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Diese kurze Zeitspanne soll das Leben des Tübinger Rhetorikprofessors Richard Kraft ändern - zum Besseren natürlich. Er ist dazu ausgewählt worden, eine Kernfrage des Lebens zu beantworten. Für die beste ...
Diese kurze Zeitspanne soll das Leben des Tübinger Rhetorikprofessors Richard Kraft ändern - zum Besseren natürlich. Er ist dazu ausgewählt worden, eine Kernfrage des Lebens zu beantworten. Für die beste Antwort ist eine Million Dollar ausgelobt worden, diese benötigt Kraft, um die Scheidung von seiner Frau, nein, eigentlich von seiner Famlie finanzieren zu können.
Zwei Wochen Zeit hat er zur Vorbereitung in den USA, dem für ihn im Moment gelobten Land und macht sich auf zu einer Reise, die ihn, wie es sich herausstellt, in die Vergangenheit führt. In seine eigene, in sein früheres Leben, man könnte auch sagen: in seine früheren Leben. Zunächst dadurch, dass sein Helfer in der Not, der ihm erst zu diesem Projekt verhilft, ein Weggefährte aus alten Zeit ist, als er im Neoliberalismus noch die Rettung sah.
Aus der Chance auf ein neues Leben wird nicht nur durch diese Begegnung eine Rückkehr zu alten Zeiten. Kraft hinterfragt - zum ersten Mal, so scheint es - die Reaktionen und Aktionen verschiedener Schlüsselpersonen, die im Laufe der Jahre zu bestimmten Wendungen führten. Und dies führt den Kraft auf den Weg: Kraft hat endlich die Kraft, einen Entschluss zu fassen, von dem er nicht mehr abweichen wird.
Ein kurzer, aber doch weitläufiger Roman ist es, den Jonas Lüscher uns hier beschert hat. Ich habe mich darauf gefreut, nachdem ich den Erstling "Frühling der Barbaren" noch in bester Erinnerung hatte, ob der originellen Ideen und der spritzigen Wortwahl. Im Folgeroman hält Lüscher dies - so finde ich - nur phasenweise durch. Stellenweise schwafelt er sich ebenso durch den Roman wie die von ihm geschaffene Figur Adam, ein Sohn des Protagonisten und von den Schachtelsätzen habe ich mich teilweise erschlagen gefühlt.
Das Ende hat den Roman richtig rund gemacht, dennoch fühle ich mich nach Abschluss des Buchs in etwa so ermattet, als hätte ich einen 1000seitigen Klassiker, von Joyce zum Beispiel oder von einem der vielgerühmten Russen hinter mich gebracht, allerdings nicht demselben satten Gefühl der Befriedigung. Ich muss es nicht immer pragmatisch haben, aber angesichts der immer wiederkehrenden laaangen Sätze habe ich mich dann doch immer wieder nach Sachlichkeit gesehnt. Den Roman empfehle ich nur Lesern, die darauf für einige Zeit verzichten können.