Cover-Bild Mann im Mond
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Kurzgeschichten
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 25.01.2023
  • ISBN: 9783103971538
Lana Bastašić

Mann im Mond

Erzählungen
Rebekka Zeinzinger (Übersetzer)

»Lana Bastašićs Geschichten müssen erzählt werden.« Saša Stanišić, Zeit Online

Eine Mutter schickt ihre Tochter in den Supermarkt, um Alkohol zu kaufen. Und ist danach wütend, weil diese die Flasche alleine nicht kaufen konnte. Ein Mädchen bekommt mit, wie das ganze Dorf über den Vater lästert, der sich seit Längerem seltsam verhält. Und ein Sportlehrer schikaniert eine Schülerin, bis er plötzlich auf ihre Hilfe angewiesen ist. In »Mann im Mond« geraten Kinder immer wieder in Situationen, in denen sie schwerwiegende Entscheidungen selbst treffen müssen, weil die Erwachsenen ihren Rollen nicht gerecht werden. Kunstvoll zeigt Lana Bastašić in zwölf Geschichten, wie schnell aus solchen Situationen traumatische Erlebnissen werden können. Oder Momente der Selbstermächtigung. Und erzählt davon auf schonungslose Weise, mal düster und berührend, mal verstörend und poetisch.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2023

Lesenswerte und erschütternde Kurzgeschichten

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Inhalt:
"Mann im Mond" das sind zwölf Kurzgeschichten aus der Welt von Kindern, die nicht immer verstehen, was um sie herum und mit ihnen geschieht, die in schwierigen Situationen hilflos, stark, klug, ...

Inhalt:
"Mann im Mond" das sind zwölf Kurzgeschichten aus der Welt von Kindern, die nicht immer verstehen, was um sie herum und mit ihnen geschieht, die in schwierigen Situationen hilflos, stark, klug, mutig, resolut und/oder wütend handeln und aufgrund von abwesenden oder überforderten Erwachsenen entscheiden (müssen), zwölf Geschichten mit düsterer Grundstimmung, mit verstörenden und zum Nachdenken anregenden Szenen, poetisch, skurril, unterhaltsam und brutal direkt erzählt.

Meine Meinung:
Lana Bastašićs Roman "Fang den Hasen" hat mich vor zwei Jahren begeistert und so war es natürlich klar, dass ich auch weitere Bücher der Autorin lesen möchte. Dass es sich bei "Mann im Mond" um den 2020 unter dem Titel "Mliječni zubi" (Milchzähne) veröffentlichten Erzählband handelte, habe ich aufgrund des anderen Titels zuerst gar nicht realisiert und verstehe immer noch nicht wirklich, weshalb der Originaltitel nicht einfach ins Deutsche übertragen worden ist. Klar, "Mann im Mond" ist auch der Titel einer der zwölf Erzählungen, aber ganz ehrlich: "Milchzähne" hätte als Titel sehr viel besser zum Buch gepasst. In den Kurzgeschichten geht es immer darum, sich zu behaupten, erwachsen zu werden oder schlicht zu überleben. Die Kindheit und negative Erfahrungen werden überwunden, durchlitten oder abgestossen, wie abgetragene Kleidung (oder halt eben, wie Milchzähne).
Die Geschichten und die sehr beklemmende Grundstimmung haben mir sehr gut gefallen und mir einige Male eine Gänsehaut beschert und mich zum Nachdenken angeregt. Da ich eine bosnische Ausgabe des Buches besitze, habe ich ab und zu im Original gestöbert, was auch sehr spannend war und dabei ist mir trotz mangelhaften Bosnischkenntnissen aufgefallen, wie grandios Rebekka Zeinzinger Worte für die poetischen, skurrilen Bilder und Formulierungen gefunden hat, um sie dem deutschsprachigen Publikum so authentisch wie möglich aufzubereiten.

Schreibstil und Stimmung:
Die jungen Protagonist*innen der Erzählungen sind oft auf sich alleine gestellt, sind von ihren Eltern oder anderen eigentlich für sie verantwortlichen Erwachsenen verlassen oder blossgestellt worden und müssen in teilweise extremen Situationen der Gewalt, Vernachlässigung oder Scham für sich einstehen. Es geht um einige ziemlich aussergewöhnliche aber auch um mitten aus dem Leben gegriffene Situationen. Eine Situation beginnt oft harmlos und kippt dann ins Bedrohliche um, plötzlich geht es um Entscheidungen über Leben und Tod, um Entscheidungen für den eigenen Körper und gegen das Leben oder Wohlergehen einer übergriffigen Person. Fast skizzenhaft werden die entsprechenden Szenen und das beinhaltete Dilemma geschildert und nachdem die Szene mir rasant aufeinanderfolgenden Sätzen und Steigerungen zum Höhepunkt getrieben worden ist, bleiben eine Anspannung, ein offenes Ende und manchmal eine Leiche zurück.
Immer mal wieder kommt dabei auch ein zynischer Humor zum Vorschein, der für viele weitere Zwischentöne sorgt.

Meine Empfehlung:
"Mann im Mond" wirkt manchmal mitten aus dem Leben gegriffen und manchmal wie eine Traumerzählung. Genau diese schmale Gratwanderung zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Humor und Absurdität, zwischen Dunkelheit und Lichtblick macht diese zwölf Geschichten zu einem fesselnden, bewegenden und manchmal verstörenden Leseerlebnis, das nachhallt. Von mir gibt es eine herzliche Leseempfehlung für alle, welche bereit sind, sich auf diese intensiven Texte einzulassen.

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Veröffentlicht am 29.01.2023

Einfühlsam erzählte Geschichten über Heranwachsende, die nachhallen

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Im Buch „Mann im Mond“ von Lana Bastašić vereinen sich zwölf Erzählungen, die einzig durch ihr Eigentümlichkeit und dem kindlichen Alter ihrer ProtagonistInnen verbunden sind. Es sind Geschichten rund ...

Im Buch „Mann im Mond“ von Lana Bastašić vereinen sich zwölf Erzählungen, die einzig durch ihr Eigentümlichkeit und dem kindlichen Alter ihrer ProtagonistInnen verbunden sind. Es sind Geschichten rund um Furcht und Angst in ihrer vielfältigen Form und zeigen die Reaktionen des betroffenen Kinds, manche männlich, aber meist weiblich. Die Handlungen siedelt die Autorin zu verschiedenen Zeiten an ohne eine genaue Einordnung vorzunehmen. Beispielsweise spielt die titelgebende „Mann im Mond“-Erzählung zur Zeit der ersten Mondlandung Ender der 1960er und „Papa kommt heim“ vermutlich im Dezember 1995 als der Bosnienkrieg beendet war. Social Media oder auch nur ein Handy sind keine Themen im Buch.

Mich erinnerten die Geschichten an meine eigene Kindheit und die Unsicherheiten, die ich damals empfunden habe. Jedoch treibt Lana Bastašić die Situation immer wieder auf die Spitze, übertreibt und lässt sie abstrus enden. Aber vorher erleben die Kinder Sorge und Beklemmung. Sie leben mit einem Vater, der gewalttätig wird, an sich selbst Hand anlegt oder provoziert. Andere erfahren eine alkoholisierte Mutter oder eine bei der das Kind für andere zurückstehen muss. Die Kinder stellen sich solche Fragen wie zum Beispiel, was die Folge sein wird, wenn das oder jenes passiert oder wenn es selbst das oder jenes tut. Wird darüber jemand böse sein und es bestrafen? Ob solches, was es selbst beobachtet, alltäglich ist oder einmalig? Ihre Fragen stellen sie niemandem, sie bleiben unbeantwortet, denn das Kind kann nicht ermessen, ob die Frage selbst Ärger auslösen wird.

Aus den Geschichten liest sich heraus, dass es besser zu sein scheint, sich so zu verhalten wie allgemein angemessen. Aber wie kann ein Kind wissen, was angebracht ist? Die Unsicherheit, das Nichtwissen verbunden mit Unerfahrenheit sammelt sich zu einer Mischung, die einige Male explodiert und zu Reaktionen führt, die beängstigen und dem Lesenden nicht nur die Absurdität vor Augen führen, sondern auch zu rufen scheinen: nehmt uns Kinder wahr, erklärt uns die Welt und sorgt für unser geistiges und körperliches Wohl.

Die Erzählungen im Band „Mann im Mond“ von Lana Bastašić bestechen durch die ungewöhnlichen Handlungen, die die kindlichen Hauptfiguren als Reaktion auf ihr Umfeld zeigen. Sie brachten mich zum Nachdenken über soziale Gerechtigkeit, Erziehungsstile und unsere Verantwortung gegenüber Schwächeren. Es sind Geschichten, die nachhallen und daher empfehle ich sie gerne weiter.

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Traumatische Kindheitserlebnisse

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Ein Junge und sein jüngerer Bruder stellen sich im Garten lebhaft die Ereignisse rund um die Mondlandung vor, während die Eltern drinnen vor dem Fernsehen gemeinsam mit ihren Gästen die Vorgänge am einzigen ...

Ein Junge und sein jüngerer Bruder stellen sich im Garten lebhaft die Ereignisse rund um die Mondlandung vor, während die Eltern drinnen vor dem Fernsehen gemeinsam mit ihren Gästen die Vorgänge am einzigen Fernseher des Dorfes anschauen. Der Junge hat noch Schmerzen von dem letzten Mal, als er von seinem Vater verprügelt wurde, und ist froh, dass sein kleiner Bruder bislang von ihm verschont blieb. Woanders wird ein Junge von seinem Vater nach der Schwimmstunde gedemütigt, und ein Mädchen soll auch nach der Sportstunde weiterlaufen, bis ihr Lehrer plötzlich zusammenbricht. Zwei Geschwister werden von ihrer Mutter auf die Rückkehr ihres Vaters aus dem Krieg vorbereitet.

Lana Bastasic hat in diesem Buch zwölf Erzählungen vereinigt, die gemein haben, dass sie alle aus der Perspektive eines Kindes geschrieben sind. Schon der erste Satz der ersten Erzählung - "Ich brauchte ganz schön lange, um Papa zu erwürgen." (S.9) - verdeutlicht, dass dieses Buch eine schwere Lektüre ist. Es geht um Ängste und ganz verschiedene traumatische Erlebnisse, welche die Kinder gerade erfahren oder erfahren haben, meist im Zusammenhang mit ihren Eltern oder einer anderen nahen Bezugsperson.

Die Erzählungen beginnen teils mit alltäglichen Situationen, bis es zu einer schockierenden, oftmals geradezu verstörenden Entwicklung kommt. Andere steigen bereits mit einem klaren Statement ein, was Leser:innen erwartet. Oft ist es ein Ich-Erzähler oder ein Ich-Erzählerin, dem oder der ich mich nahe fühlte. Einzelne Geschichten sind aber auch in einer Er-, Du- oder Wir-Form geschrieben. Sprachgewandt erzählt Lana Bastasic von Angst, Hilflosigkeit, Wut und Trauer, aber auch Momenten des Mutes und der Selbstermächtigung.

Die Erzählungen stimmten mich nachdenklich im Hinblick darauf, wie mächtig der Einfluss erwachsener Bezugspersonen auf Kinder ist und wie traumatische Erlebnisse sie ihr Leben lang prägen werden. Die Mehrheit der Geschichten hat mich berühren und schockieren können, es gab jedoch auch einige, aus denen ich weniger herausziehen konnte. Insgesamt eine eindrückliche Lektüre, die ich weiterempfehlen kann.