großartig erzählt, spannend bis zum Schluß – und das nicht nur für Jugendliche!
Kristien Dieltiens hat im Rahmen der historischen Gegebenheiten ihre eigene Wahrheit über Kaspar Hauser geschrieben, wobei man stets merkt, wie sehr sie sich mit der Zeit und den überlieferten Gegebenheiten ...
Kristien Dieltiens hat im Rahmen der historischen Gegebenheiten ihre eigene Wahrheit über Kaspar Hauser geschrieben, wobei man stets merkt, wie sehr sie sich mit der Zeit und den überlieferten Gegebenheiten auseinandergesetzt und die Erbprinztheorie in den bekannten Details verfolgt hat.
Sehr beieindruckend erzählt sie in zwei Handlungssträngen die Lebensgeschichte des Michaels, der mit einer Hasenscharte geboren wird, deshalb zeitlebens Ausgrenzungen und Spott erlebt. Abwechselnd mit Michaels Leben wird die Geschichte Kaspar Hausers erzählt – und, wie zu erwarten, kreuzen die Wege der beiden sich hin und wieder.
Kristien Dieltiens versteht es meisterhaft, die bekannte Geschichte Kaspar Hausers zu erzählen, jenes rätselhaften „Wolfskindes“, das 1828 auf den Nürnberger Marktplatz gefunden wurde und fünf Jahre später unter genauso mysteriösen Umständen verstarb. Bekannt wurde er nicht nur durch die Erbprinztheorie; sondern besonders seine frühkindliche Lebensgeschichte, geprägt von Reizarmut, steht in der Psychologie als Paradebeispiel für Hospitalismus und findet sich namentlich auch im „Kaspar-Hauser-Syndrom“ wieder. Ein wenig scheint diese Geschcihte „aus der Mode“ gekommen zu sein; als letzte mir bekannte Bearbeitung dieses Themas fällt mir da nur Reinhard Meys Lied ein. Kristien Dieltiens geht mit ihrem Buch aber wesentlich weiter und läßt den Leser in die Zeit eintauchen, beleuchtet den Zeitgeist: Weltansichten, Brauchtum, Heiligenverehrung und Auslegung von Omen sowie Sprüchen, die Rolle der Frau... und erzählt so über Kaspar Hausers Leben in einem großartig aufgearbeiteten Kontext, stimmig und spannend. Gerade diese vielen Details lassen die Vergangenheit so lebendig und nachempfindbar werden.
Besonders gut gefallen mir auch die reduzierten und im Dunklen gehaltenen Illustrationen, die im Einklang stehen mit Kaspar Hausers Eindrücken als Kellerkind.
Fazit: großartig erzählt, spannend bis zum Schluß – und das nicht nur für Jugendliche!