Abermals zuckersüß, spritzig und herrlich selbstironisch!
Handlung: Nachdem mir "Das Rosie-Projekt" und "Der Rosie Effekt" von Graeme Simsion so gut gefallen haben, musste ich natürlich auch den dritten und letzten Teil der Geschichte rund um Rosie und Don lesen. ...
Handlung: Nachdem mir "Das Rosie-Projekt" und "Der Rosie Effekt" von Graeme Simsion so gut gefallen haben, musste ich natürlich auch den dritten und letzten Teil der Geschichte rund um Rosie und Don lesen. "Das Rosie Resultat" spielt nun elf Jahre nach dem zweiten Buch und setzt sich zum ersten Mal inhaltlich wirklich mit dem Thema Autismus Spektrum und Diagnose auseinander. Das Thema war natürlich zwischen den Zeilen schon die gesamte Reihe über präsent, wurde aber nie aktiv angesprochen und diskutiert. Durch Hudsons Probleme in der Schule wird nun jedoch auch Don dazu gezwungen, sich mit der Möglichkeit einer Diagnose auseinanderzusetzen und bringt dabei die Vorteile und Nachteile einer solchen Einordnung in unserer Gesellschaft auf den Tisch. Für mich als angehende Psychologin war das natürlich besonders spannend, vor allem da der Autor dieses Thema mal wieder mit dem nötigen Fingerspitzengefühl, aber auch mit viel Humor angeht. Ansonsten ist die Handlung hier etwas dünner als in den vorherigen Bänden und beschränkt sich vor allem auf das Alltagsleben der jungen Familie und deren spezielle Art, Probleme zu lösen. Langweilig wird es allerdings dennoch nie und durch die liebenswerte und originelle Erzählung hat man wieder viel zu lachen.
Schreibstil: Das liegt vor allem am Schreibstil des Autors. Graeme Simsion schreibt hier abermals zuckersüß, spritzig und herrlich selbstironisch aus der Sicht unseres besonderen Protagonisten Don, dessen andere Konfiguration seines Gehirns (so drückt er seine Normabweichung aus, die zu diversen gesellschaftlichen Fehlern im zwischenmenschlichen Umgang führt, ihm jedoch auch unfassbare Fähigkeiten verleiht) dem Leser die ein oder andere absurde Situation beschert. Zwar gibt es hier deutlich weniger der flippigen Don-Zwischenfälle, die Band 1 und 2 geprägt haben, die angesprochenen Themen werden aber dennoch mit viel Humor genommen. Nach ernsteren Themen wie Beziehungsproblemen, Drogenabhängigkeit und Schwangerschaftsdepressionen und elterliche Verantwortung in Band 2 geht es hier vor allem um Familie, Toleranz gegenüber Andersartigkeit und Freundschaften, aber auch Themen wie häusliche Gewalt, Vorurteile und Diskriminierung werden angeschnitten. Damit gelingt dem Autor den Spagat aus unterhaltsamem Wohlfühlbuch und ein wenig Inhalt zum Nachdenken wieder ganz wunderbar!
Figuren: Abermals sehr gut gefallen hat mir die Hauptfigur Don. Mit seiner analytischen Denkweise, seinen oftmals fruchtlosen Anstrengungen, als normal zu erscheinen und seinen nüchternen, staubtrockenen Kommentaren muss man den alles andere als durchschnittlichen Genetiker einfach gernhaben. Mit den Problemen bei Kommunikation, Berührungen und Zwischenmenschlichem in Kombination mit einem sehr hohen IQ und Bedürfnis nach Struktur wird schnell klar, dass Graeme Simsion hier auf das autistische Spektrum abzielt. Statt jedoch nur eine Karikatur einer Diagnose abzuliefern hat der Autor es geschafft, ihn sehr feinfühlig und komplex zu zeichnen, sodass wir ihn in all seiner Genialität und Unbeholfenheit lieben lernen und viele Eigenschaften von ihm auch in uns entdecken. Mir gefällt sehr gut, dass er deutlich macht, dass es sich bei Autismus mehr um ein Spektrum als eine Kategorie handelt und dass nicht unbedingt ein Leidensdruck vorhanden sein muss. Noch mehr hat mich gefreut, dass Don hier über sich hinauswächst und in den elf Jahren, die zwischen dem Vorgängerbuch und dem Finale vergangen sind, sichtlich gereift ist. Ebenso sein Gegenpart Rosie. Während sie in Band 1 noch sehr blass blieb, bekommt sie hier deutlich mehr Profil und ist als Charakter deutlich gewachsen. Ich lasse die Reihe also nur äußerst ungern hinter mir und würde gerne das Leben der Tillmans weiterhin verfolgen.
Das Zitat:
"Neurotypische kritisierten Autisten wegen ihres Mangels an Empathie - ihnen gegenüber -, gaben sich aber selten Mühe mit ihrer Empathie gegenüber autistischen Menschen."
Das Urteil:
"Der Rosie-Resultat" ist etwas handlungsärmer und weniger humorvoll als seine Vorgängerromane. Das macht diesen Abschlussband aber keinesfalls schlechter. Im Gegenteil: Dafür wachsen hier die Figuren über sich hinaus und die dünnere Handlung lässt Raum für eine tolle Auseinandersetzung mit Themen wie Autismus, Anderssein, Toleranz und Freundschaft.