Hartes Los der Frauen im 18./19. Jahrhundert
Dieser historische Roman stammt ursprünglich aus der Feder von Maria Buol, die ihn vor rund 100 Jahren geschrieben hat. Georg H. Knoflach, Nachfahre der Ursula Knoflach hat diese Familiengeschichte behutsam ...
Dieser historische Roman stammt ursprünglich aus der Feder von Maria Buol, die ihn vor rund 100 Jahren geschrieben hat. Georg H. Knoflach, Nachfahre der Ursula Knoflach hat diese Familiengeschichte behutsam modernisiert.
Mit dieser Familiengeschichte tauchen wir ins 18. Jahrhundert ein. Schauplatz ist das Wipptal in Tirol. Wir begleiten die kleine Ursula, lange Zeit „Urschel“ genannt, auf ihrem harten Lebensweg. Bereits als 10-jährige wird sie, die älteste Tochter eines armen Bauern „in den Dienst“ geschickt. Eine damals übliche Vorgehensweise um einen Esser loszusein und gleichzeitig einen Zusatzverdienst zu haben. Glücklicherweise sind Urschels Dienstherren keine Tyrannen, die sie quälen und schlagen. Auch vor sexuellen Übergriffen bleiben ihr erspart, was leider damals nicht selbstverständlich war. Als sie den Johann Knoflach, Sohn den Sohn des Gamswirts heiratet, scheint es das Schicksal nicht ganz so gut mit ihr meinen, denn Johann hat seine Urschel gegen den Willen des Vaters geheiratet....
Meine Meinung:
Mit hat dieser biografische Roman sehr gut gefallen. Es dokumentiert anschaulich das Leben der Frauen in der Zeit des Spätbarocks und der Aufklärung. Die strengen Regeln der Katholischen Kirche, zusammengefasst und den „3 K“ (Kirche, Küche & Kinder) bestimmen den Alltag der Frauen. Die Männer haben es zu jener Zeit ein wenig leichter, sind aber ebenfalls der Religion und den Traditionen verpflichtet. Die Stände heiraten fast immer unter sich: Bauern Bauerntöchter und Bürgerliche ihresgleichen. Damit soll der Besitzstand gewahrt bleiben. So gesehen, ist die Ehe zwischen der Kleinbauerntochter Ursula und dem Gasthofsohn, dessen Vorfahren nach der Türkenbelagerung 1683 nobilitiert wurden, ein ordentlicher Tabubruch. Ursula hat kein Vermögen. Das bekommt sie durch die Launen ihres Schwiegervaters zu spüren. Allerdings scheint der Gasthof, der in Matrei am Brenner (also auf der Nord-Süd-Verbindung) liegt, zu florieren. Erst die Napoleonischen Kriege u.a. von 1809, die Einquartierung von Verwundeten im Bürgerspital und der Tod ihres Mannes, lassen die Gäste weniger werden. Der Niedergang des Gamswirts scheint damit zu beginnen.
Hier muss ich ein wenig Kritik üben: Dem Klappentext entsprechend, habe ich mehr Informationen über Truppenbewegungen und/oder das Auftreten von Andreas Hofer erwartet.
„Zudem künden Leid und Elend der durchziehenden Soldaten von der Tragödie der nahen Koalitionskriege. Darauf hin rüsten sich die Tiroler zum Freiheitskampf gegen die Eindringlinge.“
Diese kriegerische Zeit wird leider nicht so ausführlich behandelt wie die Kindheit von Ursula, die doch recht detailliert beschrieben wird. Das liegt aber vielleicht daran, dass Maria Buol ihre persönliche und weibliche Sicht auf diese Jahre hat. Hier hätte ich mir, weil die ursprüngliche Fassung des Romanes ja nur unwesentlich verändert worden ist, entweder einen anderen Klappentext oder eine Erläuterung gewünscht. Aber, das ist wohl meine persönliche Ansicht.
Gut gefällt mir, dass der Text nur sehr behutsam modernisiert worden ist. Einige antiquierte Begriffe sind mittels Fußnoten erklärt. Sowohl die Dialektpassagen als auch der antiquierte Schreibstil passen sehr gut.
Insgesamt ist die Aufbereitung in sich stimmig. Dazu passt auch das Cover in diesem Farbton mit dem Porträt der Ursula Knoflach als Medaillon und dem Titel in Frakturschrift.
Fazit:
Ein historischer Familienroman, der das schwere Leben der Frauen im 18./19. Jahrhundert authentisch darstellt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.