Liebe Daffy,
erinnerst du dich noch daran, wie wir in der Buchhandlung standen und das Buch Royal Hearts gesehen haben? Das klang mit dem Untertitel Wie ich mich in den Prinzen von England verliebte so schön nach Prinzessinnenbuch in Großbritannien, dass es gar nicht anders konnte, als von uns gesehen zu werden. Im amerikanischen Original wurde das Buch mit dem Titel The Heir and the Spare 2016 veröffentlicht. Man kann dabei an Zufälle glauben, Royal Hearts sei zufällig im April 2018, kurz vor der Hochzeit von Prince Harry und Meghan auf den deutschen Markt (Übersetzung: Anja Hansen-Schmidt und Wolfram Ströle) gekommen.
Aber ist dieses Buch nun wirklich eine Art Fanfiction über besagten Prinzen? Die amerikanische Autorin Emily Albright verrät auf ihrer Homepage (Quelle: https://www.authoremilyalbright.com/qa), sie sei auf die Idee zum Buch durch die Hochzeit von Prince William und Kate Middleton gekommen und habe daraufhin überlegt, wie es Prince Harry in ähnlicher Situation ergehen könnte.
Entstanden ist eine Geschichte rund um die amerikanische Kunstgeschichtsstudentin Evangeline 'Evie' Gray, die einen Platz in Oxford bekommen hat. Warum Oxford? Ihre Eltern hatten sich damals in England kennen und lieben gelernt, bevor die gebürtige Britin ihrem Mann in die USA folgte. Nun wandelt Evie also auf den Spuren ihrer Mutter, die schon seit einigen Jahren verstorben ist. Wie in dem Buch P.S. Ich liebe dich hat die Mutter Briefe vor ihrem Tod verfasst, die Evie nach und nach zugestellt werden. Diese beinhalten eine kleine Abenteuerreise, um ein Familienrätsel zu lösen. Soweit die Rahmengeschichte um die Protagonistin Evie. Wahrscheinlich fragst du dich, wann ich endlich zu dem Punkt mit dem Prinzen komme? Jetzt.
Evie lernt ein Mädchen kennen, das sie zu einem Treffen mit in ihrer Freundesgruppe einlädt. Zu dieser Freundesgruppe gehört auch Edmund – wie du dir denken kannst, ja, das ist der Prinz. Allerdings weiß Evie das noch nicht. Offensichtlich hat sie eine britische Mutter und lebt im technisierten 21. Jahrhundert, hat sich aber nicht mit der Königsfamilie des Landes befasst, in welches sie gerade gezogen ist. Evie ist auf Seite 18 jedenfalls vom Fleck weg verliebt und entwickelt prompt Eifersüchteleien, als ein anderes Mädchen mit Edmund spricht, den sie nun schon eine Buchseite lang kennt.
Gelungen ist der Autorin, die Freundesgruppe als einen Haufen sympathischer Studenten darzustellen, die alle so ihre Wiedererkennungsmerkmale haben und Evie herzlich aufnehmen. Den Fokus legt Emily Albright jedoch deutlich spürbar auf Evie und Edmund. Der deutsche Titel verrät es einem ja schon, doch auch sonst hat der Leser schnell die Fäden gesponnen und wartet nur darauf, dass sich Evie ihrer Gefühle für Edmund bewusst wird.
Ich kann nicht abstreiten, dass Royal Hearts mich in einem Lesefluss gehalten hat und ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe. Die 349 Seiten fügten sich zu einem jugendlichen Wohlfühlbuch. Es gab einige Momente, die mich haben stutzen lassen. Zum Beispiel, als ich das Gefühl hatte, die Autorin hätte etwas besser recherchieren können. Wie eine Szene am Flughafen Paris-Charles-De-Gaulle, in der eine Situation geschildert wird, die persönlich gänzlich anders wahrgenommen wurde und von diesem Standpunkt aus, als so nicht machbar eingestuft wird. Das sind Kleinigkeiten, die den Lesefluss aber nur beeinträchtigen, wenn das eigene Wissen mit dem der Autorin kollidiert.
Wenn ich dir verraten darf, der Klappentext der deutschen Ausgabe ist irreführend. Es wird mit den Schlagworten „Königlich, knisternd, herzzerreißend romantisch“ geworben und während ich gelesen habe, habe ich dir ja schon einige Vermutungen geschrieben. Es handelt sich aber tatsächlich um ein Jugendbuch nicht New Adult, was ich bei einigen Andeutungen von Evie zuerst vermutet hatte. Es ist aber ein völlig jugendfreies Buch. Dennoch kann ich die Altersempfehlung nicht eindeutig bestimmen. Empfohlen wird es ab 14 Jahren. Ich denke, das ist auch das richtige Alter, wenn es rein um den Schreibstil und die Aufmachung der Szenen geht. Doch kann sich eine 14-jährige Leserin mit einer Studentin und dem Studienalltag, der durchaus beschrieben wird, identifizieren?
Wie steht es überhaupt mit dem Schreibstil wirst du dich langsam fragen. Dazu habe ich bisher nicht allzu viel gesagt. Wie du dir denken kannst, gehe ich von der Übersetzung aus. Aber die Satzlänge wird wohl nicht groß variieren. Emily Albright schreibt kurze Sätze, die sich flüssig zu einem Ganzen in nicht allzu langen Kapiteln fügen. Wirklich störend ist die Art, Evies Gedanken darzustellen. Das Buch ist in der ersten Person geschrieben und somit eindeutig, dass wir alles durch Evies Augen sehen. Es werden jedoch noch extra Gedanken hervorgehoben, plakativ geschrieben und optisch kursiv gesetzt. Man fühlt sich wie mit dem Holzhammer bedroht. Das hätte schöner eingeflochten werden können.
Durch diese teilweise ungeschickt platzierten Gedanken, hat man als Leser, wie bereits geschrieben, sehr schnell raus, wohin die Reise mit Evie und Edmund führen wird. Aber auch das groß im Klappentext angekündigte Familiengeheimnis war mir persönlich im ersten Hinweisbrief der Mutter klar und hat die Spannung dadurch nicht erst entstehen lassen. Ungeübten Lesern mag es damit anders ergehen. Wer sich nicht direkt beim Blick auf das Buch spoilern lassen möchte, sollte sich das englische Cover nicht angucken. Hier wird das Geheimnis sogar verraten.
Nichtsdestotrotz lässt sich mit Royal Hearts ein grauer Nachmittag bei einer Tasse Tee wunderbar verbringen und in diese fiktive britische Adelsschicht eintauchen.
Prinzessinnengrüße,
Daisy