Was das Auge des Wals erzählt
Da sind die fünf Sanders - Hanne und Jens mit ihren drei erwachsenen Kindern Ryckmer, Eske und Henrik. Sie leben ein Inselleben vor der Nordseeküste und wir dürfen sie ein Jahr lang dabei begleiten. Und ...
Da sind die fünf Sanders - Hanne und Jens mit ihren drei erwachsenen Kindern Ryckmer, Eske und Henrik. Sie leben ein Inselleben vor der Nordseeküste und wir dürfen sie ein Jahr lang dabei begleiten. Und dann ist da noch der Inselpastor, der die Balance finden muss zwischen seiner Ehe und der Arbeit in der Kirche.
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Dörte Hansen lässt uns in „Zur See“ tief blicken in die Seelen der Sanders und des Inselpastors. Die Charaktere könnten verschiedener nicht sein, und ganz bestimmt findet man sich selbst in einem der Inselbewohnerinnen wieder.
Mit großer Sorgfalt und ganz viel Feingefühl gelingt es der Autorin, die Gefühle jedes Einzelnen authentisch und nachvollziehbar aufs Papier zu bringen. Selbst wenn ich eine Figur zuerst auch noch so verschroben fand, entwickelte ich im Laufe der Kapitel Verständnis und Empathie.
Eine Museumsführerin, ein Vogelwart, ein Fährkapitän, eine Altenpflegerin, ein Strandgutkünstler und ein Pastor - verschiedener geht es kaum und dennoch teilen sie ähnliche Wünsche und Sorgen.
Es ist das starke Heimatgefühl, das alle sechs eint. Die Verbundenheit mit der Insel und das Bröckeln des Fundaments. Durch den Klimawandel, durch den Tourismus, durch das harte Inselleben, durch familiäre Katastrophen, durch den Verlust von Tradition und Sprache, durch Missverständnisse und Suchtprobleme, durch eine Kindheit ohne Halt und Wärme - durch all dies gerät die Inselwelt ins Wanken.
Ein wahres Highlight war für mich das Kapitel des Wals, das so wunderbar zeigte, dass das wichtige Erbe und das Seemannswissen der Inselbewohnerinnen schon längst nicht mehr so präsent sind, wie sie es erwartet hätten und nach außen hin verkörpern möchten. Außerdem steht der Wal in meinen Augen für ein Omen, für einen Wink des Schicksals und für eine Wendung - was mir unglaublich gut gefallen hat.
Eine riesige Empfehlung für einen Roman, der in einer unfassbar atmosphärischen Sprache ein Meisterwerk aus Bildern schafft mit der perfekt gewichteten Brise Melancholie.