Bei dem Buch handelt es sich um die Fortsetzung von "Chocolat" (den Film dürfte der eine oder andere kennen); um genau zu sein, ist es bereits der dritte Teil. Teil 1 war mir bekannt, und auch den Film hatte ich gesehen, daher war ich natürlich sehr neugierig, wie es wohl mit der Geschichte weitergeht, auch wenn ich zwischendrin eine "Lücke" habe.
===Aufmachung etc.===
Ich habe das Buch in der gebundenen Ausgabe. Diese hat einen sehr ansprechend gestalteten Schutzumschlag, der vom Motiv schon darauf hin deutet, wo die Geschichte sich abspielt. Optisch fällt das Buch definitiv schon mal auf - es ist halt ein richtiger Hingucker (ob es hält, was es zu versprechen scheint - dazu später mehr).
===Inhalt===
Vianne lebt inzwischen mit Roux und den beiden Töchtern Anouk und Rosette auf einem Hausboot in Paris. Acht Jahre sind inzwischen vergangen, seit sie Lansquenet verlassen hat. Plötzlich trifft ein unerwarteter Brief bei ihr ein: er stammt von ihrer inzwischen verstorbenen Freundin Armande. Wie sich herausstellt, sollte Luc ihr den Brief nach seinem 21. Geburtstag zusenden. In dem Brief bittet Armande Vianne, nach Lansquenet zurückzukehren, da der Ort sie braucht und sie dort jemandem helfen muss.
Vianne kehrt also mit den beiden Töchtern zurück nach Lansquenet, während Roux zunächst in Paris bleibt. Bei ihrer Rückkehr werden sie im Dorf freundlicher aufgenommen als bei ihrem ersten Eintreffen, auch wenn ein wenig Skepsis bei einigen geblieben ist. Vianne zieht mit den Kindern in Armandes altes Haus, welches nun Luc gehört.
Es stellt sich heraus, dass Les Marauds, ein Viertel von Lansquenet, in dem mittlerweile ausschließlich Maghrebiner leben, und Lansquenet in einen "Krieg" geraten sind. In Viannes alter Chocolaterie hatte die Maghrebinerin Ines Bencharki eine Schule für muslimische Mädchen eingerichtet - doch es wurde ein Feuer gelegt. In Verdacht steht - für beide Seiten - Père Reynaud, der Dorfpriester, denn er hatte schon länger seine Differenzen mit dem alten Mahjoubi, dem Dorfältesten aus Les Marauds.
Vianne hängt sich also zwischen beide Seiten und bringt einiges in Erfahrung über die Geschehnisse vor Ort. Sie hat sowohl Freunde als auch Feinde auf beiden Seiten. Die Töchter jedoch gehen völlig vorurteilsfrei in die Sache hinein; vor allem Rosette findet schnell Anschluss bei den Mädchen aus Les Marauds. Vianne konzentiert sich währenddessen auf Ines Bencharki, die, in ihren Niqab gehüllt, viele Rätsel aufgibt. Ganz Lansquenet, Les Marauds eingeschlossen, fragt sich, wer die geheimnisvolle Frau, die angeblich die Schwester von Karim Bencharki sein soll, denn nun wirklich ist.
Reynaud, der inzwischen suspendiert wurde und mitansehen muss, wie Père Henri sich in seiner Gemeinde ausbreitet, setzt inzwischen auch alles daran, seine Unschuld zu beweisen. Immer mysteriöser wird es, als er nachts ein Mädchen aus Les Marauds rettet, welches sich das Leben nehmen wollte. Trotz aller Warnungen mischt Reynaud sich immer wieder in Les Marauds ein, bis er schließlich erst zusammengeschlagen und später sogar entführt wird. Es ist nun an Vianne, die Ereignisse vor Ort zu überblicken und die Wahrheit ans Licht zu bringen.
===Meine Meinung zum Buch===
Bei diesem Buch habe ich lange überlegen müssen, was ich nun davon halten soll... Also zunächst einmal sollte man als Leser vertraut mit dem ersten Teil ("Himmlische Verführung") sein, um ein bisschen Hintergrundwissen zu haben und vor allem, um die Figuren zu kennen. Ansonsten wird es wohl schwer, der Geschichte richtig folgen zu können, da einiges dann doch Rätsel aufgibt. Inwiefern Teil 2 ("Himmlische Wunder") zusätzlich hilfreich für das Verständnis sind, kann ich nicht beurteilen, da ich diesen noch nicht gelesen habe.
Wenn man den Film "Chocolat" kennt, ist das schön und gut, jedoch fällt relativ schnell auf, dass es einige Diskrepanzen gibt. Ich selber habe den Film geschaut, kurz bevor ich mit "Himmlische Träume" begonnen habe, und es hat mich schon etwas verwirrt. Der Film spielt nämlich in den 1950er Jahren, während das Buch in der aktuellen Zeit spielt, was bei acht Jahren, die dazwischen liegen sollen, nun gar nicht richtig passt. Im Buch lernen wir Reynaud zudem als Priester kennen, im Film hingegen gibt es bereits von Beginn an einen Père Henri, dafür aber einen Comte de Reynaud, also einen Grafen. Wer also nur den Film kennt, aber das Buch nicht gelesen hat, wird mit einiger Verwirrung auf Grund derartiger Unterschiede zu kämpfen haben.
Wie auch beim ersten Teil, so gefällt mir auch bei diesem Buch der Schreibstil von Joanne Harris - in dem Sinne, als das die es vermag, die einzelnen Szenen so zu beschreiben, dass man sich richtig gut in die Geschichte hineinzuversetzen. Es entsteht beim Lesen ein wirklich tolles Flair von Frankreich, das einen fast verzaubert - das macht denn Charme des Buches aus! Wenn da nicht das ABER wäre: der Film "Chocolat" spielt in den 1950er Jahren, was wirklich sehr gut passt. "Himmlische Träume" spielt in der aktuellen Zeit, und das ist genau das Problem, dass ich mit dem Buch hatte: sobald irgendwie das Wort "iPod" oder "Facebook" oder ähnliches auftaucht, ist es mit dem Zauber des verschlafenen französischen Städtchens vorbei. Ein Gefühl, als hätte jemand eine grelle Neonröhre angeknipst. Sehr schade, denn gerade dieses angestaubte Flair, den das Buch zu Anfang vermittelte, war ruckzuck dahin...
Darüberhinaus hat das Buch leider einige unnötige Längen. Der Inhalt hätte auch locker auf die Hälfte der Seiten gepasst. Schade, wenn etwas so in die Länge gezogen wird, dass das Lesen manchmal echt anstrengend wird. So sehr ich die ausschmückenden Beschreibungen auch schätze, die einem diese unvergleichlichen Bilder bescheren, als wäre man ganz in der Geschichte - aber irgendwo ist der Punkt erreicht, wo es einfach zu viel wird und sich nur noch wie Kaugummi zieht. Positiv ist hingegen wieder anzumerken, dass die Auflösung tatsächlich erst auf den letzten Seiten ihren Höhepunkt nimmt und somit eine gewisse Spannung bis zum Ende bleibt. Ansonsten glaube ich nicht, dass ich jemals mit dem Buch fertig geworden wäre.
Inhaltlich, naja, das ist auch so die Frage... Plötzlich steht Vianne als Vermittlerin zwischen zwei Kulturen, zwei Religionen, und soll eine Lösung finden. Irgendwie finde ich das Ganze etwas weit hergeholt. Der Konflikt zwischen Christentum und Islam mag zwar irgendwo den Nerv der Zeit treffen, allerdings ist das Thema derart präsent, dass ich mich nicht noch in meiner Entspannungslektüre damit befassen muss. Zumal die Geschichte hier ja auch von reichlich Vorurteilen und Klischées lebt.
Wobei wir nun auch schon beim Titel wären - "Himmlische Träume" - meine erste Assoziation war eine romantische Geschichte mit dem Flair des Films "Chocolat". Abgesehen von Viannes Hang zu Tarotkarten und ihrem Zugang zur "Magie", weiß ich nicht so ganz, was an dem Buch so himmlisch sein soll. m Grunde genommen wird ja doch ein eher ernstes Thema behandelt. Für mich also eher nüchtern als himmlisch. Wieder einmal war ich erstaunt, was für Erwartungen schon allein der Titel eines Buches hervorrufen kann - schade, dass diese dann nicht erfüllt wurden.
Jedoch war aber nicht alles an dem Buch so schlecht, wie es nun scheinen mag. Interessant war auf jeden Fall der stetige Wechsel der Perspektive: mal erfährt man die Geschichte aus Sicht von Vianne, dann wieder aus Sicht von Reynaud. Zusammen ergeben diese einzelnen Erlebnisse die gesamte Geschichte. Auch die meisten Personen im Buch sind sehr gut dargestellt und haben interessante Charaktere, wie z.B. Rosette. Das Mädchen scheint, wenn ich mich nicht irre, autistisch veranlagt zu sein, hat einen unsichtbaren Freund (den Vianne interessanterweise "sehen" kann) und scheint mehr von den Geschehnissen zu verstehen, als ihr Umfeld ahnt.
===Bewertung===
Insgesamt, nach vielem Hin und Her, entscheide ich mich, dem Buch 3 Sterne zu geben. Mehr ist einfach nicht drin, angesichts der Tatsache, dass ich immer wieder aus meiner "Parallelwelt" herausgerissen wurde und das Buch an manchen Stellen recht langatmig war. Mehr Abzüge kann ich aber auch nicht machen, da das Buch eigentlich ein ganz tolles Flair verbreitet und die Personen sehr gut dargestellt werden.
Eine Kaufempfehlung gebe ich allerdings eher nur für diejenigen, die die vorherigen Teile kennen, da es sonst mit dem Verständnis beim Lesen schwierig wird.