Starke Bilder
Ein Student verbrennt sich selbst mitten in Paris. Es ist das letzte Aufbegehren gegen eine albtraumhafte Welt, in der der Spätkapitalismus dazu geführt hat, dass Armut grassiert. Doch nicht nur das, auch ...
Ein Student verbrennt sich selbst mitten in Paris. Es ist das letzte Aufbegehren gegen eine albtraumhafte Welt, in der der Spätkapitalismus dazu geführt hat, dass Armut grassiert. Doch nicht nur das, auch die Überwachung durch Polizei und Militär sind allgegenwärtig, die Sozialsysteme sind zusammengebrochen und die Politik scheut sich nicht davor, das Volk als "Idioten" zu bezeichnen.
"Die Entblößten" ist scharfsinnige, kritische und relevante Literatur, weil sie politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen weiterdenkt, die in der Gegenwart verankert sind. Gleichzeitig möchte der Roman sehr viel, spricht eine Vielzahl von Themen an und lässt Figuren auftreten, deren Schicksale etwas zu plakativ und teilweise sogar losgelöst von der sie umgebenden dystopischen Welt wiedergegeben werden.
Unter anderem deshalb entsteht nicht der Eindruck einer stringenten Erzählung, sondern eher einer Aneinanderreihung von Eindrücken und Szenen. Das ist schade, weil der Roman das Potential zu einer Dystopie hat, die sich ganz nah und unbequem hätte anfühlen können. Durch die mangelnde Identifikation mit den Figuren und auch durch die sehr essayartige Erzählweise kommt es jedoch nicht dazu. Ein größerer Fokus auf das Ausschmücken der erzählten Welt hätte dem Roman sicher gut getan.
Trotzdem kann das Buch empfohlen werden, weil es Denkanstöße gibt, weil es unsere Welt in einem gruselig-spätkapitalistischen Zustand beschreibt und sich nicht davor scheut, starke Bilder zu zeichnen.