Mehr als ein Adelsepos - Zeitgeschichte bewegend und abwechlsungsreich erzählt
Auf den ersten Blick verbindet Alma und Charlotte nicht viel, außer die gemeinsamen Familienbande. Das dies nicht unbedingt die schlechtesten Voraussetzungen sind merken beide, als sie sich in der Toskana ...
Auf den ersten Blick verbindet Alma und Charlotte nicht viel, außer die gemeinsamen Familienbande. Das dies nicht unbedingt die schlechtesten Voraussetzungen sind merken beide, als sie sich in der Toskana treffen und gemeinsam einen Blick zurück werfen - jede auf ihre Art und Weise. Während Charlotte ihre Lebensgeschichte erzählt, stellt Alma Fragen und diese Fragen führen dazu, dass Charlotte noch einmal zurückreist in die Jahre, die nicht nur sie sondern eine ganze Generation verändert haben...
Bisher war mir Elisabeth Plessen als Autorin unbekannt und ich habe mich voller Neugier auf diesen Roman gestürzt und bin nicht enttäuscht worden.
Dieses Buch hat einfach nur einen Wow-Effekt, den die Autorin mit einer stilvollen und abwechslungsreichen Sprache präsentiert. Der Blick zurück durch Charlottes Augen wird mit vielen lebhaften Bildern geschildert, die das ganze Ausmaß der Veränderungen und Zerstörungen nach dem Krieg erst richtig deutlich machen. Die Großgrundbesitzer haben nämlich nichts mehr, worauf sie sich stützen oder gar etwas einbilden können und so heißt es für die zurückgeblieben Frauen - egal ob Ehefrau, Tochter oder Enkelin - Ärmel hochkrempeln und anpacken. Adelsstand hin oder her - die neue Generation pfeift auf Standesdünkel und lehnt sich auf, weil sie merkt, dass sich Träume nur dann verwirklichen lassen, wenn man sie auch anpackt und in die Tat umsetzt. Erfolg hat einen Namen : TUN.
Und genau da ist es, was Charlotte hier spannend und vielfältig erzählt, wenn sie von Stefanie berichtet, die einen anderen Glauben annimmt, damit sie mit ihrem Mann Frieder das Gut bewirtschaften kann. Sie hat es nicht leicht, denn ihre Schwägerin Ingrid neidet ihr den Erfolg und ist so ihre härteste Konkurrentin. Stutenbissigkeit inbegriffen.
Die vielen neugierigen Fragen von Alma bringen Charlotte immer wieder dazu, in sich zu gehen, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen und so ein Bild zu formen, das viele starke Charaktere hervorbringt, die mich durch die Bank weg begeistern.
Die Autorin gibt ihren Figuren Herz und Seele, verleiht ihnen Kraft und Energie und lässt daraus eine Geschichte entstehen, die nicht nur ein Adelsepos ist, sondern auch ein abwechslungsreicher und bewegender Blick zurück, als Emanzipation noch ein Fremdwort war und eine Generation aus Schutt und Asche wieder auferstanden ist. Eine Hommage an all die Frauen, die in den letzten 70 Jahren das Frauenbild in der Gesellschaft neu geformt und geprägt haben.