Lesehighlight
Marcus Goldman ist Schriftsteller. Gerade plant er einen neuen Roman und hat sich nach Florida zurückgezogen. Doch ständig kommen Erinnerungen in ihm hoch, an seine Familie, an eine Katastrophe die die ...
Marcus Goldman ist Schriftsteller. Gerade plant er einen neuen Roman und hat sich nach Florida zurückgezogen. Doch ständig kommen Erinnerungen in ihm hoch, an seine Familie, an eine Katastrophe die die Familie seines Onkels Saul heimsuchte, an eine vergangene Beziehung, an sein eigenes Leben – am Ende wird der Roman, an dem er schreibt, von all dem handeln.
Bereits mit „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ konnte der Autor mich überzeugen. Marcus Goldman spielt übrigens auch dort eine wesentliche Rolle. Die Erzählweise ist gleich geblieben, mit vielen Zeit- und Perspektivewechseln erzählt der Autor eine Geschichte, die sich dem Leser erst nach und nach gänzlich erschließt. Ich finde das sehr spannend, es bedarf aber einiger Aufmerksamkeit beim Lesen, die verschiedenen Stränge nicht außer Acht zu lassen, die erst am Ende alle verknüpft sind und dann erst das Gesamtbild ergeben. Dabei geht es dem Leser wie dem Protagonisten, der auch erst nach und nach die Wahrheit erfährt, vieles stellt sich für ihn – und den Leser – am Ende anders dar, als zunächst gedacht.
Die titelgebenden Baltimores sind Verwandte Goldmans, die in Baltimore leben. Er selbst und seine Eltern leben in Montclair und sind daher die Montclairs. Dieser Unterschied ist wesentlich. Die Balitmores sind Onkel Saul, Tante Anita, deren Sohn Hillel und Woody, ein Junge, den Saul und Anita aufgenommen haben, und der bald zur Familie gehört. Ihre Geschichte ist es, die hier erzählt wird, der Autor als Verwandter ist ihnen sehr verbunden, und hat viel Zeit mit den Baltimores verbracht.
Man lernt die Charaktere gut kennen, aber auch sie erschließen sich erst nach und nach, Marcus und mit ihm der Leser wird viele Überraschungen erleben, und manch einen Charakter am Ende mit anderen Augen sehen. Manches kommt einem vielleicht etwas überspitzt vor, aber nichts unwahrscheinlich.
Es ist hohe Erzählkunst, die der Autor hier abliefert, immer das Gesamtwerk im Auge zu behalten, sich nicht zu verzetteln, alles logisch herzuleiten und dem Leser einen spannenden Roman zur Verfügung zu stellen, diesen dabei nicht zu überfordern, aber auch nicht zu langweilen – das kann der Autor in der Tat perfekt. Nebenbei bringt er den Leser noch dazu, sich den Kopf zu zerbrechen, was gewesen sein könnte, und manches vielleicht sogar zu erraten. Ich bin sehr gespannt auf sein nächstes Werk, mit dem er sich vielleicht endgültig in die Riege meiner Lieblingsautoren schreiben wird.
Mich hat der Roman begeistert, ich konnte ihn kaum aus der Hand zu legen. Wer bereit ist, aufmerksam zu lesen, sich nicht nur auf mehrere Perspektiven, sondern auch mehrere Zeitebenen einzulassen, auf einen Roman, der nicht chronologisch erzählt wird, und der im Laufe der Erzählung manches auf den Kopf stellt, der erhält hier ein sehr lohnenswertes Werk, das ich absolut empfehlen kann, und dem ich gerne volle Punktzahl gebe.