Journalist Florian Klenk und Gerichtsmediziner Dr. Christian Reiter kennen einander schon sehr lange. Gemeinsam betreiben sie seit längerer Zeit einen Podcast, den ich persönlich noch (?) nicht kenne. Das Buch macht Lust, den Podcast zu hören.
Worum geht’s?
Um nicht mehr oder weniger, als um die Arbeit eines Gerichtsmediziners, der nicht nur nach der Todesursache forscht sondern auch Gerichtsgutachten abgibt, wenn es darum geht, Gewaltopfern vor Gericht Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, was oft ander mangelnden Dokumentation durch nur unzureichend geschultes Personal in Polizeidienststellen und Notaufnahmen sehr schwierig ist. Hier beklagt Dr. Reiter, dass aus Einsparungsgründen nur mehr wenige Autopsien vorgenommen werden, was zur Folge hat, dass der eine oder andere nicht natürliche Todesfall unentdeckt bleibt. So wie es beinahe bei einem seiner spektakulären Fällen gewesen wäre: Elfriede Blauensteiner, die ihre betagten Opfer mittels Medikamenten sediert und dann Kälte ausgesetzt hat, so dass der Eindruck eines Todes an Lungenentzündung entstanden ist.
Daneben erfahren wir einiges über historische Kriminalfälle, gestohlene Köpfe und besuchen Dr. Reiter sowohl in öffentlichen als auch in seinem privaten Museen.
Natürlich darf auch der Werdegang des Doyen der Gerichtsmedizin Österreichs nicht fehlen. Wie er selbst launig erzählt, wollte seine Mutter nicht, dass er Veterinärmedizin studiert, denn „die Landtierärzte saufen alle“. So gesehen ein Glück für die Gerichtsmedizin.
Ein traumatisches Erlebnis ist für ihn die Arbeit in Bangkok, wo Reiter bei der Identifizierung jener Menschen, die beim Absturz der LaudaAir Maschine ums Leben gekommen sind, hilft. Die Selektion in nichtasiatische und asiatische Opfer (schwarzhaarig oder nicht) führt dazu, dass zahlreiche Tote nicht identifiziert werden und ein einem Massengrab bestattet werden. Auch das Abnehmen von Zahnabdrücken bleibt nur nichtasiatischen Opfern vorbehalten.
Dr. Reiter macht hier ganz profan auf die Schwierigkeiten der Hinterbliebenen aufmerksam, die nicht sicher sein können, dass ein Angehöriger wirklich tot und identifiziert ist.
Meine Meinung:
Das Buch ist sehr gut gegliedert, wenn auch nicht unbedingt chronologisch. An manchen Stellen wirkt es wie eine zwanglose Plauderei aus dem Nähkästchen, was wohl dem Format Podcast geschuldet ist. Das hat mir gut gefallen, denn so kann der Laie die Arbeit eines Gerichtsmediziners leichter verstehen und auch annehmen. Viele Angehörige wollen ja, warum auch immer, nicht, dass ihre toten Lieben aufgeschnitten und untersucht werden. Florian Klenk versteht es, die Informationen gut verständlich und ohne Voyeurismus, der manchen seiner Journalistenkollegen zu eigen ist, darzulegen.
Zahlreiche eingestreute Anekdoten über bekannte historische Todesfälle ergänzen das Buch. So bringt Reiter den Nachweis, dass einzelne Haare, die man Beethoven zuschreibt, doch nicht dessen Kopf geziert haben.
Sehr gut hat mir der Ausflug in die Medizingeschichte gefallen. Schmunzeln musste ich über das Kapitel „Herr der Fliegen“.
Ich hätte mir ein wenig mehr über die Arbeit und technische Details zur Ursachenforschung gewünscht. Aber das ist Meckern auf höchstem Niveau.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem Buch, das eine gute Mischung aus Medizingeschichte, Biografie sowie der Arbeit eines Gerichtsmediziners ist, 5 Sterne.