Obwohl mit einem altmodischen Namen ausgestattet, ist die 36-jährige Helga recht glücklich mit ihrem Münchner Leben, denn im Job läuft alles glatt und ihr langjähriger Freund Giuseppe macht ihr hoffentlich bald einen Heiratsantrag. Doch auf den muss sie wohl noch länger warten, denn als eines Morgens Giuseppes Handy eine SMS signalisiert, fällt Helga fast vom Glauben ab. Tatsächlich ist die Nachricht sehr persönlich und lässt vermuten, dass Giuseppe zweigleisig fährt. Um sich Gewissheit zu verschaffen, will Helga ihn auf einer angeblichen Geschäftsreise nach Italien nachstellen. Ein Flug ist aufgrund eines aktiven Vulkans nicht zu bekommen, so bleibt als Option nur noch ein Mietwagen. Allerdings muss sie diesen mit einem nervigen, kettenrauchenden, arroganten Schauspieler namens Nils Schönebeck teilen und eine Fahrgemeinschaft bilden. So geht es für das unfreiwillige Duo Richtung Italien, was sich als recht abenteuerliches Unterfangen entpuppt…
Katrin Koppold hat mit „Aussicht auf Sternschnuppen“ einen amüsanten, unterhaltsamen Roman vorgelegt, der zwei Protagonisten wie Feuer und Wasser eine ungewöhnliche Reise erleben lässt und den Leser als Beifahrer dazu einlädt. Der locker-flockige und humorvolle Erzählstil lässt den Leser schnell zu Helga und Nils in den Wagen hüpfen, um Teil dieses Abenteuers zu werden und dieses ungewöhnliche Duo Infernale näher kennenzulernen. Schon Helgas Gefühlschaos beim Anblick der SMS ist nachvollziehbar, obwohl man ja eigentlich nicht auf dem Handy des Partners rumschnüffeln sollte. Wer jetzt denkt: Geschieht Dir recht!, der hat die Rechnung ohne Helga gemacht. Ihr Elan, die Strapaze dieser Reise auf sich zu nehmen, ist bewundernswert, zumal sie als Vegetarierin und bekennende Zigarettenabstinenzlerin sich all diesem aussetzt. Denn Nils ist das genaue Gegenteil, ein recht arroganter Fatzke mit Dauerkippe im Mund, der sich gerne in seinem Bekanntheitsgrad sonnen möchte, was bei Helga so gar nicht klappt. Die Dialoge sind dementsprechend auch spritzig und bringen die Lachmuskeln in Position. Doch irgendwie schafft es diese ungleiche Fahrgemeinschaft, alle möglichen und unmöglichen Widrigkeiten zu umrunden und zu überstehen, wobei man als Leser am Ende irgendwie völlig erschöpft ist und sich denkt „Endlich ist es vorüber“, womit allerdings nicht der Unterhaltungswert dieser Geschichte geschmälert werden soll. Einiges ist vorhersehbar, aber auch so manche Überraschung hält dieser Roadtrip bereit.
Ihre Charaktere hat die Autorin treffsicher ausgewählt, denn mit ihren menschlichen Macken, ihrem Handeln und Tun entstammen sie dem täglichen Leben und der Leser kommt ihnen schnell näher. Helga wirkt auf Außenstehende bestimmt genauso dröge wie ihr Name, doch sie ist liebenswert, manchmal etwas zickig und chaotisch, ansonsten eher bodenständig und pragmatisch und vor allem mit Humor gesegnet. Gegenspieler Nils ist eher ein Miesepeter mit Dauerfluppe im Hals, der nach Anerkennung heischt und sich sehr wichtig nimmt. Jedoch kann er auch ganz anders, lässt Hilfsbereitschaft und Herz erkennen, wenn auch nicht immer freiwillig. Lydia ist eine ältere Dame, die all ihren Mut zusammenrauft hat, um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.
„Aussicht auf Sternschnuppen“ ist die ideale Urlaubslektüre, denn dieser unfreiwillige Roadtrip hat alles, was man unter Urlaub versteht: nervige Mitreisende, neue Bekanntschaften, aufregende Reiseetappen, spritzige Gespräche. Und das alles vor herrlicher toskanischer Kulisse. Auf jeden Fall ist es eine recht unvergessliche Reise, die gut unterhält. Verdiente Leseempfehlung!