ich muss zugeben, ich hatte gewisse Vorbehalte, als ich im Inneren des Buches las, dass David Morrell der Autor der Kult-Actionfilmreihe ist und fürchtete, dass seine Krimiserie höchstwahrscheinlich ebenso blutig, actionreich aber auch flach geraten ist. Umso größer war meine Überraschung, als ich zu lesen begann. Nicht nur die Romanfiguren sind charismatisch und vielschichtig geraten- ihre Dialoge zeugen von Tiefgang und auch die Ermittlungsarbeit gestaltet sich interessant. Dazu hat der Autor viel über die damaligen Lebensumstände der Bürgerlichen und der Adligen zu erzählen und streut zudem Wissenswertes aus allen Bereichen, die die viktorianische Epoche so besonders machte, ein. Selbst politische Ereignisse werden angesprochen und es bewahrheitet sich mal wieder, dass sich Historisches leider immer wiederholt und die Menschen zum größten Teil nicht lernfähig sind.
Thomas de Quincey, ist im Gegensatz zu anderen Romanfiguren, eine historisch verbriefte Persönlichkeit. Er lebte von 1785-1859, teils in England, teils in Schottland. Er war ein britischer Schriftsteller, Essayist und Journalist und galt nach der Veröffentlichung seines autobiografischen Buches „Confessions of an English Opium Eater“ als bekannt aber auch berüchtigt. Schließlich bekannte er sich darin zu seiner Opiumsucht, der er hilflos ausgeliefert war. Trotz dieses gesundheitlichen„Handicaps“, arbeitete er für diverse Zeitungen, hatte eine Großfamilie zu versorgen und hielt sich finanziell, eher schlecht als recht, über Wasser. Ob er auch auf detektivischen Pfaden a la Sherlock Holmes wandelte, ist nicht bekannt. Aber zumindest macht es David Morrells Phantasie möglich.
Ich fand es spannend, mit einem Romanhelden konfrontiert zu werden der, aufgrund seiner Opiumsucht, besondere Fähigkeiten in der Wahrnehmung entwickelt hat und diese dazu nutzt, Kriminelle zu jagen. Man kann sich gut in die Romanfigur hineindenken und die Verzweiflung und Ohnmacht verstehen, die Thomas de Quincey so rastlos macht. Seine Detektivarbeit ist das Einzige das ihn davon abhält sich einer Überdosis hinzugeben. Und vielleicht noch seine scharfsinnige unkonventionelle Tochter Emily, die ihn liebevoll umsorgt. Emily ist eine Frauenrechtlerin und ihre, zur damaligen Zeit, modernen Ansichten sorgen für ungewöhnliche und spannende Lesemomente. Beispielsweise, wenn sie Queen Victoria höchstpersönlich davor warnt, stark grün gefärbte Kleidung zu tragen, da diese mit einem Gift behandelt wurde, das eigentlich für eine intensive Farbkomposition sorgen soll.
Detective Inspector Ryan und Becker sind ebenfalls interessante Romanfiguren, doch vor allem zusammen ist das ungleiche Quartett unschlagbar. Zugegeben- so ganz kann der Autor „Rambo“ nicht ganz hinter sich lassen. Denn auch in diesem historischen Krimi geht es zwischenzeitlich ganz schön actionreich zu- etwa bei Verfolgungsjagden durch ein Elendsviertel der Stadt. Und auch die bildhaften Beschreibungen der Mordszenarien sind nichts für Fans des „Cosy-Krimis“. Wer damit keine Probleme hat, kann sich entspannt zurücklehnen und diesen rundum gelungenen historischen Krimi in vollen Zügen genießen. Ich bin jedenfalls begeistert und gebe die Höchstbewertung. Denn hier stimmt alles- Eine spannende Story trifft auf vielschichtige interessante Figuren, reichlich historisches Flair, eine der Zeitepoche angemessene Ausdrucksweise und vor allem einen sehr angenehmen Schreibstil.
Kurz gefasst: Der Opiumesser, Thomas de Quincey, ermittelt wieder- Spannender historischer Krimi und interessantes Sittengemälde in einem.
Thomas de Quincey Reihe:
1. Teil: Der Opiummörder
2. Teil: Die Mörder der Queen
3. Teil: Ruler of the Night (noch nicht übersetzt)