Sport macht schön
Lüneburg 1968: Lili ist Anfang 20 und hat ihr Leben genau geplant. Wenn ihre Oma Margarethe Ende des Jahres zu ihrem Partner aufs Land zieht, übernimmt Lili den Frisörsalon und baut ihn zu einem Kosmetikstudio ...
Lüneburg 1968: Lili ist Anfang 20 und hat ihr Leben genau geplant. Wenn ihre Oma Margarethe Ende des Jahres zu ihrem Partner aufs Land zieht, übernimmt Lili den Frisörsalon und baut ihn zu einem Kosmetikstudio um. Außerdem bekommt sie Margarethes Wohnung, in die nach der hoffentlich bald stattfindenden Hochzeit auch ihr Freund John ziehen soll. Doch der überrascht sie damit, dass er endlich seinen Vater in San Francisco besuchen wird, den er als „Besatzerkind“ nie kennengelernt hat. Da sich John nach seinem Weggang wochenlang nicht bei ihr meldet, hat ihre Familie Mitleid und schickt sie hinterher. Obwohl die gemeinsamen Wochen in San Francisco schön sind und sie sich sehr lieben, kommt John nicht mit zurück nach Hause. „Hier ist das Leben, das ich mir immer erträumt habe.“ (S. 118) Stattdessen soll sie zu ihm zu ziehen. Aber ihr Herz schlägt für ihre Familie und ihre Heimat. Zurück in Deutschland erfährt sie, dass John als Soldat nach Vietnam geschickt wird – eine Zeit des Hoffens und Bangens beginnt, dann wird er vermisst …
Kristina Engel schreibt die Geschichte der Familie Jensen weiter. Nach Anne, der ersten Avon-Beraterin Deutschlands, geht es nun um ihre erwachsenen Zwillinge Lili und Leo.
Lili ist eine moderne junge Frau mit festen Vorstellungen von ihrer Zukunft, offen für Neues und immer auf der Suche nach dem nächsten Trend. Als sie in San Francisco mit Aerobic in Berührung kommt, sieht sie sofort das Potential, das in der Kombination aus Gymnastik und Tanz steckt und den Körper gleichmäßig formt, kräftigt und besser durchblutet – das könnte doch was für ihre Kundinnen sein. Zudem ist sie sehr familiär und hängt an ihrer kleinen Schwester Mia, die ein Contergankind ist und große Probleme mit der Lunge hat.
Lili leidet sehr unter Johns Weggang und seiner Vermisstenmeldung, verkriecht sich monatelang in sich selbst und hat das Gefühl, nur noch zu funktionieren. Sie merkt dadurch gar nicht, was für eine starke Persönlichkeit und wie innovativ sie ist, dass sie trotz Trauer neben ihrem Kosmetiksalon auch noch das erste Aerobic-Studio aufzieht.
Leo kommt mit der ganzen Situation ebenfalls nicht zurecht, denn John war sein bester Freund. Er flüchtet oft nach Hamburg, wo er neben Alkohol noch ganz andere Drogen konsumiert.
Mir gefällt, wie die Familie trotz aller Probleme zusammenhält. Obwohl sich ihr Leben oft um Mias schlechte Gesundheit dreht, passen sie doch alle aufeinander auf und sind füreinander da. Mein Highlight war dabei wieder Margarethe mit ihrer Schnodderschnauze, die so herrlich exzentrisch und unkonventionell ist und die Dinge gern in die Hand nimmt, ohne groß zu diskutieren.
Genau wie den Vorgängerroman „Ein Koffer voller Schönheit“ habe ich auch „Die schönsten Jahre unseres Lebens“ an nur einem Tag verschlungen. Kristina Engel bietet eine sehr unterhaltsame, fesselnde und informative Zeitreise in die 60er und 70er Jahre, in der sie auch auf die Besetzung der Tschechoslowakei und die damit verbundene Angst vor dem nächsten Weltkrieg, den Vietnamkrieg und die erste die Mondlandung eingeht.