Winterliches Wohlfühlhörbuch
Carola (35) ist die Pastorin des Friesendoms auf Föhr. Sie liebt ihren Beruf und ganz besonders die Weihnachtszeit und dennoch fürchtet sie auch nichts so sehr wie diese, wenn alle glücklich aus der Kirche ...
Carola (35) ist die Pastorin des Friesendoms auf Föhr. Sie liebt ihren Beruf und ganz besonders die Weihnachtszeit und dennoch fürchtet sie auch nichts so sehr wie diese, wenn alle glücklich aus der Kirche zu oder mit ihren Familien strömen und auf sie nur ihr leeres Reetdachhäuschen wartet. Warum kann für sie nicht mal ein Wunder geschehen? Geht es nicht vielen anderen auch so? Wäre es nicht schön gemeinsam z.B. in der gemütlichen kleinen Buchhandlung zu feiern? Doch alle, die sie begeistert dazu einladen möchte, lehnen dankend ab! Da ruft sie überraschend der Kollege von der gegenüberliegenden Hallig an, der es nicht rechtzeitig zum Gottesdienst auf die Hallig schafft, ob sie ihn vertreten könnte? Nach der Andacht bittet sie dort der junge Organist Torin, ob sie nicht für seine sterbende Urgroßmutter, die nur noch ihrem Geburtstag an Heiligabend entgegen fiebert, ihn aber wohl nicht mehr erleben wird, jetzt eine Christmette abhalten könne. Erstaunt kommt sie seiner ungewöhnlichen Bitte nach und wird von seiner Großfamilie herzlich aufgenommen. Verblüfft stellt sie fest, wie sehr sie dieses „Weihnachtsfest“ genießt und diese Schummelei ihr kein schlechtes Gewissen bereitet. Auf der Rückfahrt übers Meer, entdeckt sie den erfolgreichen Inselmakler in Seenot und hilft bei seiner Rettung. Von nun an überschlagen sich die Ereignisse und Carola muss mehr als einmal ihrem Gewissen folgen, um die Dinge gerade zu biegen und einigen Insulanern das schönste Weihnachtsfest zu bereitet. Doch nicht nur kleine Sünden, erkennt der liebe Gott sofort...
Auch wenn Carola gerne ihre sinnliche Seite betont, ist dies ein Wohlfühlhörbuch und keine erotische Geschichte. Sie richtet sich auch eher an ein gesetzteres, reiferes Klientel. Zwar ist Carola durchaus spontan und romantisch und lässt sich auch gerne zu fragwürdigen Aktionen hinreißen, gleichzeitig ist sie aber auch bodenständig und folgt ihrem inneren Kompass. Sie ist jugendlich genug, um nicht flippig, oder als Pastorin unglaubwürdig zu sein, aber nicht bieder und dröge. Sie ist durchaus eine Pastorin, der man wünscht ihr privates Glück endlich zu finden und Weihnachten nicht mehr alleine feiern zu müssen. Wenn sie ihrem moralischem Kompass folgt, hat sich die Juristin in mir teilweise heftig gewehrt, sie findet dann aber doch noch eine sogar für diese akzeptable Lösung, die sich letztendlich auch als absolut fair herausstellt. Als sich der Betroffene schließlich mit ihren Scharaden einverstanden erklärt und sogar mitmacht, wird sogar Gott als oberster Richter an ihren Wegen nichts auszusetzen haben. Warum sollte ich mich also daran stören?
Hier darf auch die Pastorin ihre menschlichen Seiten zeigen und zwar ganz normale Wünsche und Bedürfnisse, ohne dass sie gleich in eine Schmuddelecke gestellt wird. Das gefällt mir sehr gut, ebenso wie die Andeutung des Weihnachtsgottesdienstes zur Erlösung einer sterbenden Seele. Manchmal muss man halt 5 gerade sein lassen. Aber so gut sie es auch meint, so will sich niemand von ihrer Fürsorglichkeit bevormunden lassen und sich zu ihrer Weihnachtsfeier der einsamen Herzen einladen lassen – egal wie nötig sie eine solche Einladung haben mögen. Immerhin ist es ja kein Zufall, dass zu keinem Zeitpunkt im Jahr so viele Selbstmorde versucht werden, wie an Weihnachten. Auch diese Verzweiflung greift Janne Mommsen auf, wenn auch nicht in Person von Carola, sondern von Birgit, der allein erziehenden Putzfrau der Kirche (ja, ich finde es auch ganz wunderbar, dass Birgits Beruf einfach so benannt, und nicht schöngefärbt wird, als wäre es eine Schande gegen Bezahlung sauber zu machen!). Diese hat zwar ihren Kampf ums Glück eigentlich schon aufgegeben, möchte aber dennoch Carolas Einladung nicht annehmen. Es ist wie verhext, doch sie merkt, dass sie ihre Schäfchen mit einem kleinen Kniff dann doch noch zu dem schönsten Weihnachtsfest auf der Insel verhelfen kann, dass sie alle je gefeiert haben und hoffentlich nächstes Jahr wiederholen werden. Am Ende ist wirklich alles gut, so gut, dass es wirklich das Ende sein darf!
Bei dem Tosen der Urgewalten um und auf der Insel, ist man schon sehr froh, sich im Warmen aufzuhalten. Die Besonderheiten des Lebens auf der Insel, die im Winter sehr viel leerer als im Sommer ist, kommt hier sehr gut zum Ausdruck. Ebenso wie die steigenden Immobilienpreise durch reiche Festland-Teilzeitbewohner, die der Inselbevölkerung das Leben schwer machen. Da wird die Inselatmosphäre im Winter sehr gut eingefangen.
Sabine Kaacks warme und reifere Stimme, passt sehr gut zu Carola. Würde sie jünger, flippiger klingen, würden ihre Schäfchen wohl nicht so auf Distanz gehen und sich als Bedürftige fühlen, bei ihrer Einladung. Sie klingt bodenständig und geerdet, aber jung genug, um sich nach Liebe und Geborgenheit zu sehnen. Dieses Widerstreiten zwischen der seriösen Pastorin und der jungen Frau in Carola bringt Sabine Kaacks mit ihrer lebendigen Art sehr gut zum Ausdruck.
Ein wirklich schönes Wohlfühlhörbuch, dass auch nach Weihnachten die Stimmung noch hebt.