Sie leben mit Ehemann, Sohn und Katze in Kalifornien. Ihr Roman „Vicious Love" erscheint am 27. April in Deutschland und ist der Auftakt der Sinners of Saint-Reihe. In den USA hat der Roman bereits die Bestsellerliste gestürmt, was möchten Sie Ihren zukünftigen deutschen Lesern außerdem über sich selbst erzählen?
Ich führe eigentlich ein ganz normales, glückliches Leben. Morgens gehe ich joggen und arbeite anschließend an neuen Buchprojekten. Ich genieße das Reisen, sowie Schokolade, Wein und Bücher. Bevor ich mich dem Schreiben vollständig zugewendet habe, habe ich als Journalistin und Redakteurin gearbeitet. Zwar habe ich immer Geschichten geschrieben, aber der Weg, den ich nun mit Sinners of Saint eingeschlagen habe, ist bei weitem der aufregendste, den ich als Autorin erleben durfte. Ich bin so froh, dass meine Bücher nun auch in Deutschland und anderen Ländern erscheinen.
„Vicious Love" ist die aufregende Liebesgeschichte von Emilia LeBlanc und Baron Spencer Jr., Spitzname „Vicious“, das englische Wort für Adjektive wie boshaft, unmoralisch und gemein. Das Buch spielt zum Teil in dem fiktiven Städtchen Todos Santos vor den Toren San Diegos. Gibt es eine reale Vorlage für diesen Ort, und wie haben Sie ihn erschaffen?
Ja, tatsächlich basiert Todos Santos auf realen Orten, die mich bei der Gestaltung inspiriert haben. Das Städtchen ist die perfekte Mischung aus San Diego und Walnut Creek, einer Stadt in meiner Nähe. Todos Santos ist, wie Walnut Creek, eine wohlhabende, kleine Stadt im Süden Kaliforniens. Die High School All Saints High und der Liberty Park ähneln manchen Orten aus meiner Teenager-Zeit. Die Promenade in Todos Santos gleicht dem berühmten Venice Beach in Los Angeles. Bevor ich Defy, das Prequel zu Sinners of Saint, geschrieben habe, habe ich die Stadt auf Papier vorgezeichnet, um sie detaillierter beschreiben zu können. Es ist mir wichtig, dass meine LeserInnen sich in die Geschichte und ihr Setting möglichst gut hineinversetzen können.
Vicious ist der Sohn eines Milliardärs, Emilia ist die Tochter der Haushälterin und des Gärtners, die für diesen Milliardär arbeiten. Welche Rolle spielt die daraus resultierende finanzielle und existentielle Abhängigkeit in der Geschichte?
Die Jungfrau in (finanziellen) Nöten ist ein häufiges Motiv in Liebesromanen, da sich daraus ein faszinierender, authentischer Konflikt zwischen zwei Charakteren ergibt. Bei meiner Protagnistin Emilia wollte ich jedoch, dass Vicious‘ Reichtum für Emilias Handeln im Grunde keine Rolle spielt. Ich habe ihr ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und ein starkes Rückgrat gegeben, so dass sie, obwohl sie das Jobangebot annimmt, an ihren Zweifeln gegenüber Vicious festhält und sich nicht davon abhalten lässt, für ihre moralische Überzeugung einzustehen. Ich glaube viele von uns, mich eingeschlossen, waren schon einmal in Situationen, in denen das Geld knapp war und uns der Überlebenswille dazu gebracht hat, irgendeinen Job anzunehmen, auch mit Personen, die wir eigentlich nicht ausstehen können. Glücklicherweise ist in Emilias Fall die Abneigung und der Hass, die sie Vicious entgegenbringt, nur die Fassade unter der tiefe Gefühle für ihn schlummern.
„Liebe und Hass“, zitiert Emilia am Anfang von „Vicious Love" ihre Großmutter, „sind das gleiche Gefühl, das unter anderen Umständen erlebt wird.“ Ohne zu viel zu verraten: Warum ist es bei Vicious und Emilia Liebe und Hass auf den ersten Blick?
Ich glaube, dass Vicious während seiner Kindheit und Jugend sehr vernachlässigt wurde. Nicht im materialistischen Sinn natürlich, aber in Bezug auf Liebe und Aufmerksamkeit. Normalerweise fangen Mütter ihre Kinder auf, halten ihr Leben zusammen. Vicious hat sich dagegen quasi selbst großgezogen. Dadurch wurde er sehr hart und stumpfte gefühlsmäßig ab, bevor er Emilia traf. Bei ihrer ersten Begegnung denkt Vicious, dass sie auf ihn steht und sein dunkelstes Geheimnis kennt. Er will sie verschrecken, um sich selbst und sein Geheimnis zu schützen, deshalb behandelt er sie schlecht und erpresst sie. Dies ist auch eine Art Überlebenswille. Sowohl Emilia als auch Vicious kämpfen ums Überleben, aber auf unterschiedliche Art und Weise. Emilia hatte eine sehr schöne Kindheit mit liebevollen Eltern und einer großartigen Schwester, aber ohne Geld, während Vicious alles Geld der Welt hatte, aber niemanden, der ihn in den Arm genommen hat, als er es am meisten gebraucht hätte.
Emilia und Vicious besuchen beide die All Saints High, wo Vicious der König der „Four Hot Holes“ ist, zu denen außer ihm seine Freunde Trent, Jaime und Dean gehören. Sind diese Cliquen überprivilegierter Großmäuler typisch für eine High School? Und basiert dieser Teil der Geschichte auf persönlichen Erfahrungen, die Sie machen mussten?
Gutaussehende Großmäuler sind definitiv häufig in den USA, und ich glaube überall gibt es diese Gruppenbildung an High Schools: die Reichen, die Beliebten, die Streber, die Punks und so weiter. Je mehr Macht du hast und je beliebter du bist, desto mehr kannst du dir leisten, ohne dafür bestraft zu werden. Es gab eine strikte Hierarchie an meiner High School, und es hat mich immer fasziniert, wie viel Einfluss manche Gruppen hatten. Ich glaube, dass viele junge Leute nicht wissen, wie sie mit der Macht umgehen sollen, die ihnen gegeben wird, so wie es bei Vicious der Fall ist.
Nomen ist in Vicious’ Fall eindeutig Omen – gleich mehrere Fragen: Was finden Frauen an Alpha-Männchen so anziehend? Ist Alpha-Männchentum Ihrer Meinung nach gleichbedeutend mit Männlichkeit? Und ist das typische Alpha-Männchen inzwischen vom Aussterben bedroht, und wenn ja, warum – wenn nein, warum nicht?
Ich glaube es gibt einen Unterschied zwischen dem, was wir in der Realität erleben und in Büchern lesen wollen.Typen wie Vicious sind unaufhaltsam. Sie sind selbstbewusst, schnell und intelligent und sehen aus, als wären sie dazu geboren, teure Anzüge zu tragen. Der Mann, der sich beim Kampf um die Frau seiner Träume durch nichts aufhalten lässt und alles zerstört, was sich ihm in den Weg stellt, hat etwas sehr Ursprüngliches. Und genauso macht es Vicious. Er würde ohne mit der Wimper zu zucken wortwörtlich die komplette Welt zerstören, um Emilia für sich zu haben, ohne sich dabei einzugestehen, dass er sie liebt. Ich glaube viele LeserInnen haben ihre Freude daran, etwas zu wissen, bevor Vicious es auch nur ahnt – nämlich dass er Emilia wirklich liebt. Hier versteht man Alpha-Männchentum als Männlichkeit. Aber Typen wie Vicious würden im echten Leben wahrscheinlich ebenfalls sehr anspruchsvolle und aufmerksamkeitsbedürftige Partnerinnen finden. Zudem gibt es nur sehr wenige Menschen, deren Persönlichkeit so groß ist. Ich glaube, dass das Alpha-Männchen in der modernen Gesellschaft abgemildert und angepasst sein muss, um erfolgreich zu sein. Wir werden dazu erzogen, Team-Player zu sein, höflich, nett, und gutes Benehmen zu zeigen. Diese Eigenschaften stehen im Gegensatz dazu, wie Vicious (und andere Alpha-Männchen) sich verhalten. Darum wirken diese unverfrorenen Helden in Liebesgeschichten so anziehend auf uns.
Sie haben „Vicious Love" aus wechselnder Ich-Perspektive geschrieben, mal erzählt Emilia, mal Vicious. Wie Sie seinen so hundertprozentig maskulinen Ton treffen, ist faszinierend. Hatten Sie Hilfe dabei?
Vielen Dank! Ich hatte keine wirkliche Hilfe, aber bevor ich aus der Perspektive eines Charakters schreibe, entwerfe ich seine Persönlichkeit in einem Essay. Dann simuliere ich Dialoge des Charakters mit verschiedenen Personen, um ihn besser kennen zu lernen. Zu jeder Figur lege ich eine Liste mit ca. 5000 Stichworten an, die das äußere Erscheinungsbild, ihren Charakter und auch die Lieblingsband der Figur beschreiben. Das hilft mir wirklich sehr dabei, die Stimme der Figur zu „hören“. Jeder Charakter hat eine andere Stimme. Mein Ziel ist es, dass meine LeserInnen mein Buch auf einer beliebigen Seite aufschlagen und sofort zuordnen können, wer spricht. Das verstehe ich unter guter Schreibarbeit.
War „Vicious Love" von Anfang an als Auftakt einer Reihe geplant, oder war der Erfolg des ersten Romans der Grund für die Folgebände?
Ich wusste immer, dass die Geschichten der vier männlichen Protagonisten jeweils in einem eigenen Buch erzählt werden sollen. Bevor ich die Sinners-of-Saint-Reihe angefangen habe, stand bereits das komplette Gerüst für Band 1 und Band 2 (Twisted Love) der Reihe. Der einzige Charakter, den ich noch nicht genau kannte, war Trent, der in Band 3, Scandal Love, als Protagonist fungiert. Als ich Twisted Love halbwegs geschrieben hatte, wusste ich jedoch genau, welche Geschichte Trent erleben sollte. Ich habe mir schon zu Beginn meiner Schreibtätigkeit fest vorgenommen, dass ich keine Serie schreiben werde, solange ich keine genauen Ideen für jedes einzelne Buch habe. Die Qualität meiner Romane ist mir sehr wichtig.
Wie zu Anfang gesagt, sind Sie verheiratet und Mutter eines noch kleinen Kindes. Wie sieht ein normaler Tag bei Ihnen aus und wie finden Sie Zeit zum Schreiben?
Benjamin ist zweieinhalb Jahre alt und geht momentan in die KiTa. Dadurch habe ich keine Probleme, Zeit zum Schreiben zu finden. An einem normalen Tag frühstücke ich nach dem Aufwachen mit der Familie, gebe Ben in die Kinderbetreuung und gehe ins Fitnessstudio oder joggen. Anschließend erledige ich ein paar wichtige Dinge und checke meine E-Mails. Normalerweise setze ich mich nach dem an den Schreibtisch. Dann hole ich Ben ab und verbringe den Rest des Tages mit der Familie. Wenn ich besonders viele Ideen habe, schleiche ich mich zur Schlafenszeit noch einmal ins Büro, aber meistens reichen mir die 3 bis 4 Stunden Schreibzeit am Tag. Besonders wenn Social Media mich nicht ablenkt ;-).
Abschließende Frage: „Vicious Love" ist für Jugendliche ab 16 Jahren, die gerade die erste Liebe und den ersten Liebeskummer erleben. Was möchten Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, bevor Sie ihnen Ihr Buch zum Lesen geben?
Ich möchte ihnen raten, ihre Unvoreingenommenheit beizubehalten und sie daran erinnern, dass Liebe zu einem großen Teil Vergebung bedeutet. Das Leben ist kompliziert und niemand ist perfekt, und genau daraus ziehen wir unsere Stärke. Außerdem möchte ich mich bei jedem bedanken, der bereit ist, meine Bücher kennenzulernen. Ich hoffe, sie gefallen den LeserInnen!