Ein richtig schöner irischer Schmöker!
Ich muss vorweg sagen dass ich dieses Buch sehr gern gelesen habe und das obwohl ich während des Lesens von Zahnschmerzen und den Folgen einer anschließenden Zahn-OP geplagt wurde – und das will was heißen. ...
Ich muss vorweg sagen dass ich dieses Buch sehr gern gelesen habe und das obwohl ich während des Lesens von Zahnschmerzen und den Folgen einer anschließenden Zahn-OP geplagt wurde – und das will was heißen. „An und für dich“ reiht sich ein in die Galerie von Liebesromanen irischer Autorinnen, die es fabelhaft verstehen Melancholie, Gefühl, einen sanften Humor und die Huldigung der irischen Landschaft zu einem süffigen Panorama zu verbinden, aus dem man als Leser nur allzu ungerne wieder auftaucht. Ich denke da an Autorinnen wie Cecilia Ahern, Marian Keyes und Maeve Binchy mit denen sich der Stil von Ella Griffin vergleichen lässt.
Es geht in diesem Roman um vier „Mittdreißiger“ in Dublin und ihr Leben: die Hauptperson Saffy und ihren Freund Greg sowie deren Freunde Connor und Jess. Saffy, die eigentlich den selbst für manche Iren unaussprechlichen gälisch-mythologischen Namen Sadbh trägt, arbeitet in einer Werbeagentur. Im Job hat sie vor 6 Jahren den attraktiven Greg kennengelernt, der mittlerweile eine kleine Berühmtheit und Darsteller in einer populären irischen Soap ist. Dass Greg ziemlich oberflächlich ist wird dem Leser sehr schnell klar, denn statt sich mit Saffy zu verloben zieht es ihn auf neuen Karrierewegen nach Amerika. Saffys Gedanken und Gefühle auch nur annähernd zu verstehen – dafür ist er nicht der richtige Mann und man fragt sich, warum sie so lang zusammen geblieben sind.
Die Beschreibung Gregs hat mich manchmal an den ebenfalls irischen „Märchenprinz“ von Marian Keyes erinnert: außen hui, innen, naja, grenzwertig. Dennoch: irgendwie hat er einen halbwegs guten Kern und eine manchmal geradezu liebenswerte Naivität an sich. Das ist wohl auch der Grund warum sein langjähriger Freund Connor, der so ganz anders ist, immer noch mit ihm befreundet ist. Die Freundschaft wird durch verschiedene Ereignisse im Lauf des Buches auf mehrere harte Proben gestellt. Connor hat neben denen von Greg auch noch eigene Probleme: die achtjährige Beziehung zu seiner Freundin Jess, die wiederum Saffys beste Freundin ist, ist nicht mehr so innig wie sie mal war seit er angefangen hat einen Roman zu schreiben. An der Schule, an der er unterrichtet läuft es suboptimal und der Hamster seiner Kinder hat nichts als ein paar mit Marmelade verklebte Haare an einem Briefumschlag hinterlassen. Connor und Jess‘ achtjährige Zwillinge Luke und Lizzie sowie der Hamster Brendan sind liebenswerte Nebenfiguren, die der Handlung eine familiäre Realität verleihen. Aber zurück zu Saffy. Sie ist das uneheliche Kind ihrer Mutter Jill mit einem verheirateten Mann, der sie beide verlassen hat als sie zwei war, um zurück zu seiner Frau zu gehen. An dieser Tatsache hat Saffy noch heute zu knabbern und sie zieht sich leitmotivisch durch den Roman: was verheimlicht ihre Mutter? Wie ist es um ihre eigenen Beziehungen zu Männern bestellt oder ist sie gar Beziehungsunfähig? Sind eigene Kinder vielleicht doch gar nicht so eine schlimme Vorstellung? Und wo kriegt man so schnell einen Engel her, wenn man mal einen für eine Werbekampagne – oder evtl. für sein Leben – braucht?
An dem Buch mochte ich so vieles. Die Karikatur der sich selbst viel zu ernst nehmenden und selbstbeweihräuchernden Werbebranche und die Postersprüche an Ants Tür haben mir den ein oder anderen Lacher hervorgelockt. Auch das Themen „zerbrochene Familie“ und „alleinerziehend“ werden einfühlsam angefasst, man hat nie das Gefühl dass etwas aufgebauscht oder übertrieben wird. Die Geschichte an sich, die abwechslungsreiche Erzählweise mit unterschiedlichen Perspektiven und der entspannte Erzählstil haben mich gefesselt. Und schließlich die irische Herzlichkeit, die aus jedem Wort zu tropfen scheint, das war schon toll. Ich kann das Buch also allen empfehlen die eine gute Prise von der Tragikomik des Lebens zu schätzen wissen – und ein Ende, das vielleicht nicht perfekt, aber lebensecht und für den Leser befriedigend ist.
Natürlich ist der Roman literarisch nicht sehr anspruchsvoll und manche Figuren (Greg, leider auch Saffy) sind etwas eindimensional gezeichnet, also bekommt es auch keine fünf Sterne. Aber für Unterhaltungsfaktor, den Schmökerkoeffizienten und das „Ich-will-nicht-dass-es-endet“-Gefühl gibt es satte 4. Außerdem hat es mich hervorragend von meinem Zahnweh abgelenkt, also eine 4 plus!