DDR 1989: Die 7jährige Hannah Gold wird auf grausamse Weise, vor den Augen ihres Vaters, in der russischen Botschaft gefoltert und gequält, um Informationen aus dem Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums herauszupressen, doch er schweigt. Nach dem man Hannah schwer verletzt freigelassen hat, hat sie ihren Vater nicht mehr gesehen und ihr seelischer Schutzmechanismus lässt sie keinerlei Schmerzen mehr empfinden.
Hannah hat dieses Erlebnis nie überwunden und wird Tag und Nacht immer wieder von schrecklichen Träumen heimgesucht. Hannah nagt an den Fragen: „Warum hat ihr Vater nicht geredet. Hätte er die Folterqualen beenden können“?
Heute, 25 Jahre später, ist Hannah eine gefeierte Cellistin und sie begeistert und berührt ein Millionenpublikum mit ihrer Musik. Sie lebt zurückgezogen, denn es ist ihr nicht möglich, Vertrauen zu Mitmenschen zu fassen und niemand kommt nah an sie heran.
Eines Abends gibt Hannah ein Konzert und entdeckt ihren Vater im Publikum. Sie lässt sich zögernd auf ein Treffen mit ihm ein. Das Gespräch verläuft alles andere als harmonisch und nach dem sich die beiden trennen steigt der Vater in eine Limousine, die kurz darauf explodiert.
Der Autor:
Lucas Grimm ist das Pseudonym eines erfolgreichen Drehbuchautors, der sein Leben jahrelang als Musiker, Schauspieler, Filmemacher und Entrepreneur gefristet hat. Nach einem Schicksalsschlag ist er mehrere Monate durch Amerika, Indien, Tansania und Israel gereist und hat begonnen zu schreiben. Der Thriller „Nach dem Schmerz“ ist sein erster Roman. (Quelle: Piper Verlag)
Reflektionen:
Lucas Grimm ist mit dem Thriller Nach dem Schmerz ein spannendes und temporeiches Debüt gelungen. Die ersten Seiten brillierten sprachlich und gewährten einen angenehmen Einstieg in die Geschichte, sodass man hätte annehmen können, hier handelt es sich bestimmt nicht um ein Debüt. Doch im Verlauf der Geschichte veränderte sich dieses Lesegefühl. Lucas Grimm konnte weder sprachlich noch vom Aufbau der Handlung her das erste augenscheinlich hohe Niveau halten.
Hannahs Geschichte berührt. Es stellen sich einem die Nackenhärchen hoch, wenn man liest das ein siebenjähriges Kind unter großer Qual gefoltert wird. Die Folterszenen werden stets nur angerissen, sodass dem Leser blutdurchtränkte Szenarien erspart bleiben, doch die Gewissheit, dass der Vater das Mädchen vermutlich hätte erlösen können, versetzt den Leser fast in rasende Wut. Sehr lange bleibt das Schweigen des Vaters im Dunkeln, sodass eine düstere Atmosphäre unheilvoll und geheimnisvoll durch die Seiten begleitet.
Mit Hannah Gold ist Lucas Grimm eine außergewöhnliche Figur gelungen. Die Charakterzüge der jungen Frau sind durch das grausame Schicksal glaubhaft dargestellt. Auch die Liebe der Cellistin zur Musik, kann man förmlich spüren.
Die Tatsache, dass Hannah keinerlei Schmerzen empfinden kann, habe ich als Leser akzeptiert, doch es folgen im Laufe der Geschichte actionreiche Darstellungen, die mir doch zu überspitzt, zu unrealistisch und in diesem Zusammenhang zu blutig waren. Die Zeichnung dieser Actionszenen nehmen im Verhältnis zu anderen Kapiteln enorm viel Raum ein, den ich lieber mit etwas mehr Handlung befüllt gesehen hätte.
David Berkoff, Reporter der Woche, recherchiert seit Jahren zu dem Fall Walter Gold, der 1995 für tot erklärt worden war. Dieser war im Besitz der sogenannten Rosenholz-Dateien, ein Überbleibsel Stasi-Akten, die heute nicht nur den KGB interessieren. Man vermutet, dass Hannah die Dateien besitzt oder etwas über sie weiß und so wird sie verfolgt und gejagt. Davids Beschützerinstinkt ist geweckt und so kämpfen von nun an beide gegen dunkle Machenschaften und begeben sich in höchste Lebensgefahr.
Die Figur des David Berkoff ist angeschlagen. Er kann Drogen- und Alkoholkonsum kaum wiederstehen, doch trotz dieser Lebenseinstellung, die von einem persönlichen Schicksal gezeichnet wurde, entpuppt er sich als verlässlicher und berechnender Gegenspieler der Bösen.
Die Charakterzeichnungen gehen Lucas Grimm scheinbar leicht von der Hand, denn als Leser ist man von ihnen gefesselt und liest interessiert. Auch das Zusammenspiel der Figuren und die geschickt inszenierten Querverbindungen der Protagonisten lassen die Spannung immer wieder auf ein hohes Niveau ansteigen, doch leider sackt die Spannung auch immer mal wieder ab.
Als Leser glaube ich zu erkennen, dass der Autor einige Szenen analog wie ein Drehbuch schreibt, sodass das die Harmonie der Handlung etwas unausgewogen und unruhig wirken lässt.
Trotz kleinerer Schwächen, war ich wirklich spannend unterhalten und ich genoss den flüssigen Schreibstil dieser wohlgeformten Handlung, die außergewöhnlich und erfrischend anders daherkommt. Dieses Debüt empfehle ich gern und ich würde jederzeit wieder zu einem Buch des Autors greifen.
Fazit und Bewertung:
Nach dem Schmerz ist die Geschichte einer jungen Frau, die nach grausamen Folterungen in ihrer Kindheit keinen Schmerz mehr empfinden kann. Es ist ein Thriller mit einem Touch Agentenspannung, der durch eine interessante Charakterzeichnung an die Seiten fesselt. Kleinere Schwächen dieses Debüt beeinträchtigen das Lesevergnügen nur geringfügig, sodass ich diesen Thriller gern empfehle.