Trotz meiner Kritikpunkte ist „Die Blüten der Freiheit“ ein empfehlenswerter historischer Roman, der aus der Masse an anderen Büchern dieses Genres hervorsticht
Im Frankreich um 1636 ist Spitze nicht nur ein absolutes Luxusgut, sondern wurde außerdem vom König höchstpersönlich verboten. Dennoch oder vielleicht genau aus diesem Grunde gieren die Reichen und Mächtigen ...
Im Frankreich um 1636 ist Spitze nicht nur ein absolutes Luxusgut, sondern wurde außerdem vom König höchstpersönlich verboten. Dennoch oder vielleicht genau aus diesem Grunde gieren die Reichen und Mächtigen im Verborgenen nach diesem edel verarbeiteten Stück Handarbeit und setzen alles daran; die Spitze illegal ins Land zu schmuggeln. Doch an der Spitze klebt viel Leid und Blut.
Leid, dass über bereits kleine junge Mädchen hereinbricht, die zwar im Kloster aufgenommen wurden, dafür aber, solange wie es ihre Kräfte und ihr Augenlicht zulassen, gezwungen werden Spitze zu klöppeln. Kleine Fehler werden mit harten Strafen geahndet und den Mädchen ist es nicht erlaubt zu sprechen. Genauso sind Kaminfeuer und Kerzenlicht bei der Arbeit verboten, wobei letzteres lediglich in den späten Stunden vor dem Schlafengehen zum Einsatz kommt. Wenn die jungen Frauen nach ca. dreißig Jahren blind und buckelig sind und nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen können, werden sie aus dem Kloster gejagt und ihrem Schicksal überlassen und enden nicht selten als Prostituierte.
Auch Katharina, bislang die beste Spitzenklöpplerin, hat den größten Teil ihres Augenlichts bereits verloren. Doch sie hat eine liebende Schwester, Heilwich, die alles daransetzt, Katharina aus dem Kloster zu holen und sie nach Hause zu bringen.
Ein weiterer Leidtragender, der stellvertretend für 40000 andere Schmugglerhunde steht, die im Zeitraum von fünfzehn Jahren bei dem Überschreiten von Grenzen ermordet und oft auf grausamste Art und Weise von ihren Besitzern misshandelt wurden, damit sie ihre Aufgabe erfüllten, ist der Hund Moncherargent, der abermals vorbeireitet wird, Spitze von Flandern nach Frankreich zu schmuggeln.
Denis, der Zollbeamte soll dies dagegen verhindern, denn sein Vorgesetzter steht kurz davor, Denis an die Front versetzen zu lassen, da er bislang keine Schmuggler ausfindig machen konnte.
Dagegen stürzte ausgerechnet ein Stück Spitze die Adlige Lisette und ihre Familie ins Unglück. Das Kind ruiniert den Stoff von einem grausamen und kalten Gast des Schlosses, der sich nun als Erpresser entpuppt. Er weiß, dass Lisettes Vater einst zu Verschwörern gehörte, die einen wichtigen Mann des Königs stürzen wollte und verlangt nun, nachdem er die Familie bereits bis auf das letzte Goldstück ausgenommen hat, dass sie ihm flandrische Spitze besorgen und nimmt Lisette als Geisel. Lisettes Verwandter, Alexandre macht sich schließlich auf nach Flandern zum Kloster, in dem Katharina an besagter Bahn Spitze arbeitet…
„Die Blüten der Freiheit“ ist ein etwas anderer historischer Roman, der sich auf gewisse Weise von üblichen Romanen dieses Genres abhebt. Die Autorin (Iris Anthony ist übrigens das Pseudonym der bislang zweifachen „Christy-Award“ Finalistin Siri Mitchell) erzählt jeweils in „Ich-Form“, immer abwechselnd, die Geschichten von Personen, die auf den ersten Blick so gar nichts gemeinsam haben. Das einzige, was sie verbindet und sie schließlich auf die unterschiedlichste Art und Weise zusammenbringt, ist die flandrische Spitze und welches Leid dieses Luxusgut über die Akteure bringt. Informativ fand ich den beschriebenen Lebensalltag der Akteure, der den Leser mitten ins Geschehen zieht und auch ausreichend historisches Flair versprüht. Es ist ein Roman der zum Nachdenken anregt, denn es liegt leider heute noch in der Natur des Menschen, andere, nicht so begünstigte Personen für den eigenen Profit auszubeuten.
Besonders unter die Haut gegangen ist mir auch das Schicksal des Hundes; zart besaitete Leser sollten hier schon mal gewarnt sein.
Trotz des eingängigen Schreibstils und der intensiven Recherche, die die Autorin im Vorfeld betrieben haben muss, konnte ich mich mit den vielen Akteuren leider nicht so anfreunden. Es gelang mir nicht, mich zu sehr auf die „guten“ Akteure zu fokussieren und sie besonders tief ins Leserherz zu schließen, da die Autorin meiner Meinung nach die Spitzenverarbeitung und ihre Folgen mehr in den Fokus stellt und dafür eine tiefere Charakterisierung ihrer Akteure vernachlässigt. Lisette, Alexandre, der Hund und Denis sind mir dazu zu glatt gestrickt. Es fehlten mir mehr Ecken und Kanten an ihnen um dem historischen Roman eine Bestbewertung zu geben.
Kurz gefasst: Trotz meiner Kritikpunkte ist „Die Blüten der Freiheit“ ein empfehlenswerter historischer Roman, der aus der Masse an anderen Büchern dieses Genres hervorsticht und schon allein wegen des immer noch aktuellen Themas viel Aufmerksamkeit der Leser verdient hat.