Die Autorin Laura Newman hat mich schon in mehreren Titel überzeugt. Zwischen all dem Romantasy brauche ich immer wieder mal was dystopisches, so liegt es nahe, dass ich mir auch gerne Lauras Bücher schnappe.
Coverbild
Wie von der Autorin gewohnt gestaltet Laura Newman ihre Cover selber. In diesem Bild erkennt man eine Wüstenlandschaft, in der aus einer Düne ein Hochhaus bis zur Hälfte herausragt. Allgegenwärtig und überdimensional steht die Sonne am Himmel und in der Luft flirren Staub und Schmutz. Der Buchtitel ist perspektivisch über die Bildbreite gesetzt, so als würde er wie haushohe Blechbuchstaben auf dem Sand stehen. Insgesamt zeigt einem schon beim Anblick des Covers die unmenschliche Hitze und lebensfeindliche Atmosphäre der Erdoberfläche, die ebenfalls in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Mir gefällt das Cover ausgesprochen gut, es vermittelt sehr gekonnte das apokalyptische Genre des Buches.
Handlung
Nova lebt mit den restlichen Überlebenden der apokalyptischen Naturveränderung auf der Erdoberfläche. Gemeinsam leben sie auf mehreren Leveln verteilt in einem in sich abgeschlossenen System in der Erde, wie ein Kokon, geschützt vor der sich ausdehnenden Sonne. Doch Nova und ihr Freund Jakob hören ein Gerücht, dass es mehr geben soll als nur ihr HUB, und wollen dem auf dem Grund gehen. Plötzlich befinden sie sich in Gefangenschaft und müssen flüchten, dabei gelangen sie ins Feuerland - an die Erdoberfläche. Erst langsam begreifen Sie, dass die Realität eine ganz andere ist, als ihnen jahrhunderte lang vorgegaukelt wurde. Vor allem auch, als ihnen Joaquim über den Weg läuft, der ihnen das Leben rettet.
Buchlayout / eBook
Die gut 300 Seiten werden in 25 Kapitel eingeteilt mit angenehmer Leselänge. Jedes Kapitel wird eingeleitet mit der Nummer und einem Schlagwort als Überschrift. Hier hätte ich mir etwas mehr von der Grafikerin Laura Newman gewünscht, da ich es bei anderen Titeln von ihr auch schöner kenne. Des weiteren gibt es kaum Ausschmückungen und das eBook kommt recht schlicht daher.
Idee / Plot
Leider ist die Idee nicht ganz neu. Vor allem hat es mich sehr stark an “Sakura” von Kim Kestner erinnert. Auch hier leben Menschen in einem Kokon unter der Erde und ihnen wurde ein Lebenlang auf Kosten eines übergeordneten und ausbeuterischen Machtsystem etwas vorgegaukelt. Auch das Setting Fabiola Nonns “Calypso” spielt in einem geschlossenen System unter Wasser mit einer der lebensfeindlichen Erdoberfläche. Welcher Titel nun den Anfang gemacht hat kann ich nicht beurteilen. Grundsätzlich hat mir die Idee gut gefallen, aber die Autorin hat neben der apokalyptischen Dystopie auch Fantasy-Elemente eingebaut, die ich jetzt nicht unbedingt gebraucht hätte. Was dem Ganzen dann eher einen Sci-Fi-Touch gibt und einem auch ein bisschen an Matrix erinnern lässt. Menschen werden für eine höher gestellte Gesellschaftsschicht wie Sklaven in hermetisch abgeschlossenen Käfigen gehalten, und ihnen eine Wahrheit vorgegaukelt um den Insassen keine Gelegenheit des Zweifels und des daraus resultierenden Aufstandes zu geben.
Emotionen / Protagonisten
Die junge Vollwaise Nova arbeitet in einem der mechanischen Level und ist mit ihrem Leben eigentlich zufrieden. Sie wirkt auf mich trotzdem neugierig und tough und ich konnte mich sehr gut mit ihr anfreunden. Sie will mehr wissen und sich nicht einfach ihrem Schicksal hingeben. Das hat mir gut gefallen.
Was mir ein bisschen gefehlt hat, war die Beziehung zu Jakob, ihrem besten Freund. Anfangs wird eine recht innige Freundschaft angedeutet, die aber über das Buch hinweg immer blasser wird. Von Jakob habe ich zu wenig mitbekommen.
Dafür baut sie die Liebesbeziehung zu Joaquim sanft aber für mich sehr schön auf. Joaquim ist der typische Einzelgänger und geht gerne über seine Grenzen, trotzdem ist er gefühlvoll und öffnet sich Nova gegenüber. Ich kann mich gut in die beiden einfühlen und mir gefällt die Entwicklung der Protagonisten sehr gut.
Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Anfangs habe ich mich etwas mit den Erklärungen zu den Leveln schwer getan und der Einstieg in die Geschichte war für mich doch etwas holprig. Der Aufenthalt im HUB ist mir auch ein wenig zu kurz, hier hätte ich gerne etwas mehr Einzelheiten erfahren. Aber der Flucht aber aus dem HUB beginnt die Story wirklich spannend zu werden. Es gibt immer wieder aufregende Szenen, die Nova und ihre Freunde durchleben müssen. Ein paar Wendungen waren schon etwas vorhersehbar, was mich aber nicht unbedingt gestört hat. Zum Ende geht der Spannungsbogen noch mal enorm in die Höhe, bleibt aber ohne Cliffhanger.
Szenerie / Setting
Laura Newman vermittelt mir in einer schön bildlichen Sprache die Umgebung recht eindrucksvoll und ich kann mir sowohl die HUBs in ihren Unterschieden, wie auch die Erdoberfläche in ihrer Lebensfeindlichkeit sehr gut vorstellen. Die Angst vor der Erderwärmung ist ein gutes Setting für eine apokalyptische Szenerie - ist die Diskussion des Klimawandels ja auch schon heute allgegenwärtig.
Sprache / Schreibstil
Sprachlich begeistert mich Laura Newman immer wieder. Sie kann gekonnt eindrücklich und wortgewandt die Szene beschreiben aber auch an passenden Stellen mit wenigen Worten Gefühle pointiert darstellen.
“In seinen Augen lese ich keine Angst, kein Zeichen von Wut, nur Wärme. Er lächelt beinahe. Ich weiß, was das bedeutet. Er hat sich mit seinem Ende abgefunden und will mir wortlos zeigen, wie er für mich fühlt. Will mich beruhigen. Tränen laufen mir über das Gesicht und das dumpfe Geräusch in meinem Kopf wird lauter.”
Laura Newmann “Flucht ins Feuerland (Nachtsonne 1)”, Seite 275 (Pos. 3924) © 2017 Laura Newman in Selbstpublikation.
Wir erfahren Novas Geschichte aus der Ich-Perspektive im Präsens, was meiner Ansicht nach genau passend für die Story ist.
FAZIT
Guter Einführungsband in eine spannende apokalyptische Geschichte. Sprachlich wie immer von Laura Newman überzeugt, obwohl die Grundidee mir nicht ganz neu ist.