Interessanter, humoriger Ausflug ins Krimigenre- allerdings ist noch Luft nach oben gegeben
Die beiden Brüder Holger und Charlie Brinks, könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Holger schon als Kind ziemlich pedantisch und kleinkariert durchs Leben ging, nahm Leichtfuß Charlie das Leben ...
Die beiden Brüder Holger und Charlie Brinks, könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Holger schon als Kind ziemlich pedantisch und kleinkariert durchs Leben ging, nahm Leichtfuß Charlie das Leben nie allzu schwer. Mittlerweile ist Holger die Karriereleiter hinaufgestiegen und Kommissar bei der Mordkommission. Mit seiner Frau Sandra, einer Journalistin, hat er einen Sohn im Teenageralter und lebt mit ihnen im beschaulichen Haus seiner Eltern. Charlie wurde einst ausbezahlt, das versteht sich von selbst.
Doch das hält Privatschnüffler Charlie nicht davon ab, in jedweder Lebenskrise seinen Bruder Holger zu nerven und die Hand aufzuhalten. Und Lebenskrisen gibt es in Charlies Leben zu genüge. Sein einziges Leben ist nämlich eine wandelnde Vollkatastrophe, weil Charlie einfach ein Händchen dafür hat, sich immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen. Nachdem seine letzte Freundin ihm den Laufpass gegeben hat, weil sie keine Beziehung mit einem unreifen Mann führen wollte, steht Charlie von heute auf morgen auf der Straße. Da es ihm in seinem Gran Torino auf Dauer etwas beengt und unbequem ist und es auch finanziell nicht gerade gut um ihn bestellt ist, beschließt er, wieder einmal seinen Bruder Holger um Hilfe zu bitten. Der jedoch ist äußerst genervt, als Charlie vor ihm steht, denn dieser hat für seine Verhältnisse lange nichts mehr von sich hören lassen und es sogar versäumt, seinem Neffen zum Geburtstag zu gratulieren. Nur Sandras Einmischung ist es zu verdanken, dass Charlie zugebilligt wird, für ein paar Tage im Gartenhaus übernachten zu dürfen.
Doch der Zufall spielt Charlie in die Hände- er stibitzt sichergestelltes Kokain aus einem Mordfall, direkt an der Quelle- aus Holgers Büro nämlich und das kommt ihm und einem seiner Zehen teuer zu stehen, denn plötzlich wird die kriminelle Unterwelt auf Charlie aufmerksam und er wird vom Drogenboss Bobby höchstpersönlich und mit Nachdruck engagiert, den Mordfall an einem ehemaligen Geschäftspartner aufzuklären. Obwohl Charlie eigentlich am liebsten das Weite suchen und seinen lädierten Zeh kühlen möchte, muss er sich nun mit einem Fall herumschlagen, der undurchsichtiger nicht sein könnte. Warum nur wollte jemand Bobbys Geschäftspartner aus dem Wege räumen und was haben die Autodiebe und Verschieber Lolek und Bolek damit zu tun? Charlie tappt genauso wie sein Bruder Holger lange Zeit im Dunklen. Klarer Fall, dass sich beide zusammentun müssen, um den Fall gemeinsam aufklären zu können…
Zunächst einmal liebe ich Hans Raths Einzelromane und seinen ganz speziellen, trockenen Humor, der mich dazu verlockt hat, dem Auftaktband einer neuen Reihe eine Chance zu geben. Für den ersten Teil dieser Krimiserie hat sich Hans Rath mit dem Autor Edgar Rai zusammengetan und rein vom Schreibstil her lässt sich die Story über zwei ungleiche Brüder wie immer äußerst locker, flockig an. Auch der typische Rath’sche Humor kommt hier wieder zum Tragen, doch ehrlich gesagt hatte ich dennoch so meine Probleme, richtig in die Story zu kommen, was vor allem daran lag, dass ich mit den Hauptfiguren leider nicht so warm werden konnte, wie ich es mir im Vorfeld gewünscht hätte. Zwar fand ich die Wortgeplänkel zwischen Holger und Charlie durchaus amüsant geschrieben und habe mich köstlich amüsiert, doch fehlte es beiden merklich an Tiefgang. Humor hin oder her, ich hätte mir gewünscht, dass die Autoren ihren Hauptakteuren ein wenig mehr Ecken und Kanten verliehen und dem Leser mehr Einblicke in deren Gedankenwelten zugebilligt hätten. Zumindest bei Charlie funktioniert das ab und an im Ansatz; etwa wenn er sich fragt, ob er sein Leben womöglich doch mal ändern sollte und sich Hals über Kopf in eine unbekannte, schöne Frau verliebt. Doch Holgers Eheprobleme werden leider nur nebenher abgehandelt.
Dazu kam, dass der Kriminalfall zwar durchaus verzwickt konzipiert wurde, es diesem aber so völlig an Spannungsmomenten fehlte. Somit schlich sich immer wieder beim Lesen leichte Langeweile bei mir ein und ich habe letztendlich fast drei Tage für diesen, mit seinen 320 Seiten eher kurz geratenen Roman benötigt, was bei mir sehr untypisch ist, wenn ich einen Roman von Hans Rath lese. Es würde „Bullenbrüder“ nicht gerecht werden, wenn ich ihm weniger als 3.5 von 5 Punkten verleihen würde, weil Schreibstil, Humor, Lebhaftigkeit und Idee mir an sich so gut gefallen haben, doch ich hoffe sehr, dass das Autorenduo im zweiten Band in Sachen Spannung und Tiefgang noch eine „Schüppe“ drauflegen kann.
Kurz gefasst: Interessanter, humoriger Ausflug ins Krimigenre- allerdings ist noch Luft nach oben gegeben. 3.5 von 5 Punkten.