Die moderne Miss Marple
Bee Merryweather ist seit kurzem alleinstehend und fühlt sich, mehr denn je, als die Zugezogene in dem kleinen Dörfchen South Pendrick, in welchem sie eigentlich ihren Ruhestand genießen wollte. Um sich ...
Bee Merryweather ist seit kurzem alleinstehend und fühlt sich, mehr denn je, als die Zugezogene in dem kleinen Dörfchen South Pendrick, in welchem sie eigentlich ihren Ruhestand genießen wollte. Um sich mehr in die Dorfgemeinschaft zu integrieren, singt Bee im örtlichen Chor mit, der von Peter Bartholomew geleitet wird. Peter ist speziell und behandelt die Sänger nicht gerade mit Samthandschuhen, besonders, da es aktuell um die Proben für eines seiner eigenen Werke geht. Als Peter eines Morgens von Bee tot in seiner Wohnung gefunden wird, wundert sich daher keiner, dass es ein Mord war. Bee kann nicht akzeptieren, dass es in ihrem geliebten Dorf einen Mord gegeben hat und findet keine Ruhe, bis sie nicht mehr über die Hintergründe erfahren hat. Auch eine drei stündige Fahrt nach Oxford hindert sie nicht daran, weiter zu ermitteln. Doch wer Wissen hat, hat Macht und begibt sich damit ungewollt in das Blickfeld des Mörders.
Nachdem ich zuerst den zweiten Roman auf der Buchmesse entdeckt habe und dieser mir sehr gut gefallen hat, musste ich natürlich das erste Buch ebenfalls lesen. Und ich muss sagen, auch Bees erste Fall hat mich wunderbar unterhalten. Die Autorin lässt den Leser wieder in das englische, idyllische Dorfleben eintauchen. Durch ihre bildhaften Beschreibungen des Dorfes und auch der Personen, wirkt die Geschichte unglaublich lebhaft und amüsant, als würde man direkt danebenstehen. Dabei schafft es die Autorin, durch die unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Dorfbewohner, die Handlung abwechslungsreich zu gestalten. Der Leser erfährt immer ein bisschen mehr, als Bee durch ihre Ermittlungen sich erfragen kann und doch nie genug, um der Geschichte zu weit voraus zu sein. Der Fall bleibt bis zum Schluss undurchsichtig und man kann lediglich raten, wohin sich die Geschichte entwickelt. Das hält die Spannung bis fast zur letzten Seite aufrecht.
Man könnte jetzt argumentieren, dass es ähnliche Geschichten, ganz nach dem Vorbild von Agatha Christie schon mehrfach gegeben hat. Eine ältere Dame ermittelt auf dem englischen Dorf. Da mag man nicht ganz unrecht haben und der Vergleich zu der Kultfigur Miss Marple wird sogar im Roman gezogen. Aber Karin Kehrer schafft es trotzdem, diese Art des Kriminalromans, durch Bees Persönlichkeit, ihre Vorgeschichte und durch die moderne Szenerie, wieder neu wirken zu lassen und den Geschichten ihren ganz eigenen Charme zu verleihen. Das finde ich sehr bewundernswert, da man diesen Schritt erst einmal wagen muss.
„Todesklang und Chorgesang“ ist für mich ein sehr gelungener Krimi, der sich durch einen flüssigen Erzählstil, einen hohen Spannungsbogen und viel Individualität auszeichnet. Fans von Miss Marple und Agatha Raisin werden sich definitiv bestens aufgehoben fühlen.