Ein Student der berühmten Cambridge Universität, bekannter Fassadenkletterer und, wie sich im Verlauf des Buches herausstellen wird, alles andere als beliebt, stürzt von einem Turm in den Tod.
Unfall oder Mord? Diese Frage beschäftigt Dr. Augustus Huff, Dozent an der Universität, der doch eigentlich gar keine Zeit hat, sich dem Mord zu widmen und dennoch der rätselhaften Geschichte bald so verfallen ist, dass er kaum an etwas anderes denken kann und umfangreiche Forschungen anstellt.
Dafür sorgt neben einigen Verbindlichkeiten in Bezug auf die reiche und gefürchtete Familie des Toten, die sich Huff mehr oder weniger versehentlich einfängt, ganz besonders die eigentliche Hauptfigur des Romans, der titelgebende Graupapagei Gray.
Mehr oder weniger versehentlich wird Huff dessen temporärer Halter, nachdem er eigentlich nur der Putzfrau helfen wollte, die im Zimmer des Verstorbenen Gespenster witterte. Notgedrungen nimmt er das Tier an sich, mit dem sich bald eine innige Beziehung entwickelt.
Das liegt nicht zuletzt an Grays ganz besonderem Wesen: Der Papagei ist intelligent, redselig, hat seinen eigenen Kopf und weiß, wie sich im Verlauf der Geschichte mehr und mehr herausstellen wird, einiges über den Tod seines ehemaligen Halters zu berichten.
Leonie Swan schreibt mit "Gray" bereits ihren 3. Tierkrimi, der allerdings in einer ganz anderen Welt spielt als seine Vorgänger.
Das Besondere an diesem Krimi ist sein Held, der Graupapagei Gray, der so liebevoll und bis ins kleinste Detail glaubwürdig dargestellt wird, dass ich nach dem Lesen aufrichtig traurig war, dass er nicht aus dem Buch herausflattern und mir weiter Gesellschaft leisten kann. Ganz besonders gelungen sind Leonie Swan die Sprachbeiträge Grays, die immer ins Schwarze treffen und so eigenwillig und skurril sind, dass man das Tier einfach lieben muss. Als Papagei hat Gray natürlich ein begrenztes Sprachrepertoire, das vor allem aus einigen immer wiederkehrenden Sätzen besteht. Diese äußert der Papagei jedoch immer derart passend zur Situation, dass es eine wahre Freude ist. Ob nun beim Dialog mit einem angesehenen Bakterienforscher, in Zwiesprache mit seinem Halter oder flirtend am Telefon mit der Geliebten seines verstorbenen Ex-Halters: Gray findet immer die passenden Worte. Das ist teils urkomisch, teils rührend und es kann zuweilen auch sehr tiefsinnig sein.
Vor dem Hintergrund dieser genial und glaubwürdig ausgestalteten tierischen Figur kann alles andere eigentlich nur verblassen. Dennoch gelingt es Leonie Swan, dass man nicht nur Grays nächster Wortäußerung entgegenfiebert, sondern auch der Lösung des Kriminalfalls, der mit einigen unvorhersehbaren Wendungen aufwartet.
Auch die menschliche Hauptfigur, Dr. Augustus Huff, ist so eigenwillig und dennoch sympathisch, dass sie einem noch länger im Gedächtnis bleiben wird. Huff, mit (leichten?) Zwangsstörungen ausgestattet, entwickelt sich im Verlauf des Romans nicht zuletzt unter Einwirkung seines neuen Freundes Gray von einem skurrilen, eigenbrötlerischen Charakter hin zu einem etwas kontaktfreudigeren Exemplar.
Die Auflösung des Krimis ist bis zum Ende spannend, im Vordergrund steht jedoch die Weiterentwicklung der Freundschaft von Gray und Huff. Für mich war das auch gut so, denn ich wollte möglichst viel über die Beziehung der beiden lesen.