Bewegende Erzählungen
Ich bin im Leserausch und das tatsächlich schon seit Beginn des Jahres. Gelesen habe ich in den letzten fünf Wochen schon acht Bücher und bin gerade beim neunten. Ich denke, damit kann ich bisher ganz ...
Ich bin im Leserausch und das tatsächlich schon seit Beginn des Jahres. Gelesen habe ich in den letzten fünf Wochen schon acht Bücher und bin gerade beim neunten. Ich denke, damit kann ich bisher ganz zufrieden sein. Es gilt immerhin aber auch, die angepeilten siebzig Bücher zu knacken. Ein Roman, der mich zuletzt sehr bewegt hat, war »Alles ist möglich« von der US-Amerikanerin Elizabeth Strout. Das Buch ist hierzulande 2019 im btb-Verlag erschienen.
Im Mittelpunkt des Romans stehen die aktuellen und ehemaligen Bewohner einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Illinois. Die Menschen unterschiedlicher Generationen, berichten von Vergangenem und Erlebtem. Sie alle haben eines gemeinsam: sie such(t)en ihre Erfüllung im Leben und mussten sich vielen Herausforderungen und Schwierigkeiten stellen, um annähernd eine solche zu finden. Nicht jedem ist dies gelungen und jeder trägt sein Schicksal auf andere Weise.
Nach den ersten Seiten wusste ich mit »Alles ist möglich« noch wenig anzufangen, da mich sowohl die beschriebene Handlung, als auch die betreffenden Figuren nicht packen konnten. Kurz darauf aber änderte sich dieser Umstand und meine Aufmerksamkeit war vollständig hergestellt. Die Kapitel sind so miteinander verknüpft, dass die erwähnten Protagonisten dem Leser kurz darauf wieder begegnen. So werden die Geschichten aus den individuellen Blickwinkeln erzählt und immer wieder neue Personen eingeflochten. So waren mir schnell viele Namen geläufig und ich konnte mir Gesichter zu den Figuren erdenken. Die nüchterne Erzählweise von Strout ermöglicht es dem Leser, alle Charaktere unvoreingenommen kennen zu lernen und ein eigenes Bild von diesen zu entwickeln.
Der kluge und schnörkellose Sprachstil, sowie das gute Empfinden für menschliche Seelenlagen bereichern das Lesen des ohnehin ansprechenden Romans ungemein. Die Bewohner der Provinzstadt sind Menschen mitten aus dem Leben, sie werden geplagt von Eifersucht, Neid, Armut, Wut und Verbitterung. Sie suchen Erfüllung, die wahre Liebe und Zusammenhalt. Nach und nach fügen sich die kurzen Abschnitte zu einem Ganzen zusammen und es entsteht eine gelungenes Werk über die menschliche Seele und deren Abgründe.
Elizabeth Strout überzeugt durch ihr gutes Gespür für menschliche Emotionen und eine feine Sprache. Ihr gelingt es, ihre Charaktere authentisch und mit ihren Schwächen darzustellen und ihre Leser dennoch nicht zu beeinflussen.