Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind (Goethe)
Vollkommen entwurzelt, da das Schicksal ihnen nicht nur den Vater, sondern auch das Zuhause genommen hat, machen sich die Steinmann-Geschwister auf den Weg in den Westen. Der Weg dorthin ist beschwerlich ...
Vollkommen entwurzelt, da das Schicksal ihnen nicht nur den Vater, sondern auch das Zuhause genommen hat, machen sich die Steinmann-Geschwister auf den Weg in den Westen. Der Weg dorthin ist beschwerlich und die Reise im Planwagen alles andere als ungefährlich. Joanna merkt immer mehr, wie sie an ihre Grenzen kommt und wie sehr ihr ihre beste Freundin Linda fehlt, die ihr immer ein fester Anker im Leben gewesen ist. Der Kontakt zu ihr reißt dennoch nicht ab und Linda überbringt beunruhigende Nachrichten, die die Steinmanns in Bedrängnis stürzen..
Endlose Weite, Staub, wilde Tiere Aufbruchstimmung - Elisabeth Büchle zeichnet die Wilden Westen in filmreifen Bildern, die sich vor dem inneren Auge abspulen und bei denen die Leser:innen das Gefühl haben, die beschwerliche, unbequeme Fahrt im Planwagen mitzuerleben und mit all den Widrigkeiten vor Ort konfrontiert zu sein.
Man wird zu einem Teil des Trecks und lernt die Figuren kennen, denen die Autorin Leben einhaucht und sie zu realen Menschen werden lässt. Daraus entwickelt sich eine Reisegruppe, die alle Facetten der menschlichen Ecken und Kanten aufweist und mit deren Eigenarten sich die Lesenden auseinander setzen müssen. Joanna weiß dabei sofort zu begeistern, denn sie ist nicht auf den Mund gefallen und kann sich behaupten. Auch fliegen Beckie die Herzen der Leser:innen zu, denn sie hat ein sehr warmherziges Wesen und findet immer wieder eine Möglichkeit, um aus ihrem Glauben an Gott Kraft zu schöpfen und diese anderen Menschen zuteil werden zu lassen.
Die Erzählung lebt jedoch nicht nur von den agilen Figuren, sondern auch von dem Einfallsreichtum der Autorin, die hier amerikanische Geschichte mit einem Hauch Krimi und Romantik verwebt und daraus einen sehr abwechslungsreichen Roman strickt. Die damals vorherrschende Thematik der Sklaverei findet hier ebenfalls Erwähnung, wird aber nicht entrechtend oder reißerisch behandelt, sondern in dem für Büchle üblichen sensiblen Stil für die Leser;innen aufbereitet. Die christliche Botschaft wird alltagstauglich und aufdringlich in die Handlung eingeflochten und bringt schön zum Ausdruck, dass vor Gott alle Menschen gleich sind - egal welcher Hautfarbe oder Abstammung sie sind. Auch wirkt der Glaube hier als Anker und kräftigende Stütze, der in der schwierigen Zeit Halt und Zuversicht schenkt.
Wer einen Hauch Wilder Westen mit einem Schuss Krimi und Romantik lesen möchte, der greift zu "Wohin der Wind uns trägt", denn dieses Buch vereint alle drei Genres zu einem echten Lesegenuss vor toller Kulisse.