Dann schlaf auch du
“Das Baby ist tot”, mit dieser schrecklichen Tatsache beginnt der Roman. Nach diesem Gehörten, läuft es einem schon kalt den Rücken hinunter. Der Schrei der verzweifelten Mutter, die Aufregung der Nachbarn, ...
“Das Baby ist tot”, mit dieser schrecklichen Tatsache beginnt der Roman. Nach diesem Gehörten, läuft es einem schon kalt den Rücken hinunter. Der Schrei der verzweifelten Mutter, die Aufregung der Nachbarn, die allarmierten Rettungskräfte und die hinzugezogene Polizei. Die ganze Szene, kann man sich richtig lebhaft vor Augen führen, allein durch diese paar Minuten des Zuhörens. Doch was ist geschehen? Dem geht man auf die Spur. Auf eine recht nüchterne Art, schildert die Autorin die Geschehnisse, krempelt die Geschichte um vom Ende zum Anfang um wieder bis zum Ende vorzurücken.
Die Geschichte scheint erst mal ganz alltäglich zu sein. Viele Familien, suchen sich eine Kinderfrau um es beiden Elternteilen zu ermöglichen, ihrer Arbeit nachzugehen. So auch bei Myriam und Paul, Eltern von zwei kleinen Kindern. In Louise finden sie scheinbar die perfekte Nanny. Die Kinder mögen sie vom ersten Augenblick, und auch Paul und Myriam sind mit ihrer Wahl zufrieden. Louise sorgt nicht nur für die Kinder, sie erledigt auch den Haushalt und kocht für die ganze Familie. Ehrlich gesagt, hatte ich zwischendurch den Eindruck, Louise wird von Myriam und Paul regelrecht ausgenutzt. Was vielleicht auch mitunter der Fall war. Louise scheint nicht immer mit der Situation zufrieden zu sein. Traut sich gegenüber ihren Arbeitgebern nichts zu sagen, denn sie braucht das Geld und irgendwie braucht sie auch dieses „Gebraucht werden”. Denn Louise ist einsam. Was die Massés nicht wissen: Louise hat Schulden. Nicht aus eigenem Verschulden, aber sie sind da. Und Louise versucht sich dieser Realität zu entziehen, auch mit Hilfe der unwissenden Familie. Irgendwann sind alle gegenseitig voneinander abhängig. Die Eltern, die Kinder und auch Kinderfrau, alle sind abhängig voneinander. Es beginnt ein Teufelskreis, denn die Eltern ahnen nichts von Louises kranken Gedanken, die sich immer mehr in das Geschehen einbinden. Aus einem scheinbar perfekten idyllischen Zusammenspiel, wird ein “Spiel” auf Leben und Tod und nur Louise kennt den Ausgang.
Man kann Louise erst einmal gar nicht verurteilen. Wie ich schon oben erwähnte schien es mir erst, dass sie selber auch ausgenutzt wurde von den Eltern. Sie fühlte sich unsichtbar, tat wie ihr geheißen und hatte auch nicht immer eine gute Meinung über das Ehepaar. Später dann, hätte sie durchaus die Gelegenheit erhalten, sich Myriam zu öffnen um ihre Situation klar vorzulegen. Hat es aber aus Scham oder Angst den Job und somit die Kinder zu verlieren nicht getan. Die Abhängigkeit Louises zur Familie war schließlich so stark, dass man ihre Gedanken nur noch als krankhaft, wirr und beängstigend bezeichnen kann. In den Kopf von einem anderen Menschen kann man nicht hineinsehen, so auch nicht in Louises. Sie hält ihre Gedanken gut verschlossen. Myriam und Paul merken zwar irgendwann, dass mit Louise etwas nicht stimmt, doch da ist es bereits zu spät. Als Leser bzw. Zuhörer hat man dieses Wissen und das ist das Grausame an dem Roman, dass man weiß, was wie das Ende aussieht.
Leïla Slimani, eine französische Autorin mit marokkanischen Wurzeln, wurde für “Dann schlaf auch du” mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Dies ist ihr zweites Buch. Die Idee für diesen Roman lieferte ihr ein realer Fall aus den USA. Constanze Becker, mit ihrer angenehmen Stimmer, erzählt auf eindrückliche Weise dieses Drama.
Mein Fazit:
Der Titel erinnert mich irgendwie an dieses Schlaflied “La le lu” aus meiner Kindheit, gesungen von Heinz Rühmann. Aber die Geschichte ist alles andere als beschaulich und nett. Es ist vielmehr ein erschütterndes Portrait über eine einsame Seele, deren Lebensumstände wohl dafür sorgten, dass sich in ihrem Kopf krankhafte Gedanken festsetzen konnten, die niemand bemerkt hat und die schließlich zu dieser Tragödie führten. Alles in allem eine gute Geschichte, der man als Hörbuch gut folgen kann.