Treffend, pointiert und herrlich amüsant - Pott at its best
"Radio Heimat" hat mich schon auf der ersten Seite zum Lachen gebracht, was durchaus eine beeindruckende Leistung ist. Auch sonst habe ich im ersten Teil ziemlich oft laut gelacht und mich über viele Geschichten ...
"Radio Heimat" hat mich schon auf der ersten Seite zum Lachen gebracht, was durchaus eine beeindruckende Leistung ist. Auch sonst habe ich im ersten Teil ziemlich oft laut gelacht und mich über viele Geschichten in diesem Buch sehr gut amüsiert.
Frank Goosen fängt den Pott einfach hervorragend ein. Er erzählt zu Beginn Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend, von Omma und Oppa, Onkel Josef und Tante Henni und anderen Verwandten. Manche begegnen uns immer wieder, gerade Omma und Oppa begleiten uns durch eine Großteil des Buches und das ist gut so, denn über die beiden hätte ich noch viel mehr lesen können. Es passiert nichts Außergewöhnliches, es ist das ganz normale Ruhrpottleben der 60er - (etwa) 80er. Osterbesuche, Frühschoppen, Spaziergänge usw. Aber eben im Pott und das bekommt schon durch die herrlichen Dialoge im Dialekt so herrlich durch. Ich konnte es geradezu in meinem geistigen Ohr hören. Diese Dialoge alleine sind großes Kino. Aber auch sonst fließt gelungenes Lokalkolorit ein. Man spürt den Pott, seine Menschen und seine Eigenheiten. Wenn Frank Goosen der erste in der Familie ist, der studiert, der von den bodenständigen Wurzeln und "vonne Alleestraße" weg geht, sind die Reaktionen seiner Familie und seines Umfeldes herrlich geschildert. Pointiert, aber nie verletzend, wird uns hier viel nahegebracht und man sieht alles direkt vor sich.
Zwischendurch schwächeln die Geschichten für meinen Geschmack. Da haben wir dann Teenagerallerlei - trinken, Band gründen, Parties feiern. Da kommt das Spezielle des Ruhrpotts gar nicht mehr durch, das sind beliebige Teenagergeschichten, die es überall und jederzeit gibt. Auch einige satirisch überzeichnete Geschichten passen nicht so richtig in das Buch, denn auch hier geht es nicht wirklich um den Pott und seine Lebensart und es ist eben zu übertrieben. Das würde in einen Band mit allgemeinen Satiren passen, nicht aber in diese "Geschichten von zuhause". Auch gibt es einige leider ziemlich nichtssagende Geschichten. Das Buch fing fulminant an, fiel dann doch ziemlich ab und erholte sich ein wenig, bot einen leicht ruckeligen (passend zum eigensinnigen Ford Taunus des Autors) Schlußteil. Am besten ist Frank Goosen meiner Ansicht nach, wenn er im familiären Umwelt bleibt und mit deftigem Pottbezug vom alltäglichen Wahnsinn berichtet. Der Schreibstil ist durchweg erfreulich, unterhaltsam, treffend.
Unterhaltsam und empfehlenswert ist das Buch allemal und echtes Pottgefühl bekommt man hier absolut. Leseempfehlung für alle, die sich immer noch wundern, daß es im Pott "so viel Grün" gibt und für die, die den Pott kennen und ihn hier herrlich wiederfinden.