Auf einer Reise zu sich selbst
Mit ihrem Roman "Die wundersame Reise der Bienen" hat mich Katja Keweritsch letztes Jahr begeistern können. Mit "Agnes geht" hat die Autorin nun eine völlig andere Geschichte geschrieben.
Ihr neuer Roman ...
Mit ihrem Roman "Die wundersame Reise der Bienen" hat mich Katja Keweritsch letztes Jahr begeistern können. Mit "Agnes geht" hat die Autorin nun eine völlig andere Geschichte geschrieben.
Ihr neuer Roman erzählt die Geschichte einer Ehekrise. Es geht um Wut, Selbstfindung, Rollenklischees und Mental Load.
Agnes hat nach ihrem Biologie-Studium geheiratet und ihre Kinder bekommen. Sie blieb zuhause, während sie ihrem Mann Tom den Rücken stärkte und seine Karriere unterstützte. Zusätzlich arbeitet sie gemeinsam mit ihrer Freundin an einem sozialen Projekt für Kinder und Jugendliche, welches ihre Freundin leitet. Während sich Tom als Arzt immer mehr profiliert und sogar eine Auszeichnung erhält, fühlt sich Agnes immer mehr als Anhängsel. Beim Event zu Toms Ehrung kommt es zwischen den Beiden zum Eklat. Agnes flüchtet in ein Hotel und beschließt zu streiken. Sie fühlt sich von ihrer Familie weder geschätzt, noch als ebenbürtig angenommen, nachdem sie wegen ihrer Familie zurückgesteckt und ihren Traum "ad acta" gelegt hat. Sie beschließt aus diesem Hamsterrad auszubrechen und über den ihr vorgeschlagen Job als Biologin in Berlin nachzudenken. Das gelingt ihr am besten, wenn sie geht. Und so macht sich Agnes auf und geht quer durch Hamburg und entlang der Elbe bis nach Berlin. Auf ihrem Weg begegnet sie verschiedenen Menschen, zu denen sie mehr oder weniger intensive Kontakte hat. Dabei wird ihr bewusst, wie unglücklich sie mit ihrem Leben, ihrem Körper und ihrem Dasein als unbezahlte Familienmanagerin ist. Sie sehnt sich nach Anerkennung, Glück und Zufriedenheit.
Die Geschichte lässt sich, wie schon "Die wundersame Reise der Bienen", wunderbar lesen. Die landschaftlichen Beschreibungen sind sehr bildhaft. Die Landschaft, die Katja Keweritsch beschreibt, war für mich als Österreicherin ungewohnt. Doch die lebendige Darstellung und die zusätzlich gezeigten Fotos bei der Leserunde konnten mir wahre Bilder im Kopf zaubern. Besonders gut beschreibt die Autorin jedoch die Gefühle und Emotionen der Figuren. Sie werden sehr authentisch dargestellt. Immer wieder konnte ich die verschiedenen Gefühlsregungen tatsächlich spüren und miterleben.
Gut gefallen hat mir auch, dass Katja Keweritsch nicht nur aus der Sicht von Agnes erzählt, sondern auch aus der von Tom. Es dauert etwas, bis er bemerkt, was seine Frau eigentlich leistet und wie nebeneinander sie alle bereits gelebt haben. Jeder in der Familie nimmt ihre Arbeit als selbstverständlich hin. Ist ja im wirklichen Leben genauso und macht nachdenklich. Man fragt sich unwillkürlich, wie viel Mental Load man sich aufhalsen möchte...
Trotzdem war ich nicht mit allen Verhaltensweisen der beiden Protagonisten im Einklang. Es gab so einige Dinge, die ich weder bei Agnes, noch bei Tom gutheißen wollte. Auch empfand ich die Entwicklung bei Agnes nicht ganz so stark, wie erwartet. Das Ende ist jedoch stimmig und lässt genug Raum für eigene Gedanken.
Am Ende des Buches gibt es ein kleines Literaturverzeichnis zu den Themen Mental Load, Mutterschaft, Körperwahrnhmung und Gleichberechtigung.
Fazit:
Für mich konnte der zweite Roman der Autorin leider nicht an "Die wundersame Reise der Bienen" anschließen. Das Thema ist jedoch ein sehr wichtiges und zeigt auf, wie es größtenteils noch immer abläuft und man als Frau viel zu viel auferlegt bekommt. Man zerreibt sich oftmals zwischen Beruf, Haushalt, Garten und anderen Dingen, die alle als selbstverständlich angesehen werden.
Mit "Agnes geht" zeigt die Autorin auf, dass man seine Träume leben sollte.