Cover-Bild Glorreiche Ketzereien
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Liebeskind
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 448
  • Ersterscheinung: 25.06.2018
  • ISBN: 9783954380916
Lisa McInerney

Glorreiche Ketzereien

Roman
Werner Löcher-Lawrence (Übersetzer)

Als Maureen Phelan nachts in ihrer Küche einen Einbrecher überrascht und ihn mit einer Devotionalie erschlägt, ahnt sie nicht, dass sie damit eine Reihe von fatalen Ereignissen in Gang setzt. Natürlich muss zunächst der Leichnam entsorgt und der Küchenboden geschrubbt werden, allerdings hat Maureen eine ausgesprochene Abneigung gegen Hausarbeiten jedweder Art, weshalb sie ihren Sohn Jimmy einbestellt. Der kontrolliert das organisierte Verbrechen der Stadt, die Geldverleiher und Buchmacher, die Drogenkuriere und Zuhälter. Natürlich will auch Jimmy sich nicht die Hände schmutzig machen, das überlässt er in der Regel anderen – beispielsweise seinem alten Kumpel Tony Cusack, Trinker, Vater von sechs Kindern, alleinerziehend, wenn man überhaupt von Erziehung sprechen kann. Der älteste Sohn Ryan hat mit seinen fünfzehn Jahren schon eine beachtliche Karriere als Dealer hingelegt. Eine seiner Klientinnen ist die junge Prostituierte Georgie. Deren Freund Robbie steigt gerne mal in Häuser ein und ist seit Kurzem spurlos verschwunden …
Lisa McInerneys Debütroman ist eine bitterböse Komödie über die Macht des Zufalls und das Leben in einem krisengeschüttelten Land, das geprägt ist von Gewalt und Bigotterie. Eine literarische Tour de Force, fulminant erzählt, voller Empathie und groteskem Humor.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei walli007 in einem Regal.
  • walli007 hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2018

Eine satte Milieustudie

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Cork. Hafenstadt im Süden Irlands. Bischofssitz. Erzkatholisch. Lisa McInerney erzählt in ihrem Erstling „Glorreiche Ketzereien“ von Menschen am Rand der Metropole. Von unten. Aus der Sozialbausiedlung. ...

Cork. Hafenstadt im Süden Irlands. Bischofssitz. Erzkatholisch. Lisa McInerney erzählt in ihrem Erstling „Glorreiche Ketzereien“ von Menschen am Rand der Metropole. Von unten. Aus der Sozialbausiedlung. Sie erzählt von Familien, von Erwartungen, von Reue und der Suche nach Erlösung. Von dem Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Von den Auswirkungen der Religion auf die irische Gesellschaft.

Zwei Personen dominieren den Roman, dessen Handlungszeitraum sich über starke fünf Jahre erstreckt: Maureen, knapp sechzig, Mutter des lokalen Gangsterbosses Jimmy „JP“ Phelan, erst seit kurzem wieder zurück in Cork. Als junge Frau von ihrer Familie nach der Geburt eines unehelichen Kindes nach London abgeschoben. Nicht ohne ihr vorher das Neugeborene wegzunehmen. Die voll Wut auf alles ist, was mit der Kirche zu tun hat. Die einem Einbrecher mit einem „Heiligen Stein“ den Schädel einschlägt und so eine unheilvolle Spirale in Gang setzt.

Und Ryan Cusack, guter Schüler, talentierter Klavierspieler, aber auch ältester Sohn von Tony, einem alleinerziehenden Vater von sechs Kindern, einem Säufer, Kleinkriminellen und Handlanger von JP, der seinen Ältesten misshandelt. Ryan, der sich nichts sehnlichster wünscht, als gesehen zu werden. Den eine große Liebe mit Karine, dem Mädchen aus der Mittelschicht, verbindet, die ihn zu verschlingen droht. Der zu einem wütenden jungen Mann heranwächst. Der aus den richtigen Gründen die falschen Entscheidungen trifft. Der eine Gefängnisstrafe verbüßen muss. Der aus den falschen Gründen die richtigen Entscheidungen trifft und so, zumindest auf Zeit, ein Leben rettet, dem aber sein eigenes Leben nichts wert ist.

Für den Fortgang der Handlung sind außerdem noch bereits erwähnter Gangsterboss, eine jungen Prostituierte sowie die unsympathische Nachbarin der Cusacks von Bedeutung. Jeder hat mit jedem zu tun und greift auf die eine oder andere Art und Weise in deren Leben ein.

Eine satte Milieustudie sind diese „Glorreichen Ketzereien“, aber auch ein Roman über das Erwachsenwerden unter schwierigsten Umständen. Plus dazugehörige Love-Story. Aber auch eine Abrechnung mit der Bigotterie der Kirche und der irischen Gesellschaft: „Die Kirche will Macht, mehr als alles andere, die Macht über alles Lebende. Die Kirche hat ein Ideal, und sie merzt alles aus, was sich dem in den Weg stellt. Die Kirche braucht blinde Hingabe…sie alle machen da mit. Ihnen ist eine Klasse zugeteilt worden, und an die klammern sie sich. Die Kirche schafft sich ihre Sünder, damit sie jemanden hat, den sie retten kann.“ Aber was geschieht mit denen, die nicht gerettet werden wollen?

McInerney nimmt kein Blatt vor den Mund. Sei es die Sprache oder auch die Themenfelder, die sie beackert. Schnappt euch das Buch und lest es, ihr werdet es nicht bereuen. Denn unter den Neuerscheinungen 2018 ist Lisa McInereys Debüt ein „Diamond in the Rough“!

Übrigens gibt es im Original bereits den Folgeband „The Blood Miracles“, in dem wir Ryan Cusack Wege weiterverfolgen können. Ich freue mich darauf.

Veröffentlicht am 08.11.2018

Helden von Cork

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Schon mit 15 hat Ryan Cusack das Gefühl, sein Leben geht den Bach runter. Sein Vater war schon immer ein Säufer und nach dem Tod der Mutter ist es für Ryan, den Ältesten, und seine fünf Geschwister auch ...

Schon mit 15 hat Ryan Cusack das Gefühl, sein Leben geht den Bach runter. Sein Vater war schon immer ein Säufer und nach dem Tod der Mutter ist es für Ryan, den Ältesten, und seine fünf Geschwister auch nicht besser geworden. Mit kleinen Dealereien versucht Ryan, zu etwas zu kommen. Obwohl eigentlich gut in der Schule, schafft Ryan den Rauswurf. Wie ein Licht in dieser Welt ist Ryans Freundin Karine. Doch eine Kette unerwartet schlimmer Ereignisse wird durch den eher zufälligen Totschlag ausgelöst, den Maureen, die Mutter des Gangsters Jimmy Phelan, begeht.

Über fünf Jahre wird der Absturz der Beteiligten, unter ihnen zuerst Ryan Cusack, gezeigt. Sie alle halten sich mit mehr oder weniger unsauberen Geschäften über Wasser, sie bezichtigen sich mehr oder weniger großer Sünden, sie haben grundsätzlich nicht Schuld und mit ihren Handlungen versuchen sie, das Schicksal zu ihren Gunsten zu wenden und erreichen doch das Gegenteil. Der wirtschaftliche Niedergang einer ganzen Stadt scheint sich in Cusacks kleiner Welt widerzuspiegeln. Sein Viertel mit Sozialwohnungen, Kleinkriminalität, Hoffnungslosigkeit und Armut. So garnicht passt das zu dem öffentlichen Bild von Cork, das eher einer heiteren, offenen und wohlhabenden Kommune entspricht. Bei aller Ausweglosigkeit, gibt es nicht immer Momente, in denen andere Entscheidungen getroffen werden können?

Trotz aller Düsternis weist dieser Debütroman von Lisa McInerney doch einige von dem für Cork anscheinen typischen Humor auf. Wenn Maureen den Einbrecher mit einer Heiligenstatue erschlägt, kann man sich ob der Absurdität kaum ein Grinsen verkneifen. Allerdings gefriert dieses schnell auf den Lippen, wenn man die weiteren Ereignisse in Betracht zieht. Irgendwie scheint es für die Protagonisten, die wahrlich nur kleine Helden sind, immer nur weiter abwärts zu gehen. Natürlich ist es schwer aus seinem Milieu herauszukommen, aber wenn man schon quasi einen Fuß draußen hat, warum zieht man den anderen nicht nach. Klar ist es schwierig, wenn man keine Unterstützung hat. Doch nimmt man zum Beispiel Ryan, dessen Geschichte in einem Folgeband weitererzählt wird, warum geht er nicht wieder zurück zur Schule, nur weil er dann ein paar Jahre älter ist? Wenn man wirklich raus will, ist das doch nicht das größte Problem.

Dieser Roman fesselt mit einer ausgesprochen düsteren Geschichte, bei der man den Protagonisten manchmal den Verstand zurechtschütteln möchte.