Unwahrscheinlich hohe Anforderungen hatte ich an das Buch und es gibt nichts zu beschönigen - diese wurden wirklich alle erfüllt. Das Buch greift mit solch harter Thematik, trotz weniger Seiten, so nach deinem Hals - drückt zu und lässt wieder los. Nimmt dir die Luft und wirbelt dich in einen atmosphärisch so dicht verankerten Roman, dass du nicht mehr aufhören kannst zu lesen. Innerhalb weniger Stunden klappte ich das Buch zu und atmete erst einmal durch. Das war wirklich temporeich.
»Virtuos inszeniert Leïla Slimani die unselige Verflechtung von unstillbaren Begierden und sozialer Not. Ein Roman von umwerfender Ambivalenz.«
Meike Feßmann / Süddeutsche Zeitung (16.11.2017)
Niemals hätte ich damit gerechnet, dass mich ein Buch nach wenigen Seiten so einnimmt. Und dass, obwohl einem von Beginn an klar ist, was geschehen ist.
Die Figuren
Myriam ist Mutter der beiden Kinder Mila und Adam. Nach mehrern Jahren zuhause reicht es ihr nicht mehr 'nur' Mutter zu sein und sie möchte wieder zurück in Ihren Job. Meine Sympathien waren für sie ziemlich zwiegespalten. Einmal mochte ich sie, das andere Mal wollte ich sie nur wachrütteln und schreien "Siehst du das nicht? Schau endlich auf deine Kinder!"
Louise, wird als Nanny bei Myriam und Paul eingestellt. Und sind die beiden anfangs glücklich mit ihr, schleicht sich doch im Untergrund immer etwas Böses heran. Dadurch, dass man von Anfang an wusste, was sie getan hatte (oder nicht getan hatte?), verbot ich mir regelrecht, sie zu mögen. Das war anfangs wirklich schwer, weil man unglaublich viel Mitleid mit ihr hatte.
Paul der Mann von Myriam agiert eher im Hintergrund. Natürlich ist er präsent, aber eher sehr gedeckt, sodass man sich kein rechtes Bild von ihm schaffen konnte.
Meine Meinung
Der Roman ist in der dritten Person erzählt, was ich sonst eigentlich eher weniger mag, aber in dieser Weise sehr passend fand. Leila Slimani hat einen sehr packenden Erzählstil und ihre Schreibweise ist einfach grandios. Man beginnt zu lesen und denkt sich "Was soll das denn? Jetzt weiß ich doch, was am Ende passiert" aber nein. Man rast regelrecht durch das Buch. Mit Unglauben - mit Entsetzen - mit Widerwillen, zu erfahren was geschieht. Ist es wirklich so, wie es den Anschein hat oder steckt am Ende etwas oder jemand ganz anderes dahinter?!
Wir verfolgen das Geschehen aus der wechselnden Perspektive - aus Louises und auch auch aus Myriams Sicht - mit Einblenden unterschiedlicher Personen aus Louises Vergangenheit. So schafft man sich ein Bild der wohl doch nicht so 'perfekten' Nanny - welche persönlichen Umstände und Menschen begleiten sie? Wie ist Louise privat? Wir gleiten nicht nur in eine Geschichte, in der zwei Kinder ermordet werden - sondern beleuchten auch den Aspekt, wie berufstätige Mütter Ihren Alltag leisten müssen - wie sie funktionierend zurecht finden, ohne dabei sich selbst zu verlieren. Erstaunlich, wie Slimani das geschafft hat. Auch wenn, für mich selbst, ziemlich nüchtern betrachtet, trifft sie damit wirklich genau den Punkt. Man möchte, auch als Mutter, beruflich vorankommen. Jedenfalls ist das mein Blick auf die Dinge. Auch wir vertrauen fremden Pädagogen unsere Kinder an und hoffen, sie in beste Hände gegeben zu haben.
Die Stimmung des Buchs ist durchgehend drückend und beklemmend. Meine Nerven gingen wirklich mit mir durch und das schafft nicht jedes Buch. Meine persönliche Situation selbst Mutter zu sein trug dazu erheblich bei.
Fazit
Nicht umsonst hat Leila Slimani für dieses Meisterwerk den Prix Goncourt, den französischen Literaturpreis, gewonnen. Dieses Buch ist, so wie es ist, rundum grandios. Es gibt rein gar nichts zu bemängeln. Dieses Buch ist definitiv ein Jahreshighlight und ich bereue es, es nicht schon früher gelesen zu haben.
Das Buch wurde mir vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt. Ich danke dem Luchterhand-Verlag und der Verlagsgruppe Randomhouse für die Zusendung! Dies hat meine Meinung in keinster Weise beeinflusst!