Wie ein Schiff auf hoher See…
Ein Ende voller Schrecken, so haben die letzten Kapitel von Dark Canopy den Leser zurückgelassen. Neél und Joy als Gefangene der Rebellen, die eine verletzt, der andere furchtbarer Folter ausgesetzt. ...
Ein Ende voller Schrecken, so haben die letzten Kapitel von Dark Canopy den Leser zurückgelassen. Neél und Joy als Gefangene der Rebellen, die eine verletzt, der andere furchtbarer Folter ausgesetzt. Man hofft inständig, dass irgendetwas passiert, das die beiden rettet, ihnen doch noch das Happy End verschafft, welches sie verdient hätten.
Und Hoffnung ist es auch, was einen zusammen mit den Figuren das gesamte Buch hindurch antreibt, all die Strapazen zu überstehen, die die Autorin für ihr ungewöhnliches Paar bereithält. Und es sind bei Weitem nicht wenige.
Denn erneut haben die zwei Hauptcharaktere den übrigen die Erkenntnis voraus, dass keine Seite, weder Percents noch Menschen, komplett gut oder völlig böse ist. Die Auflösung der Grenzen zwischen Schwarz und Weiß des ersten Teils werden hier weiter auf die Spitze getrieben und man wird immer wieder gezwungen, die Entscheidungen einzelner Protagonisten zu hinterfragen und neu zu beleuchten. Dienen sie wirklich dem allgemeinen Wohl oder verfolgen sie im Stillen lediglich ihre eigenen Interessen? Besonders Matthial sticht in dieser Hinsicht besonders hervor.
So steht diesmal eher das Getriebensein im Vordergrund. Unterstützt wird das von etwas, das mir im Vergleich zu Dark Canopy negativ aufgefallen ist: Es fehlt ein roter Faden. Die Handlung hangelt sich von einem Ereignis zum nächsten, es gibt keine Fixpunkt wie das Chivvy im Vorgänger. Joy und Neél, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, reagieren bloß, fällen ihre Entscheidungen spontan in der jeweiligen Situation und wagen kaum, an die Zukunft zu denken.
Einerseits passt das sehr gut zu der Zerstörung, die die Rebellen hinterlassen haben, sowohl in Joys als auch Neéls Psyche. Andererseits stellt man sich immer öfter die unsichere und bange Frage, wo und wie alles enden soll. Über langatmige Passagen, vor allen zu Anfang, hilft zwar Jennifer Benkaus genialer Schreibstil hinweg, doch als wirklicher Spannungsträger fungiert hauptsächlich die Hoffnung. Die Hoffnung auf einen Neuanfang!
Fazit
Nach dem offenen Ende und dem grausamen Cliffhanger von Dark Canopy brannte ich regelrecht darauf zu erfahren, wie es weitergeht. Und gleichzeitig hatte ich Angst, dass ich es gar nicht wirklich wissen wollte. Beim Lesen von Dark Destiny haben sich diese widersprüchlichen Gefühle noch verstärkt, so unbarmherzig war der Realismus hinter der fantastischen Dystopie. Eine Tatsache, die mich schon am Vorgänger begeistert hat und die mich auch diesmal mitreißen konnte. Dennoch konnte sie nicht völlig darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung lediglich von einem Ereignis zum nächsten springt.
Normalerweise hätte der Roman fünf Sterne verdient, Jennifer Benkaus Sprache und ihre Welt mitsamt den eindringlichen und lebensnah gezeichneten Figuren wissen auch in Dark Destiny zu begeistern. Aber an den überragenden ersten Band kommt es leider nicht ganz heran. Trotzdem ist es ein würdiger Abschluss dieser wundervollen Dilogie.