Generationenkonflikt und Abschied von der Heimat
Großvater, Vater und Sohn reisen gemeinsam von Mailand in ein kleines Dorf in Apulien, um die Wohnung zu verkaufen, die trotz des Umzugs in den italienischen Norden noch immer ihnen gehört. Diese Reise ...
Großvater, Vater und Sohn reisen gemeinsam von Mailand in ein kleines Dorf in Apulien, um die Wohnung zu verkaufen, die trotz des Umzugs in den italienischen Norden noch immer ihnen gehört. Diese Reise bedeutet für jeden der drei etwas anderes. Für den Großvater, der am emotionalsten betroffen ist, ist es nun der endgültige Abschied von seinem einstigem Leben. Für den Vater bedeutet der Verkauf der Wohnung eigentlich nur das Abwerfen von Ballast, hat er doch schon längst mit seiner Jugend, die er hier verbracht hat und seinen Geschwistern, die sich auseinander gelebt haben, abgeschlossen, er sieht diese Reise mehr als Pflichterfüllung. Nicola, der Enkel und Erzähler, verbindet Wohnung und Dorf mit lange zurückliegenden Ferienausflügen. Drei Generationen, drei verschiedene Leben, verschiedene Erfahrungen, unterschiedliche Ansichten. Sie verstehen sich nicht so gut, doch die Aufgabe der Reise bringt sie näher zusammen, wenn es sie auch nicht eint.
Einfühlsam, nachdenklich machend und mit Sätzen, bei denen man regelrecht Bilder von dieser Wohnung, dem Dorf, aber vor allem von dieser Reise und diesen drei Männer vor Augen hat, zeigt Autor Balzano mit seinem 2010 im Original erschienen Erstlingswerk, dass er Gefühle und Lebensgeschichten mit Tiefgang in Worte fassen kann. Zwischenzetlich hatte ich ein bisschen das Gefühl, dass die Erzählung an Fahrt verloren hatte, aber gerade im Nachgang, als ich im Rückblick noch einmal alles durchdachte, passte irgendwie alles stimmig zusammen. Es ist eine Geschichte, über die man noch lange nachsinnen kann, über die Protagonisten, über ihr Leben, aber auch über ihr Beziehungsgeflecht und die Gründe, wie sie so wurden. Das hat mir gezeigt, dass es Balzano wieder mal geschafft hat Figuren zu erschaffen, die so echt wirken, so authentisch.
Eine berührende Geschichte, bei der es um das Abschiednehmen geht, um Erinnerungen und Veränderungen, Heimatgefühl, um Verständnis/Unverständnis, aber besonders um die familiären Wurzeln und Bindungen und die Differenzen zwischen Generationen.
Empfehlenswerter Erstlingsroman des Autors von "Ich bleibe hier" (Diogenes Verlag, 2020) oder Wenn ich wiederkomme" (Diogenes Verlag, 2021), die mich auch schon sehr gefesselt haben und die ich auch gerne weiterempfehle.