Cover-Bild Der Gang vor die Hunde
22,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Atrium Verlag AG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 01.01.2013
  • ISBN: 9783855353910
Erich Kästner

Der Gang vor die Hunde

Sven Hanuschek (Herausgeber)

Fabian ist Erich Kästners Meisterwerk. Doch der Roman wurde vor seinem Erscheinen verändert und gekürzt. Jetzt liegt er zum ersten Mal so vor, wie ihn Kästner geschrieben und gemeint hat – unter dem Titel, den Kästner ursprünglich vorgesehen hatte: Der Gang vor die Hunde. 1931 lieferte Erich Kästner seinem Verlag ein Manuskript mit dem Titel Der Gang vor die Hunde: die Geschichte des arbeitslosen Germanisten Jakob Fabian, der durch das überhitzte Berlin der späten zwanziger Jahre streift, eine Stadt, die sich politisch und erotisch im Ausnahmezustand befindet. Der junge Kästner, der freche Shootingstar der Berliner Literatur-Szene, hatte in seinem ersten Roman alle Register gezogen. Das machte seinen Roman für den Verlag zu einem Sprengsatz, den das Lektorat mit spitzen Fingern entschärfte und der dann – entgegen Kästners ursprünglicher Intention – unter dem Titel Fabian erschien. Noch in der verharmlosten Fassung galt das Buch vielen als dekadent und obszön. Kästner selbst sagte dazu: 'Dieses Buch ist nichts für Konfirmanden, ganz gleich, wie alt sie sind.' Vom Kästner-Experten Sven Hanuschek Wort für Wort rekonstruiert und mit einem umfassenden Nachwort versehen, bietet Der Gang vor die Hunde nicht nur einen faszinierenden Einblick in die Werkstatt eines der größten deutschen Autoren, sondern auch ein Leseerlebnis, das seinesgleichen sucht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.01.2017

Ein Meisterwerk

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Als Dresdner ist einem Erich Kästner ein Begriff – seine Jugendbücher kennt jeder und ich hatte auch schon gehört, dass seine Werke der Bücherverbrennung der Nazis zum Opfer fielen.

Ein „Erwachsenenbuch“ ...

Als Dresdner ist einem Erich Kästner ein Begriff – seine Jugendbücher kennt jeder und ich hatte auch schon gehört, dass seine Werke der Bücherverbrennung der Nazis zum Opfer fielen.

Ein „Erwachsenenbuch“ von ihm zu lesen, war ein besonderer Reiz für mich. Als ich in einer Berliner Buchhandlung den Klappentext von „Der Gang vor die Hunde“ gelesen hatte, wusste ich, dass ich dieses Buch lesen wollte. Zum Glück habe ich es dann von Karin (ebenso Rezensentin bei Katjas Bücher und Rezepte) geschenkt bekommen.

Nach einigen Seiten fing ich auf einmal an, mir Notizen zu machen, sehr viele Notizen. Inhalt, Sprache und Form haben mich fasziniert und so ist diesmal nicht nur eine Rezension, sondern irgendwie eine Buchanalyse entstanden.

Die Kurzfassung vorab, da die Analyse zahlreiche Spoiler enthalten wird:

Die gelungene Darstellung einer Epoche und der Protagonisten die in einer Zeit von Unsicherheit, Wandel, Verzweiflung und moralischem Verfall ihren Weg suchen, ist schlicht fesselnd. Dr. Jacob Fabian („Fabian“ war der Titel des ursprünglich erschienenen, zensierten Buches) wohnt in Berlin, arbeitet als Propagandist – heute würde man irgendwas Werbetexter sagen – hat interessante Freunde, trifft absurde Leute und kreist am Randes eines Molochs. Das Berlin der späten 20er Jahre ist ein modernes Sodom und Gomorrha, vom den Entbehrungen seit Ende des (ersten) Weltkrieges gezeichnet, bildeten sich Elend, Kriminalität und Perversionen heraus, die Kästner mit den gleichmütigen Augen Fabians sehen lässt.

Mit einer Mischung aus Faszination und Gleichgültigkeit nimmt Fabian dies alles hin und behält immer eine gewisse Distanz. Durch sie taucht er nie wirklich ein, kann überlegen die Dinge mit Abstand, vor allem aber mit Ironie beobachten.

Doch die Geschichte beginnt zu Wanken und dieses Wanken lässt dem Moralisten keine Wahl – er muss in dieses Leben eintauchen. Man erlebt die Wandlung vom gleichgültigen Pessimisten zum verletzbaren Optimisten.

Die brillante Schreibweise von Kästner sagt in wenigen Worten mehr, als viele es in dutzenden Seiten ausdrücken können. Gekonnt fängt er dein Zeitgeist ein, die Gesellschaftlichen Nöte, Zwänge und Probleme. Er beschreibt das Vakuum, welches einige Jahre vor Machtergreifung der Nazis herrschte, ebenso wie den Verfall der Sitten in einer Gesellschaft, die die Moral dem Geld unterordnet, weil Arbeitslosigkeit und Machtmissbrauch sie zerreißen. Er ahnte mit diesem Werk den Aufstieg einer radikalen Macht voraus, benannte sie und musste doch stummer Zuschauer bleiben. Man kann sagen, dass er dem Buch teils autobiografischen Charakter gab.

Kurz gesagt handelt dieses Buch vom gesellschaftlichen Nährboden dessen, was das Dritte Reich zur Folge hatte.

Die Fülle an Symbolen, an Beschreibungen und Fakten packt Kästner in weniger als 250 Seiten. Anhänge, wie z.B. das originale Nachwort, vervollständigen ein Werk, dessen Tiefe mich begeistert und doch erschrocken hat. Wenn man Kästners Blick auf die Gesellschaft 1931 kennt, dann weiß man wie unausweichlich der folgende Untergang der Weimarer Republik war. Wohl gemerkt aber, weil die Vernünftigen nicht eingegriffen haben.

Ich kann diesem Buch nicht weniger als volle 5 Punkte geben. Alles andere wäre diesem Meisterwerk nicht gerecht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Geschichte, die auch Reich-Ranicki gefiel

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Von Erich Kästner´s "Gang vor die Hunde" habe ich in Marcel Reich-Ranicki´s Autobiographie "Mein Leben" gelesen, allerdings von der stark zensierten Variante "Fabian". Das Buch erzählt die Geschichte des ...

Von Erich Kästner´s "Gang vor die Hunde" habe ich in Marcel Reich-Ranicki´s Autobiographie "Mein Leben" gelesen, allerdings von der stark zensierten Variante "Fabian". Das Buch erzählt die Geschichte des Jakob Fabian, der 1928 in Berlin lebt und liebt, immer unterwegs in den Vergnügungsetablisments und sich rotzfrech durchs Leben propagiert. Ich kicherte mich durch die ersten Kapitel, doch bald schlägt das Buch einen ernsteren Ton an. Fabian verliebt sich das erste Mal in eine Frau, während sein Freund Labude gerade an seiner gescheiterten Liebesbeziehung verzweifelt. Dann wendet sich das Blatt und Fabian verliert seine Anstellung als Propagandist. Fabians erste Liebe zieht ihm eine Rolle im Filmgeschäft vor und fängt ein Verhältnis mit ihrem (nennen wir ihn) Manager an, damit ihrer Karriere nichts mehr im Wege steht. Kurz darauf begeht Fabians Freund Labude Selbstmord, weil ein intriganter Neider ihm vorlügt, dass der Herr Geheimrat seine Habilitationsarbeit verrissen hat, an der er fünf Jahre gearbeitet hat und dies das letzte war, worin er noch Vertrauen hatte. Diese drei Schicksalsschläge lassen Fabian schließlich in seinen einstigen Heimatort flüchten und als er sich dann endlich fängt und neue Lebenspläne schmiedet, ertrinkt er bei der Rettung eines kleinen Jungen im Fluss.
Anfangs hat man das Gefühl, schwer in die Geschichte einsteigen zu können, was sich aber bei Zeiten wieder gibt. Kästner gelingt es, einen interessanten Einblick in den Berliner Alltag nach dem Schwarzen Freitag 1928 zu geben, in Nöte und Ängste der Berliner Bürger und dem Verlangen, die schlimmen Ereignisse mittels Vergnügungssucht zu vergessen. Ein wirklich lesenswertes Buch. Das hat im Übrigen auch Marcel Reich-Ranicki so gesehen.