Sechs Tage Kiez
Berlin, Wedding. Der große, graue, räudige Bellermannplatz. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Die Geschichte von Aris, Box-Promoter kurz vor der großen Fight Night. Die Geschichte von Jessi, einer jungen ...
Berlin, Wedding. Der große, graue, räudige Bellermannplatz. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Die Geschichte von Aris, Box-Promoter kurz vor der großen Fight Night. Die Geschichte von Jessi, einer jungen Mutter, die sich an der Netto-Kasse in ein besseres Leben träumt. Die Geschichte von Serdar, der es nur bis zum Kassierer im stiefväterlichen Unternehmen gebracht hat und sich auf den Boxkampf seines Lebens vorbereitet; weltweit ruhmreiche Boxkarriere nicht ausgeschlossen. Und die Geschichte vom Flaschenfascho, der ein bewegtes Leben hinter sich hat. Sechs Tage erleben wir mit ihnen. Sechs Tage, in denen sich vieles ändert und doch vieles bleibt.
Johannes Ehrmann hat einen authentischen Milieuroman geschrieben, der mich (nach anfänglichen Startschwierigkeiten) mitgerissen hat. Seine Charaktere sind z.T. skurril und dabei doch echt. Man lernt sie alle von verschiedenen Seiten kennen, erlebt ihre Veränderungen hautnah mit. Sie alle sind irgendwie gescheitert, stehen aber trotzdem ihren Mann bzw. ihre Frau. Die Handlung fand ich nicht immer gelungen, ebenso bin ich kein Fan der Berliner Schnauze, die gerade zu Beginn der Story häufig zu Wort kommt. Insgesamt war der Erzählstil aber sehr ansprechend, kleine sprachliche Blüten verstecken sich überall. Atmosphärisch dicht und richtig echt. Großer Bruder Zorn ist definitiv ein gelungener Roman, der unterhaltsame Lesestunden bietet.