Ein unvergleichliches Meisterwerk
Bei dieser Rezension sei gewarnt: Vorsicht, Überschwänglichkeit (denn ich bin verliebt in 1Q84).
Das hier hat nichts mit dem einfachen Entschwinden von Realität zu tun, auch nicht mit dem Vermischen mehrerer. ...
Bei dieser Rezension sei gewarnt: Vorsicht, Überschwänglichkeit (denn ich bin verliebt in 1Q84).
Das hier hat nichts mit dem einfachen Entschwinden von Realität zu tun, auch nicht mit dem Vermischen mehrerer. Und wenn man glaubt, der einen Realität zu entschwinden, weil man in den Sog einer anderen gerät, was sind die Informationen wert, die man in mühseliger Lebenszeit angehäuft hat?
Eine Liebesgeschichte über Zufall und Schicksal, über die vielen Facetten eines Urteils, über die Macht einzelner Wesen über andere. Ist unsere heimliche, intime und ganz eigene Realität womöglich ebenso real und offensichtlich wie die uns bekannte? Ich will keineswegs eine genaue Beschreibung der Handlung geben. So ist sie mit der wirklichen Unvorhersehbarkeit unseres Lebens vergleichbar.
Das beste Buch, welches ich seit langem, langem gelesen habe.
Ich glaube kaum, mit einer Bewertung diesem Werk je gerecht werden zu können. Genauso hoffe ich inständig, dass meine Überschwänglichkeit ihm nichts von seinem Zauber nehmen wird.
Längst ist Murakami kein Geheimtipp mehr. Ich schäme mich beinahe dafür, dass ich erst durch einen Wink meiner ehemaligen Deutschlehrerin auf ihn aufmerksam geworden bin.
Spätestens seit der Pilgerreise des farblosen Herrn Tazaki sollte eigentlich jeder den Autor kennen, von dem viele Stimmen bedauern, dass er den Literaturnobelpreis nicht bekommen hat.
1Q84 ist nicht nur, wie vorschnelle Zungen laut werden lassen, schlicht eine Hommage an Orwells 1984:
Es ist, als würde die Zukunftsvision aus der Vergangenheit seine Klauen verschränken mit der Vision einer parallelen Realität von der Vergangenheit - aus der Gegenwart. Und sogar der Sex, der meiner Meinung nach bei übermäßigem Vorhandensein in Romanen ein Risikofaktor ist, schafft es, unaufdringlich zu sein, nicht nach Aufmerksamkeit zu heischen, obwohl er durchaus präsent ist und die vorherrschende Atmosphäre in bestimmte Bahnen lenkt.
Alles greift irgendwie verworren ineinander über, verworren und doch mit so perfekter Zielgenauigkeit, dass man das Unbehagen eines Beobachteten fühlt.
Die Charaktere sind echt, davon bin ich überzeugt, es muss sie wirklich geben: Wie sonst könnte ich ihren Atem im Nacken spüren? Sie sind anwesend und ich lerne sie kennen, wie sie auch mich kennenzulernen scheinen.
Es geht eine düstere Faszination von den ersten beiden Teilen aus, und trotz vieler Wiederholungen werden die Augen nicht satt. Das Gehirn ebenso wenig. Und was sonst noch so eine Rolle spielt. Sicherlich auch die Nieren.
Die Erwartungen liegen nun verdammt hoch, was den dritten (und letzten) Teil betrifft. Vielleicht verderbe ich hierdurch auch vielen zukünftigen Lesern den Spaß am Roman. Das meinte ich eben mit der Überschwänglichkeit. So viel sei also gesagt: Dieses Buch ist echt mies, kauft es trotzdem.